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Kultur

»Wir haben einen langen Atem«

Heute erscheint »Mädchenmusik«, das erste Album des Leipziger Elektropop-Trios Brockdorff Klang Labor

  »Wir haben einen langen Atem« | Heute erscheint »Mädchenmusik«, das erste Album des Leipziger Elektropop-Trios Brockdorff Klang Labor

Die Stimmung beim Brockdorff Klang Labor ist angespannt. Denn heute beim renommierten Hamburger Label ZickZack »Mädchenmusik«, das erste richtige Album der Leipziger. Die Veröffentlichungsliste des Labels ist beeindruckend: Einstürzende Neubauten, Blumfeld und Jens Friebe. Dazu wurde das Brockdorff-Album von Tobias Levin produziert, der schon mit Tocotronic und Kante arbeitete. Die Vorraussetzungen stimmen also, aber was passiert jetzt? Ein Interview mit der Band über Erwartungen, Ängste und das Album selbst.

Die Stimmung beim Brockdorff Klang Labor ist angespannt. Denn heute beim renommierten Hamburger Label ZickZack »Mädchenmusik«, das erste richtige Album der Leipziger. Die Veröffentlichungsliste des Labels ist beeindruckend: Einstürzende Neubauten, Blumfeld und Jens Friebe. Dazu wurde das Brockdorff-Album von Tobias Levin produziert, der schon mit Tocotronic und Kante arbeitete. Die Vorraussetzungen stimmen also, aber was passiert jetzt? Ein Interview mit der Band über Erwartungen, Ängste und das Album selbst.

KREUZER: Aufgeregt?

NADJA VON BROCKDORFF: Nein.

SERGEJ KLANG: Ja.

KREUZER: Nach zwei Jahren Arbeit kommt diesen Monat euer Album »Mädchenmusik« raus. Grund genug, um unruhig zu sein.

SERGEJ: Ja, ich war bisher total entspannt. Das hat sich ja doch eine Weile hingezogen. Aber jetzt wird man doch so wachgerüttelt. Was, wenn eine schlechte Kritik kommt? Man hat so viel rein gesteckt und ist plötzlich sehr verletzlich.

NADJA: Allerdings ist diese Platte mit so viel emotionalem Hoch und Runter verbunden, dass ich mich im Moment nur noch etwas erschöpft zurücklehnen möchte.

KREUZER: Kein Wunder, die Produktion hat lange gedauert. Wie habt ihr diese Zeit wahrgenommen?

SERGEJ: Bei uns hat in dieser Zeit eine Relativierung stattgefunden. Es ist heute für viele Bands, zumindest im Indie-Bereich, nicht mehr unbedingt so, dass es wie in den Achtzigern abgeht und durchstartet. Das ist hier in Leipzig noch mal besonders schwer.

KREUZER: Euer Album kommt bei ZickZack raus, einem Label mit Geschichte. Der Chef Alfred Hilsberg hat in den Achtzigern unter anderem Blumfeld und die Einstürzenden Neubauten oder aktuell Saalschutz und Jens Friebe veröffentlicht. War Zickzack deshalb Label-Wunschkandidat?

SERGEJ: Ja. Das Label war immer sehr mutig, was neue Sachen angeht. Ich kann mich an einen Schlüsselmoment erinnern. Ganz am Anfang hat unser damaliger Gitarrist oft von Alfred Hilsberg erzählt, da kannte ich den überhaupt noch nicht. Er hat immer gesagt: »Das ist der Guru!« Und dann gabs ja diese Leipziger Band Unicycleman, die auch bei Zickzack veröffentlicht haben. Da war immer von Alfred Hilsberg die Rede, das war so ein Mysterium. Das hat sich in meinem Hinterkopf gehalten.

NADJA: Wir passen da auch gut hin. Man kann ZickZack nicht festlegen. Und uns auch nicht.

KREUZER: Bei Unicycleman hat das mit dem Erfolg eher schlecht funktioniert, trotz der Unterstützung durch ZickZack. Glaubt ihr, dass es bei euch anders sein wird?

SERGEJ: Es gibt dazu so viele Meinungen wie Menschen. Eine Menge Leute aus der Leipziger Szene sehen das kritisch und geben auch dem Label viel Schuld. Natürlich sieht Alfred das anders. Er sagt zum Beispiel, dass die Leute im Westen mit dem Humor nicht viel anfangen konnten. Andere sagen, die Zeit war vorbei und die Platte kam viel zu spät.

NADJA: Das kann uns natürlich alles auch passieren. Es ist auch die Frage, was man erwartet. Ich glaube nicht, dass wir Verkaufsschlager schreiben und Charts stürmen. Für uns wäre es einfach ein Erfolg, wenn es deutschlandweit Aufmerksamkeit gibt und vollere Konzerte. So dass man Bock hat, die zweite Platte zu machen. Ich mach mir da auf jeden Fall keine Illusionen.

KREUZER: Es gibt in Leipzig viele Bands, auch viele gute. Über die Stadtgrenzen hinaus ist aber schon lange keine mehr gekommen. Was habt ihr anders gemacht, wo habt ihr angesetzt?

NADJA: Wir hatten Glück. Wir hatten Kontakte, über Jens Friebe zum Beispiel. Zufällig. Der fand das Demo-Tape gut und hat es mit Empfehlung an Alfred weitergereicht. Und so kamen wir in Kontakt mit dem Label. Netzwerken ist eine Fähigkeit, die man haben muss, auch über den Wohnort hinaus.

SERGEJ: Du kannst in Leipzig natürlich auch viel machen. Man spielt hier und dort und denkt erstmal gar nicht soweit. Es ist wichtig, sich nach außen zu öffnen, dran zu bleiben und durch zu halten. Wenn wir eine Qualität haben, dann ist es ein langer Atem.

KREUZER: Der lange Atem hat euch jetzt zu „Mädchenmusik“ geführt. In den letzten zehn Jahren haben sich sicher so einige Songs angesammelt. Ist „Mädchenmusik“ dafür die ernst gemeinte Überschrift?

NADJA: Im Endeffekt ist es ein ironisches Spiel, programmatisch und diskussionsfreudig. Themen, die auf der Platte behandelt werden – Liebe, Schmerz, emotionale Geschichten und auch die poppigen Elemente – das sind Sachen, die man klassischerweise eher mit einer femininen Seite assoziiert. Aber im Endeffekt ist das Ganze ein Spiel und wir versuchen, das aufzubrechen – was meist ganz gut gelingt.

SERGEJ: Wir haben uns gesagt: Das, was andere uns zum Vorwurf gemacht haben, das schreiben wir uns gleich mal auf die Fahne. Bevor die sagen: Das ist Mädchenmusik, behaupten wir das gleich selbst. Komischerweise hat den Titel auch noch nie jemand benutzt.

KREUZER: Die Single »Frohe Schritte« ist schon seit ein paar Wochen draußen. Erste Reaktionen vergleichen euch mit Paula und Klee. Das fand ich überraschend. Ihr auch?

NADJA: Was mir und auch dem Label aufgefallen ist: Bei uns gibt es keine klare Linie. Wir haben zwei Leute, die singen, mal deutsch und mal englisch. Es gibt Songs, die sehr poppig sind, andere sind eher abstrakter. Es gibt keine klare Linie, auf die man gepresst werden kann. Da kann es passieren, dass alle auf ein Lied gucken und dann sagen: Hey, das klingt wie Klee. Da kann man nur hoffen, dass die Leute weiter hören.


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