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Kultur

Qualität statt Quantität

Die (Pop Up stößt an ihre Grenzen – bleibt trotzdem alles beim Alten?

  Qualität statt Quantität | Die (Pop Up stößt an ihre Grenzen – bleibt trotzdem alles beim Alten?

Klein ist es, das Büro der unabhängigsten Messemacher Leipzigs. Connewitz liegt vor den Fenstern, drin kocht eine Maschine Kaffee. Ein Rechner wartet auf neue Posteingänge, Plakate an den Wänden erinnern an die vergangenen Highlights im Werk II. Das Telefon bleibt still, nur Handys klingeln ab und an. Die sechste (Pop Up steht ins Haus, alle Erwartungen sind hoch gespannt und schon wieder sämtliche Messestände ausgebucht – und das zum dritten Mal in Folge.

Klein ist es, das Büro der unabhängigsten Messemacher Leipzigs. Connewitz liegt vor den Fenstern, drin kocht eine Maschine Kaffee. Ein Rechner wartet auf neue Posteingänge, Plakate an den Wänden erinnern an die vergangenen Highlights im Werk II. Das Telefon bleibt still, nur Handys klingeln ab und an. Die sechste (Pop Up steht ins Haus, alle Erwartungen sind hoch gespannt und schon wieder sämtliche Messestände ausgebucht – und das zum dritten Mal in Folge. Die Vorbereitungen der letzten Wochen stehen der Schatzmeisterin Jana Wetzlich ins Gesicht geschrieben. Sie freut sich über ihren schwarzen Kaffee und eine kurze Gesprächspause. Selbst die sauer gewordene Milch auf dem Tisch stört sie nur wenig, hat sie zurzeit doch wichtigere Dinge als den Kaffeezusatz auf ihrer To-do-Liste. Schließlich soll dieses Jahr alles besser, frischer, größer werden – nur, wie kann das funktionieren, wenn am Werk II als zentraler und erneut überbuchter Messe-Location festgehalten wird?

Die zweitgrößte Musikmesse Deutschlands hat sich mit ihrer Standortentscheidung gegen räumliches Wachstum entschieden. Die Gründe liegen für Wetzlich auf der Hand: »Wenn wir auf einmal auf die Alte Messe ziehen würden, dann würde vielen Leuten und auch uns die Basis entzogen. Das Flair in Connewitz mit all den Clubs, das ist charmanter als spröde Messehallenatmosphäre.« Und die will die (Pop Up gar nicht erst haben. Denn die Dreifaltigkeit – Messe, Forum, Musik – wird auch 2007 als solche verstanden. So geht es in erster Linie darum, einen Erlebnis-, Austausch- und Handelsplatz zu schaffen, in dem es weder um Selbstinszenierung noch um Turbokapitalismus gehen soll; sondern allein darum, Musik als Lebensgefühl und Kommunikationsmedium zu verstehen und zu vermitteln. Daher setzt die Leipzigerin für die Zukunft eine Messemaxime ganz groß an: »Wenn man quantitativ nicht mehr wachsen kann und will, dann muss man eben qualitativ besser werden.«

Bemerkt wurde diese Notwendigkeit auch auf Seiten der Aussteller. So bezeichnet Tamás Novák vom Chemnitzer Indielabel Ventilator Tonträger die Vorjahresmesse im Rückblick als »freundlich, aber fruchtlos«. Nebst einem ungünstig gelegenen Ausstellerstand moniert der Vertriebsmann eine »unbefriedigende Kommunikation«. Probleme gab es für das Label bei der Gestaltung der Teilnahme am offiziellen Rahmenprogramm und der Aufnahme ihrer Veranstaltung in den messebegleitenden Reader. Trotz negativer Erfahrung bleibt ein positiver Beigeschmack: »Das finanzielle Risiko hielt sich in Grenzen, da ist die Messe ja human.« Ausstellen werden die regionalen Musikmacher dieses Jahr jedenfalls nicht. Auch bei den getreuen Bewerbern der ersten Stunde erscheint die Positionierung des Messestandes als Problem. So wünscht sich etwa der Labelvorstand von Doxa Records aus Dresden für 2007 einen besseren Messestand und mehr Präsentationsplattformen für das Clubfestival. Dennoch sind die Landeshauptstädter überzeugt und bereits zum sechsten Mal in Folge dabei, denn »die (Pop Up ist ein frisches Aufeinandertreffen ohne die in den neunziger Jahren zur Spitze getriebene Selbstinszenierung der beteiligten Musikverwerter«. Eine Meinung, die viele Aussteller seit der Messepremiere 2002 teilen. Die (Pop Up ist dadurch inzwischen zu einem wichtigen Anlaufpunkt der internationalen Musikszene geworden.

Eingelöst wird der Wunsch nach qualitativem Wachstum in diesem Jahr zudem über kritische Forenthemen. Dabei gibt es zum zweiten Mal in Folge ein kommunales Forum, das in seiner Neuauflage Leipzigs Kreativwirtschaft als Standortchance diskutiert. Kritisch zu bleiben, das will sich die (Pop Up auch in Zukunft unbedingt bewahren. Deshalb überwiegt bei den Messebetreibern die Do-it-yourself-Attitüde. Denn wenn auf dem Messekonto städtische Fördergelder eingehen, ist es schwieriger, etwa kommunale Angelegenheiten kritisieren zu können. »Es geht nicht um die Chance, gefördert zu werden«, so Jana Wetzlich. »Wir wollen unabhängig bleiben, wir wollen nicht in das Hin- und Hergeschiebe von kommunalen Fördermitteln einbezogen werden. Wir haben in den letzten Jahren bewiesen, dass es auch ohne funktioniert.« Ganz ohne Gelder funktioniert es dann doch nicht, die Kostendeckung wird entweder selbst erwirtschaftet oder aus der freien Wirtschaft bezogen. Kurz nach ihrem Relaunch ist zudem die Spex als Präsentationspartner abgesprungen. Ihr Platz wird nun von der Intro eingenommen. Deshalb gibt es zur (Pop Up eine erste Leipziger »Intro intim«. Diese Veranstaltungsreihe hat sich vor allem in Berlin durch Feingefühl in Sachen brandheißer Nachwuchskünstler in der Musikszene einen Namen gemacht. Leipzig beglückt »Intro intim« am 11. Mai mit Ragazzi, Kissogramm und The KBC im UT Connewitz. Darüber hinaus präsentieren sich im Rahmen des (Pop Up Clubfestivals über 50 verschiedene DJs und Künstler. Einen internationalen Schwerpunkt bildet 2007 die polnische Musikszene. Um dieses umfangreiche Programm in einem angemessenen Rahmen unterzubringen, soll auch in Zukunft Connewitz als zentraler Anlaufpunkt herhalten. Denn wo sonst bietet Leipzig so gute Möglichkeiten, Pop innerhalb von nur vier Tagen in all seiner Vielfältigkeit abzubilden? Ein Gedanke, der im Rathaus vor lauter Bach und Spaßkultur nur allzu oft vergessen wird.


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