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Filmkritik

Schnee im Hochsommer

Die Kinostarts im Überblick und was sonst Filmisches in der Stadt geschieht

  Schnee im Hochsommer | Die Kinostarts im Überblick und was sonst Filmisches in der Stadt geschieht

Manchmal leuchtet die Strategie der Verleiher bei der Vermarktung eines großartigen Films einfach nicht ein. Da wurde zuletzt das hervorragende französische Drama »Suzanne« mit dem deutschen Titel »Die unerschütterliche Liebe der Suzanne« pilcherisiert und floppte folgerichtig an den Kinokassen. Nun, ganz so schlimm ist es vielleicht nicht, dass der Gewinner der frostigen Berlinale im Februar dieses Jahres, der zum Großteil im verschneiten Norden Chinas spielt, ausgerechnet im Hochsommer startet. Vielleicht lockt er all jene ins Kino, die auf der Suche sind nach einem kühlen Plätzchen. Entgehen lassen sollte man sich den hochspannenden Thriller aber auf keinen Fall. Oder gar »Monsieur Claude« vorziehen, wie es Millionen Franzosen getan haben, was einem vom Verleih nun immer wieder unter die Nase gerieben wird. Lasst euch nichts erzählen und vertraut lieber unserer Autorin Claudia Cornelius, der so gar nicht zum Lachen zumute war. Oder schaut euch Shakespeare in neuen Gewändern an, inszeniert von niemand geringerem als »Avengers«-Chef Joss Whedon. Ihr habt die Wahl – wir wünschen euch viel Spaß im Kino!

Film der Woche: Der Schnee ist schwarz vom Ruß der Kohleflöze, hier im Norden der Volksrepublik und er färbt sich rot, als Leichenteile auf den Förderbändern entdeckt werden. Die Ermittlungen der Polizei führen zu nichts. Verhöre der Angestellten enden in einer Sackgasse. Bei der Festnahme der mutmaßlichen Mörder sterben zwei Polizisten. Der Cop Zhang Zili (Fan Liao) zerbricht an dem Fall. Jahre später fristet er sein Dasein als Wachmann in den Fabriken, die Tatort des Verbrechens wurden. Bis erneut Morde geschehen, die Ähnlichkeiten zum damaligen Fall aufweisen. Zhang ermittelt auf eigene Faust und entdeckt, dass alle Opfer in Beziehung zu der jungen Wu Zhizhen (Lun-mei Gwei) standen, die in einer Reinigung arbeitet. Zhang gibt sich als Kunde aus und beginnt sie zu beschatten. Dabei verwickelt er sich immer tiefer in den Fall, bis er selbst keinen Weg mehr heraus findet. Regisseur Yi'nan Diao inszenierte seine Mordsgeschichte, die in diesem Jahr mit dem Goldenen Bären der Berlinale ausgezeichnet wurde, als tiefschwarzen Film Noir. Darunter liegt allerdings eine sehr genaue Studie sozialer Verhältnisse in dieser armen Region Chinas. Unterschwellige Kritik an den untätigen Behörden paaren sich mit einem kunstvollen Genrestück, das darüber hinaus noch unerhört spannend ist. Ausführliche Kritik im aktuellen kreuzer.

»Feuerwerk am helllichten Tage«: ab 24.7., Passage

Bemühte Komödie um ein katholisches Ehepaar, das die Welt in Blau-Weiß-Rot sieht, De Gaulle nachtrauert und zu Charles Trenets La douce France angelt. Für die vier Töchter (Typ: Spielerfrau, Model, Künstlerin und Karrierefrau) erhofft man nichts sehnlicher als eine standesgemäße Hochzeit in der Dorfkirche – mit einem Katholiken selbstverständlich. Aber wo die Liebe hinfällt ... Nicht nur bei der Partnerwahl bedient der Film jedes plumpe kulturelle Klischee. Bei dem Weltbild verwundert es nicht, dass Nikolas Sarkozys bester Freund, der Asterix-Darsteller Christian Clavier, dem Film als Patriarch vorsteht und auch nicht, dass er in einer Ästhetik gedreht ist, die an »c’est bon, Géramont«-heile-Welt-Käsewerbung erinnert. Zudem ist »Monsieur Claude und seine Töchter« eine Aneinanderreihung von Zoten, schlechten Witzen und erwartbaren Standardsituationen. Ausführliche Kritik im aktuellen kreuzer.

»Monsieur Claude und seine Töchter«: ab 24.7., Passage

Der altbekannte Stoff im neuen Kleid: Pünktlich zu Shakespeares 450stem Geburtstag und dem 150sten Geburtstag der Deutschen Shakespeare Gesellschaft kommt die klassische Komödie »Viel Lärm um nichts« in einer modernen Version ins Kino. Regisseur Joss Whedon verlegt die turbulente Screwball-Komödie gekonnt in die Gegenwart und interpretiert Shakespeares wundervoll amüsante Geschichte über Liebe, Intrigen und Verrat auf eine bezaubernd erfrischende Weise. Der Reiz seiner Version liegt in dem Kontrast zwischen einem coolen Look in kontrastreichen Schwarz-Weiß-Bildern und der Beibehaltung des Originaltextes. Besetzt hat er Nur echt in der englischen Originalfassung und dort dankenswerterweise mit deutschen Untertiteln.

»Viel Lärm um nichts«: ab 24.7., Kinobar Prager Frühling (auch OmU)

Der junge Cop Rama und seine Familie geraten ins Visier des organisierten Verbrechens. Um seine Frau und seinen kleinen Sohn zu schützen, muss sich Rama auf eine erbarmungslose Undercover-Mission in Jakartas Unterwelt einlassen. Bis in die höchsten Machtebenen ist die Stadt durchzogen von einem Netz aus Bestechlichkeit und Verbrechen. Mit neuer Identität als knallharter Kämpfer Yuda arbeitet er sich im Gefängnis innerhalb der Hierarchie der Gesetzlosen nach oben. Schließlich gelingt es ihm, die Gunst von Uco zu gewinnen: Der skrupellose Sohn eines mächtigen Gangster-Bosses ist sein Schlüssel in die engsten Kreise der indonesischen Mafia. Vollkommen auf sich allein gestellt, sagt er dem gesamten verrotteten System den Kampf an. Für Rama beginnt eine Odyssee der Gewalt durch einen Sumpf aus Korruption und Kriminalität. Seine Gegner kennen keine Gnade und am Ende kann es nur eines geben: Leben oder Tod. More Mayhem aus Indonesien für hartgesottene Freunde des Genrekinos. Die Martial-Arts-Action besticht vor allem durch ihre Choreographie.

»The Raid 2«: ab 24.7., CineStar

Wir verlosen 3x2 Freikarten für die pointierte deutsche Generationskomödie »Wir sind die Neuen« (Stichwort: Neu!), sowie 2x2 Karten für Miyazakis letztes großes Meisterwerk »Wie der Wind sich hebt« (Stichwort: Miyazaki), die bereits in der letzten Woche in den Leipziger Kinos angelaufen sind. Email mit dem jeweiligen Stichwort im Betreff an film@kreuzer-leipzig.de

 

Die Filmtermine der Woche

Mulholland Drive

In seinem abgründigen Werk von 2001 spinnt Regieexzentriker David Lynch sein Albtraumnetz in der Traumfabrik. Atmosphärisch dicht und abgründig. Die Kinobar zeigt ihn noch einmal in OmU an zwei Terminen.

27., 30.7. 21 Uhr, Kinobar Prager Frühling

Stand By Me – Das Geheimnis eines Sommers

Ende der 50er Jahre machen sich vier Jungen auf den Weg, um eine im Wald liegende Leiche zu finden. Regisseur Rob Reiner (»This is Spinal Tap«) inszenierte 1986 das stimmungsvolle Jugendabenteuer nach einer Novelle von Stephen King (»The Body«) mit den Jungstars Kiefer Sutherland, River Phoenix, Wil Wheaton. Die Cinémathèque zeigt ihn noch einmal auf großer Leinwand, Open Air und in OmU.

29.7., 21.30 Uhr, 2cl – Sommerkino auf Conne Island

Queerblick: Sturmland

Ungarisches Drama um Freundschaft und Liebe zwischen den jungen Fußballern Szabolcs und Bernard und dem Steinmetz Áron.

30.7. 19.30 Uhr, Passage Kinos


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