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Stadtleben

Eine Rose aus der Dose

Das Experiment »Urban Gardening« zum Rumtragen

  Eine Rose aus der Dose | Das Experiment »Urban Gardening« zum Rumtragen

Seinen Garten immer dabei haben, das müsste man können. Vor allem in der Stadt. Zwei Leipziger setzen diese Idee nun praktisch mit Kisten und Tüten voller Pflanzen um.

Wieso heißt der Kleingarten eigentlich Schrebergarten? Weil der Leipziger Arzt Moritz Schreber ihm seinen Namen gab. Schreber beschäftigte sich im Zuge der Industrialisierung mit der Frage, ob die rasche Stadtentwicklung gesundheitliche und soziale Folgeschäden insbesondere auf Kinder hat. Im Rahmen seiner Schriften  warb er für Ertüchtigung der Stadtjugend durch Arbeit im Grünen, nach seinem Tod wurde der erste Kleingartenverein Deutschlands in Leipzig entstanden und nach ihm benannt worden.

Die heutigen Stadtjugendlichen Ottilinger und Brenner tragen ihren Schrebergarten in Sack und Tüten. Sie sind Initiatoren des Urban Gardenings und haben zwar ein Stück Land gepachtet, aber lassen ihre Pflanzen tatsächlich in mit Erde gefüllten Reissäcken und umfunktionierten Bäckerkisten wachsen. Ottilinger stellt sie in einer Reihe auf, wie in einem Beet. Zu sehen ist eine Reihe Tomaten in Reissäcken und eine andere Reihe Kapuzinerkresse in Kisten. »Es ist ein Experiment mit mobilen und flexiblen Pflanzen«, sagt Ottilinger, der Initiator des Projektes. »Wir haben den Vorteil, ein paar Pflanzen unabhängig vom Boden mitnehmen zu können. Somit sind wir nicht auf ein Grundstück festgelegt und können sie für eine künstlerische Aktion flexibel transportieren«.

Damit wollen sie eine zeitgemäße Auseinandersetzung mit der Umwelt in der Stadt anstoßen. Eine Zeit, in der die Lebensweise schneller ist und man sich innerhalb von kürzester Zeit anpassen muss und unabhängig sein will. »Dennoch sind wir weder aus der Öko-Ecke noch aus der Kunstszene«, sagt Ottilinger. »Wir sind vielfältig.« Mit der Schaufenster-Aktion in Lindenau fing es an. In der Galerie Praline zeigten er und Brenner einen angeleuchteten mit Erde gefüllten Kasten, in dem Samen gesät wurden. Die beiden Initiatoren sahen sich bestätigt, als Passanten den Wachstumsprozess beobachteten,wollten  es dabei aber nicht belassen.

Ihr mobiler Garten ist nicht nur Kunstprojekt oder Experiment urbaner Landwirtschaft, sondern auch ein Ort der Begegnung. »Der Garten ist kreative Gemeinschaftsfläche und ein gutes Medium, um verschiedene Gruppen von Menschen zusammenzubringen«, meint der Kultur- und Medienpädagoge. Jeden zweiten Freitag im Monat laden Ottilinger und Brenner in den „offenen Garten“ ein, jeder kann mitgärtnern und sich einbringen. Sie ziehen Pflanzen hoch und wollen ihr Vorhaben ausbauen, so dass sie die in der Nähe liegenden Ökoläden mit Bioware beliefern können.

Für die Zukunft wünschen sie sich eine Zusammenarbeit mit Benachteiligten, zum Beispiel Menschen mit Behinderung. Die Anträge sind schon geschrieben, unklar ist noch, was genehmigt wird. Das Studium der Sozialen Arbeit und der Kultur- und Medienpädagogik kommt den beiden dabei zu Gute. Der 25- Jährige und sein Geschäftspartner Brenner wollen nicht nur gärtnern und pädagogisch arbeiten, sondern auch eine Bühne bauen, die bespielt werden soll mit Filmen, Theater und Musik.


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