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Stadtleben

»Kurz vorm Burn-out habe ich gekündigt«

Katja Oanh Bach über Lehrer als Einzelkämpfer, körpereigene Energien und wie man Ruhe durch Bewegung findet

  »Kurz vorm Burn-out habe ich gekündigt« | Katja Oanh Bach über Lehrer als Einzelkämpfer, körpereigene Energien und wie man Ruhe durch Bewegung findet

Mein Name umreißt quasi schon die Ausrichtungen meines Lebens. Katja hat meine Mutter gewählt. Sie ist Russischlehrerin und der Sprache sehr verbunden. Oanh ist ein vietnamesischer Vorname – mein leiblicher Vater ist Vietnamese. Den Namen Bach habe ich von meinem Adoptivvater.

Mein Name umreißt quasi schon die Ausrichtungen meines Lebens. Katja hat meine Mutter gewählt. Sie ist Russischlehrerin und der Sprache sehr verbunden. Oanh ist ein vietnamesischer Vorname – mein leiblicher Vater ist Vietnamese. Den Namen Bach habe ich von meinem Adoptivvater.

In Berlin geboren und aufgewachsen, bin ich zum Studium nach Leipzig gegangen. Hier habe ich Lehramt Deutsch und Russisch studiert. Mein Interesse für Slawistik war sehr groß, und ich wusste, dass ich mit Kindern arbeiten wollte. Ich habe auch Philosophie-Seminare besucht, ein Auslandsjahr in Russland verbracht und mein Studium nach der Wende abgeschlossen.

Mein Referendariat absolvierte ich an einem Gymnasium und bekam danach eine der wenigen Stellen an einer Mittelschule in Torgau. Dort habe ich Deutsch und Ethik unterrichtet. Ich war schon immer sozial und philosophisch veranlagt, und für Russischlehrer gab es keinen Bedarf. Trotzdem hat sich dort für mich alles sehr schwierig gestaltet. Da war der lange Weg jeden Tag von Leipzig. Dann hat Deutsch wahnsinnig viel Vor- und Nachbereitungszeit gekostet, und Ethik war nur eine Wochenstunde, in der ich aus Zeitmangel kaum etwas lehren konnte. Ich war schnell sehr unzufrieden. Das System und der Rhythmus lagen mir nicht. Was ich wollte, konnte ich so nicht vermitteln. Meinem persönlichen Anspruch an Erziehungsarbeit und Gemeinschaftsgefühl konnte ich so nicht gerecht werden. Lehrer sind leider oft Einzelkämpfer – jeder für sein Fach oder sein Projekt. Kurz vorm Burn-out habe ich gekündigt und die Schule das Jahr darauf verlassen.

Oase mit Menschen
Da ich auch körperlich abgekämpft war und Entspannung suchte, habe ich mit Qigong angefangen und dann auch Meditationskurse besucht. Bald entdeckte ich, dass Qigong und auch Taiji eine Begabung von mir ist. Ich war fasziniert davon, was für Energien im eigenen Körper stecken, wenn man nur weiß, wie man sie aktiviert und kultiviert. Vom reinen Sport als Ausgleich kam ich hin zu meiner wahren Berufung. Seitdem lebe ich mehr den zweiten Teil meines Namens. Ich wusste, dass ich lehren wollte, und habe hier, im Osten, der ja auch der internationalste Stadtteil Leipzigs ist, Räume gesucht und gefunden, um 2004 das Zentrum für Stille und Bewegung zu gründen.

Mein Anliegen war und ist es, eine Oase für Menschen zu schaffen, um Kraft zu schöpfen, zur Ruhe zu kommen, sich zu stärken. Eine innere Mitte zu finden, um dem, was von außen an einen herangetragen wird, standzuhalten. Ich habe dann versucht, Menschen zu finden, die Räume und Heilmethoden mit mir teilen würden. 2006 ist meine Partnerin mit eingestiegen und hat eine Praxis als Heilpraktikerin für Psychotherapie gegründet und in das Zentrum integriert. Zusammen mit einem Pärchen aus Potsdam haben wir uns im Dezember 2007 zum Forum für Lebensenergie erweitert. Zusätzlich zu den regelmäßigen Taiji- und Qigongkursen bieten wir allgemeine Lebenshilfe, Kommunikationsseminare, Energiekreise und Prüfungsvorbereitungskurse für Heilpraktiker an. Wir gehen jetzt auch verstärkt in Unternehmen, in denen lange und viel geistig gearbeitet wird. Dort begleiten wir zum Beispiel Strategietage, an denen wir zu 10 bis 12 Minuten Bewegungspause anregen – das lässt einen runterkommen und befreit den Kopf. Die Menschen, die zu uns kommen, sind oft in Umbruchsphasen oder Krisen. Selbst die Krankenkassen haben mittlerweile erkannt, dass Präventionsarbeit sinnvoll ist und übernehmen meist 80 Prozent der Kosten. Mir ist wichtig, den Menschen ganzheitlich zu betrachten und auch zu behandeln – das Physische wie auch die Psyche, eben Körper und Seele. Demnächst strebe ich an, die Pausengestaltung in Schulen zu leiten bzw. dort wöchentliche Taiji- und Qigong-Kurse zu geben.

Meine große Vision allerdings ist es, dass dies ein Ort wird, an dem Menschen jeden Alters begleitet werden – ein Heilhaus, mit Leben und Sterben unter einem Dach.


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