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Kultur

Genre: »Gegen Nazis«

Totenmond stochern gewaltig im Nebel

  Genre: »Gegen Nazis« | Totenmond stochern gewaltig im Nebel

Plötzlich ist da nur noch Nebel. Das ganze UT Connewitz liegt schwadenverhangen danieder, sturmreif vernebelt. Dann bricht die Walze los. Im wabernden Dunst kaum erkennbar türmen Totenmond gigantische Gitarrenbollwerke auf, schicken Drum-Geballer hinterher und rollen dick dröhnende Akustikteppiche aus zum letzten Tänzchen, Pogo und Headbanging. Der berauschte Saal lässt kollektiv die Abrissbirne kreisen, brachialer und friedvoller kann ein Schlachtfest kaum sein.

Das war im Dezember 2013. Nun holen die Metalheads das Trio aus dem schwäbischen Backnang zurück ins UT. Unter dem Namen Wermut fanden die Musiker 1984 als Punkband zusammen, benannten sich später um und ziehen seitdem ihr Ding durch. Vom No-Labeling, von einer Band, die in keine Schublade passt, vom konventionslosen eigenen Stil wurde schon zu oft gelabert, um dem noch etwas beizusteuern. Totenmond beschreiben ihr Genre einfach als »Gegen Nazis!« und »Antifaschistische satanische Kunst« – womit ihre Haltung, aber nicht die Musik getroffen ist. Natürlich kann man alles vergleichen, muss man sogar, um verständlich zu machen; gerade wenn es sich um eine ziemlich eigenständige Handschrift und Würgegriff wie Totenmond handelt. Das Trio lässt schnellen Death Metal auf Crust Core prallen, mischt doomige und andere Elemente des Extreme Metal hinein zum wechselvollen Treppauf-Treppab im Stahlwerk. Druck prägt die Grundstimmung in Totenmonds Musik und doch ist da immer Luft für noch mehr Druck. Ungeübte Hörer würden das wohl Krach nennen. Ein sympathischer Nihilismus bestimmt die ausgefeilten deutschsprachigen Texte, deren Brachial-Lyrik bewusst ambivalent ist, klare Ansagen gibt es hier nur gegen Nazis. Totenmond fordern heraus, was ihnen eine Zeit lang gar den Vorwurf einbrachte, am rechten Rand zu rocken. Doch der ist lange aus der Welt und spätestens mit dem Album »Auf dem Mond ein Feuer« 2001, einer Tribut-Scheibe mit Covern deutschsprachiger Politpunkbands, endgültig ausgeräumt.

Letztes Jahr auf dem Protzen-Open-Air deutete der singende Gitarrist Pazzer beim Lagerfeuergespräch an, endlich wieder an einem Album zu arbeiten. Seit »Thronräuber« sind sieben Jahre ins Land gegangen. Wie es damit steht, kann man ja beim After-Show-Bier fragen. Wenn man den Weg aus der Nebelwand heraus findet.


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