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»Unsere Zuschauer wünschen sich noch mehr Tiefgang«

Peter Escher über Zuschauer, Lebenshilfe und peinliche Auszeichnungen

  »Unsere Zuschauer wünschen sich noch mehr Tiefgang« | Peter Escher über Zuschauer, Lebenshilfe und peinliche Auszeichnungen

Der KREUZER wählte ihn einst zu einem der zehn »peinlichsten Leipziger« – doch beim MDR-Fernsehen ist Peter Escher mit seiner Ratgebersendung bis heute ein Dauerbrenner.

Der KREUZER wählte ihn einst zu einem der zehn »peinlichsten Leipziger« – doch beim MDR-Fernsehen ist Peter Escher mit seiner Ratgebersendung bis heute ein Dauerbrenner.

KREUZER: Ihre Sendung läuft seit einer gefühlten Ewigkeit beim MDR …

PETER ESCHER: Das klingt ja fast so, als ob Sie auf meinem Rücken schon Moos entdeckt hätten. Aber im Ernst: Der Startschuss für »Ein Fall für Escher« fiel im Sommer 1995, und am 10. April 2008 gehen wir zum 600. Mal auf Sendung. Das ist in unserer kurzlebigen Zeit, in der manche Sendung direkt nach der Geburt schon wieder beerdigt wird, doch gar nicht so schlecht, oder?

KREUZER: Seit Beginn des Jahres heißt sie ja nur noch »Escher – Der MDR-Ratgeber«. Warum?

ESCHER: Zum einen hat es rechtliche Gründe, da ja Hans Meiser die Sendung nicht mehr produziert, sondern wir jetzt mit Ulrich Meyer zusammenarbeiten. Zum anderen haben wir auch das Konzept überarbeitet. Wir haben unsere Zuschauer gefragt, was sie gern sehen möchten, welche Wünsche sie an unsere Sendereihe haben. Immer wieder wurden »noch mehr Tiefgang, verstärkter Service und konkrete Lebenshilfe« gewünscht. Und genau in dem Sinne haben wir unser Konzept umgestrickt: Die Fälle werden in aufwendig gedrehten Filmen anschaulich vorgestellt, die Gespräche mit unseren Experten gestrafft und auf die wesentlichen Punkte konzentriert. Die Reaktionen nach den ersten Ausgaben 2008, die uns am Telefon oder per Brief erreichten, waren durchweg positiv.

KREUZER: Apropos Post. In der Regel behandeln Sie pro Sendung zwei oder drei Fälle. Ich nehme an, dass es weit mehr Zuschriften gibt …

ESCHER: Und ob, Monat für Monat landen in unserer Redaktion etwa 1.000 Briefe und noch mal genauso viele E-Mails, Tendenz steigend. In den meisten Fällen geht es um Ärger mit der Versicherung, Probleme mit dem Vermieter, Empörung über Gerichtsurteile, Stress mit Behörden oder auch Erlebnisse mit Abzockern. Viele Zuschauer wollen auch einfach nur loswerden, dass unsere Tipps ihnen geholfen haben. So kam neulich eine Frau auf mich zu und bedankte sich überschwänglich für einen Ratschlag, den wir vor vier, fünf Jahren gegeben haben. Es ging damals um die Übernahme von DDR-Krediten durch die neuen Banken. Meine Sendung hat der Frau mehrere zehntausend Mark gespart, und so konnte sie ihr Häuschen abzahlen.

KREUZER: Gab es in all den Jahren eine Geschichte, die Ihnen besonders nahegegangen ist?

ESCHER: Wo soll ich da anfangen? Es gab viele bewegende Fälle: der von der verbrannten Michaela, für deren OPs meine Zuschauer mehr als 200.000 € gespendet haben. Oder der vom querschnittsgelähmten Familienvater, dem wir ein Behindertenauto beschaffen konnten. Oder, vor wenigen Wochen, der erschütternde Fall von Jessica. Die 13-Jährige war an Hirnhautentzündung erkrankt. Dem Mädchen ging es immer schlechter; als es Fieber hatte und anfing zu fantasieren, riefen die Eltern den Notarzt. Der Rettungswagen kam innerhalb weniger Minuten, nahm Jessica auf und raste mit Blaulicht zum nächstgelegenen Krankenhaus. Aber statt sie dort sofort mit Penizillin zu behandeln, hieß es: »Wir haben kein Bett frei, fahren Sie in eine andere Klinik!« Und so ging es weiter. Klinik zwei sagte: »Leider kein Platz verfügbar«, die dritte wimmelte sie ab mit der Begründung: »Wir nehmen nur Patienten auf, die älter als 16 sind.« Und auch das vierte Krankenhaus schickte den Rettungswagen weg, mit der Begründung: »Wir haben keine freien Kapazitäten!« Die Odyssee durch Thüringen und Sachsen dauerte zweieinhalb Stunden, am Ende kam jede Hilfe zu spät. Jessica fiel ins Koma, starb nach einer Woche. Für mich ist diese von Ärzten (!!!) unterlassene Hilfeleistung ein Skandal! Auch dass die Eltern in ihrer Verzweiflung, ihrer Trauer vier Jahre lang allein gelassen wurden. Zwar verlor eine Ärztin ihren Job, aber weitere Konsequenzen gibt es bislang nicht, auch keine Entschuldigung. Ich habe den Eltern versprochen, an der Geschichte dranzubleiben.

KREUZER: Neben der Ratgebersendung haben Sie noch eine weitere Reihe, ebenfalls produziert von Ulrich Meyer …

ESCHER: Stimmt, »Die Spur der Täter«, sehr spannend. Bei der Reihe bin ich als Reporter unterwegs, darf den Ermittlern auf die Finger schauen. Wir rollen reale Mordfälle und Brandanschläge noch einmal auf, auch Wirtschaftsverbrechen oder große Internetbetrügereien. Im Mittelpunkt meiner Reportagen steht die Arbeit der Ermittler, die Spurensuche, die Autopsie. Ich finde es ungeheuer spannend, wie akribisch die Kriminalisten arbeiten, wie sie mit Kombinationsgabe und Hilfe modernster Technik fast immer die richtige Spur und damit den Mörder finden. Respekt!

Peter Escher im August 2000 »peinlichster Leipziger«
KREUZER: Als Prominenter steht man ja nicht nur im Rampenlicht, sondern auch in der Kritik. Der KREUZER kürte Sie im Sommer 2000 zu einem der zehn »peinlichsten Leipziger«. War das schlimm für Sie?

ESCHER: Na, gefreut habe ich mich über diese »Ehrung« nicht gerade. Im Juli 2000 ist meine Familie in diese wunderbare Stadt gezogen – und keine vier Wochen später fand ich mich auf Platz 8 Ihrer seltsamen Hitparade. Aber was solls: Wer seinen Kopf aus dem Fernseher steckt, muss damit rechnen, dass er auch mal was auf die Mütze bekommt.


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