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Kultur

»Als Schauspieler darf man so ziemlich alles«

Robert Stadlober über Kunst, Politik und die Extremismusklausel für Schauspieler

  »Als Schauspieler darf man so ziemlich alles« | Robert Stadlober über Kunst, Politik und die Extremismusklausel für Schauspieler

Der Schauspieler Robert Stadlober ist bekannt dafür, mit seinen linken Ansichten nicht hinterm Berg zu halten. Im Oktober ist er mit dem kulturkritischen Stück »Der Firmenhymnenhandel« im Conne Island zu sehen. Anlass für ein Gespräch über Theater und Politik

kreuzer: Sie sind kein Theatergänger, sagten Sie einmal. Was machen Sie dann auf der Bühne?

ROBERT STADLOBER: Ich habe immer schon Theater gespielt, parallel zum Film damit angefangen. Und ich gehe noch ins Theater, auch wenn ich schon oft enttäuscht wurde, suche mir die Sachen aber genau aus. Das Theaterspielen macht mir in seiner Offenheit wahnsinnig viel Spaß.

kreuzer: Es ist freier als das Spiel vor der Kamera?

STADLOBER: Beim Film ist man an viele Konventionen gebunden, da gibt’s Produzenten und so weiter. Der Schauspieler ist nur ein Rädchen im Getriebe. Wenn man auf der Bühne steht, hat man schon die Deutungshoheit. Das ist selbstbestimmter, wobei ich gern auch mal der ausführende Arbeiter bin.

kreuzer: Wie lief die Zusammenarbeit mit Regisseur Thomas Ebermann bei »Der Firmenhymnenhandel« – es ist ja nicht Ihre erste?

STADLOBER: Er kommt aus einem politischen Hintergrund, der nicht autoritär ist. Er ist nicht der Chef, der einem sagt, was man zu tun hat. Bei unseren Lesungen im Hamburger Politbüro agiert er eher wie ein Spielleiter. Das ist Thomas’ erstes Theaterstück – der Text ist von ihm –, und da wir anderen alle schon Theater gespielt hatten, war es ein gegenseitiges Lernen in gemeinsamer Stückarbeit.

kreuzer: Ist die politische Theaterarbeit ein Hobby?

STADLOBER: Auf keinen Fall, das ist Teil meiner Arbeit, auch eine notwendige Erdung vom Medienzirkus.

kreuzer: Wie politisch kann man sich als Schauspieler äußern – ohne Karrierekonsequenzen zu fürchten?

STADLOBER: Das kommt darauf an, was man erwartet. Wenn ich vorhätte, im Vorabendprogramm zu spielen, könnte ich mir das nicht erlauben. Ich finde aber, dass man als Schauspieler so ziemlich alles darf. Einerseits wird man sowieso nicht ernst genommen, wenn man politisch ist. Was auch richtig ist, weil sich die meisten Schauspieler politisch seltsam äußern. Und dann hat man auch die Narrenfreiheit unbequemer Standpunkte.

kreuzer: In der Show »6 vor 9« zeigte sich Moderator Giovanni di Lorenzo verwundert über Ihr Politik-Interesse …

STADLOBER: Ach, das war gespielt. Wir sind schon vor zehn Jahren aneinandergeraten, als die Bambule in Hamburg [ein Bauwagenplatz, Anm. d. Redaktion] geräumt wurde. Das war kalkuliert, als ich nach der Antifa und brennenden Autos gefragt wurde.

kreuzer: Sie wollten die Antifa nicht mit Gewalt gegen Menschen gleichsetzen?

STADLOBER: Ich sagte, solange in Hoyerswerda keine Asylbewerberheime brennen, finde ich brennende Mercedes-Limousinen nicht so wahnsinnig schlimm. Das war verkürzt, aber die Grundlage für eine ernste Debatte gab es sowieso nicht.

kreuzer: Wann kommt die Extremismusklausel für Schauspieler?

STADLOBER: Weiß ich nicht. Aber Berlins damaliger Innensenator Körting hat gesagt, dass dumme Schauspieler wie ich aufpassen sollten, bevor sie die Fresse aufreißen.

kreuzer: Im »Firmenhymnenhandel« wird die Eventisierung von allem kritisiert. Wie fühlt sich das als Schauspieler an, der ja Teil der Kulturindustrie ist?

STADLOBER: Da sind definitiv viele Dinge drin, die ich von mir selber kenne: Wie weit kann man als Kulturschaffender den Kompromiss eingehen mit den die Arbeitswelt verschiebenden Ideologien oder muss es gar, um hörbar zu sein? Da überlegt man bei jedem Projekt. Ich würde nie Werbung machen, verstehe aber Kollegen, die ihre Kinder durchbringen müssen.

kreuzer: Schauspielerei und Selbstverwirklichung – geht das zusammen?

STADLOBER: Bei mir schon. Ich hatte Glück und Freiheiten, die viele andere nicht haben.

kreuzer: Der Punk geht ins Theater. Schorsch Kamerun etwa inszenierte letztes Jahr in der Skala. Ist das Stadttheater ein letzter Ort, wo Kunst noch politisch sein darf?

STADLOBER: Ja, das sehe ich so. Selbst wenn das subversive Unterlaufen von Staatsförderung auch etwas Naives hat. Trotzdem freue ich mich, wenn so jemand wie er Kulturförderung absahnt und politischen Inhalt auf die Bühne stellt. Und ja, es ist etwas abgehobener Quatsch, von der Bourgeoisie etwas zu bekommen, um sie angreifen zu dürfen. Man wird einerseits so als linkes Maskottchen am Theater gehalten. Auf der anderen Seite werden junge Menschen durch so etwas politisiert. Vielleicht kommen ja auch Leute ins Conne Island, weil ich da was mache, die den Ort aber nicht kennen. Vielleicht kann man so Menschen zusammenführen. Wenn verschiedene Lebensrealitäten aufeinandertreffen, kann daraus ja etwas entstehen.


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