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Politik

»Schauspiel ist selbst verantwortlich, das Defizit auszugleichen«

Defizit bestätigt, Klage abgewiesen, Regressforderung unwahrscheinlich

  »Schauspiel ist selbst verantwortlich, das Defizit auszugleichen« | Defizit bestätigt, Klage abgewiesen, Regressforderung unwahrscheinlich

Weil externe Prüfer das Schauspiel-Defizit bestätigen, hat die Staatsanwaltschaft das von Ex-Intendant Sebastian Hartmann angestrengte Verfahren gegen seinen Nachfolger Enrico Lübbe sowie den Oberbürgermeister Burkhard Jung abgewiesen. Derweil erweist sich ein OBM-Brief als Achillesferse in der Causa Bilanzlücke.

»Wirtschaftsprüfer beziffern Schauspiel-Minus auf 476.000 Euro«: Richtig nach Bombe klang die Meldung der Stadt Mitte Mai nicht. Viel entschiedener noch fiel der Ton vor einigen Monaten aus. Im November 2013 unterrichtete Schauspiel-Intendant Enrico Lübbe den Betriebsausschuss Kultur (BAK) von einem klaffenden Etatloch, das ihm sein Vorgänger Sebastian Hartmann hinterlassen habe. Das sickerte an die Öffentlichkeit, dann bestätigten erst Schauspiel und OBM Burkhard Jung das Gerücht. Beide gaben explizit Hartmann die Schuld. Der verneinte und zeigte Jung und Lübbe wegen Verleumdung an. (kreuzer 01/2014)

Wie die Staatsanwaltschaft nun bekannt gab, hat sie den Strafantrag abgelehnt, nachdem sie den erwähnten Bericht externer Wirtschaftsprüfer zu Rate gezogen habe. Diese haben für den 31. Juli 2013, Stichtag des Intendantenwechsels, ein Haushaltsergebnis von »476.000 Euro unter Planwert« festgestellt. Es setzt sich aus einem Verlust von 167.000 Euro – verursacht durch Mehraufwendungen für Instandhaltung und »übrige Aufwendungen« wie externe Anmietung, Sicherheit, Reinigung – und nicht eingehaltener Planung von 309.000 Euro zusammen. Das sei, so die Stadt, »nicht der Intendanz von Enrico Lübbe zuzuordnen«. Der Name Sebastian Hartmann findet sich in der Mitteilung nicht. Auf kreuzer-Nachfrage lässt Stadtsprecher Matthias Hasberg lapidar wissen, man prüfe Regressforderungen. Ob zusätzliche städtische Mittel zu Defizitdeckelung herangezogen werden, lässt er offen: »Das Schauspiel ist grundsätzlich selbst verantwortlich, das Defizit auszugleichen. Wo dies nicht möglich ist, springt der Haushalt der Stadt ein.« Als Konsequenz habe man das Controlling im Theater verbessert.

BAK-Mitglied Skadi Jaenicke (Die Linke) sieht keinen Anlass, am Ergebnis der Tiefenprüfung zu zweifeln. Diese sei »richtig und notwendig, um objektive Ergebnisse zu erhalten«, eine Chance für Regress hingegen gering: »Der Oberbürgermeister hat mitgeteilt, dass lediglich arbeitsrechtliche Eingriffe möglich wären, die aber nicht mehr greifen, da sowohl der Verwaltungsdirektor als auch der Intendant nicht mehr im Amt sind.«

Auch BAK-Mitglied Reik Hesselbarth (FDP) ist zufrieden, dass nun ein Ergebnis vorliegt und nicht Lübbe die Verantwortung trägt. Allerdings ist er skeptischer, was die volle Verantwortung der alten Intendanz betrifft. Denn es existiert ein brisantes Schreiben des OBM (kreuzer 01/2014), welches Hartmann davon befreit, in seiner Amtszeit einen anteiligen Gewinn für den Jahresplan zu erwirtschaften. »Der Oberbürgermeister sagte, das habe er so nicht gemeint, aber die Botschaft steht nun einmal schwarz auf weiß.« Hartmann hätte wissen müssen, so Hesselbarth, dass Lübbe mit solch geringem Haushalt nicht adäquat arbeiten kann, aber der Brief ist eindeutig. »Er hat es wohl schweigend in Kauf genommen. Die Kommunikation war damals schwierig. Jung redete nicht mehr mit Hartmann, Lübbe hat auch nicht mit dem Alt-Intendanten gesprochen.«

Die Stadt scheint zu hoffen, dass die Angelegenheit versandet, und das Possenspiel erweist sich einmal mehr als einziger Garant, die Leipziger Kultur überregional dauerhaft ins Gerede zu bringen.


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