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Uwe Kolbe, Jürgen Krätzer & Stephan Turowski

Uwe Kolbe, Jürgen Krätzer & Stephan Turowski

»Gurgel-, Krächz- und Kotzlaute«

Uwe Kolbe, Jürgen Krätzer & Stephan Turowski. 241 S.

Jeder kennt das: Da singt man ein halbes Erdendasein lang einen Lieblingssong vor sich hin und irgendwann erfährt man, dass der Text in Wahrheit ganz anders geht. Kleiner Test: »Golden Brown« von den Stranglers: »Golden Brown, texture like sun / Lays me down ...« Und weiter? »With my mind she runs«, singt Hugh Cornell! Aber selbst Muttersprachler hören an der Stelle sonst was.Jedenfalls spielen solche Verhörer bei der Musik-Sozialisation auch unserer Schriftsteller eine nicht unbedeutende Rolle. »Golden Brown« kommt leider nicht vor, aber sonst steckt der famose Horen-Band »Klangspuren« randvoll mit tiefsinnigen, oft auch ziemlich witzigen Anekdoten und Betrachtungen über die Begegnung mit Musik. Nicht weniger als 53 Autoren haben darüber geschrieben, welche Spuren bestimmte Songs in ihrem Leben hinterlassen haben. Erstaunliches kommt dabei zutage. Hätten Sie gedacht, dass sich der Lyriker, Erzähler und Professor am hiesigen Literaturinstitut Hans-Ulrich Treichel einst vom nervtötenden »Surfin? Bird« der protopunkigen Trashmen (»Gurgel-, Krächz- und Kotzlaute«) hat verzaubern lassen? Und der andere? Josef Haslinger erzählt, wie seine Initiation in die Welt des Rock ausgerechnet durch einen Zisterziensermönch erfolgte, der ihn mit Deep Purples »Child in Time« bekannt machte. Auch nicht schlecht. Natürlich wollen uns diese Autoren in erster Linie etwas über sich selbst erzählen. Aber das Hauptverdienst des prachtvollen Bandes besteht wohl doch eher darin, diese meist anbetungswürdige Musik neu- oder wiederzuentdecken. Allerdings kann sich Thomas Brussig auf den Kopf stellen, ich werde niemals Lutz Kerschowskis »Weiß nicht viel« toller finden als Sam Cookes Originalversion »What a Wonderful World«. Aber kennen Sie »Gentle Giant«? Kolossal! Olaf Schmidt


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