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Kultur

Anderer Blick auf Nahost

Zum 60. Jahrestag: Israelische Filme im Prager Frühling und UT Connewitz

  Anderer Blick auf Nahost | Zum 60. Jahrestag: Israelische Filme im Prager Frühling und UT Connewitz

Alle reden in diesen Tagen über Israel. Manche gratulieren dem noch jungen Staat zu seinem 60. Geburtstag. Andere hingegen klagen 60 Jahre palästinensische Vertreibung an. Ein Land, gleichzeitig Opfer und Täter, dessen Identität von Krieg und Selbstschutz gezeichnet, dessen Bewohner sich doch Frieden wünschen. Wie lebt man dort, wo man hinsoll, aber permanenter Ausnahmezustand herrscht?

Alle reden in diesen Tagen über Israel. Manche gratulieren dem noch jungen Staat zu seinem 60. Geburtstag. Andere hingegen klagen 60 Jahre palästinensische Vertreibung an. Ein Land, gleichzeitig Opfer und Täter, dessen Identität von Krieg und Selbstschutz gezeichnet, dessen Bewohner sich doch Frieden wünschen. Wie lebt man dort, wo man hinsoll, aber permanenter Ausnahmezustand herrscht? Meist kreisen Fragen dieser Art am europäischen Horizont, denn bei uns findet die Auseinandersetzung mit dem Leben im Nahen Osten vorrangig auf politischer Ebene statt.

Betrachtet man hingegen die kulturelle Vielfalt, vor allem das israelische Kino, das in den vergangenen Jahren auf internationalen Festivals für Aufmerksamkeit gesorgt hat, eröffnet sich uns ein ganz anderes Bild: Die Filme schildern aus der Sicht der Menschen traditionelle Vorgaben, Riten des Alltags als auch soziale Barrieren oder politische Abgrenzungen. Ein Gesellschaftsbild, gezeichnet von innen nach außen – nicht umgekehrt.

Israel 1974: Der 12-jährige Dvir lebt in einem Kibbuz im Süden des Landes. Seine psychisch angeschlagene Mutter findet sich nur schwer in der streng organisierten Gemeinschaft zurecht, und so muss er sich allein der Realität stellen. »Sweet Mud«, eine deutsch-israelische Koproduktion aus dem Jahr 2006, entblößt schonungslos inner-israelische Parallelgesellschaften. Der Film dringt ein in die kleine abgeschiedene, von doktrinären Regeln bestimmte Welt, entromantisiert ein Gesellschaftsideal und hinterfragt damit den Individualitätsanspruch eines jeden Einzelnen.

Und so, wie Israel selbst nach seinem eigenen Ich sucht, taucht die damit verbundene Identitätsfrage als auch die Beziehung zum Anderssein in den acht filmischen Reflexionen immer wieder auf. In »Jossi und Yagger« verlieben sich zwei Soldaten, die inmitten der Kriegswirren ihre neu entdeckten Gefühle füreinander geheim halten müssen. Homosexualität, aber auch die Alltäglichkeit von Gewalt und das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Lebenserfahrungen und -realitäten sind Themen in »The Bubble – Ha-Bua Israel«. In dem Dokumentarfilm »Did Herzl Really Say That« kommen Menschen zu ihrem ganz persönlichen »Israeli-Sein« zu Wort. Und für die, die sie bisher verpasst haben, sind die Literaturverfilmung »Liebesleben« als auch »Jellyfish« und »Die Band von Nebenan« großartig sehenswerte Filme, die an heißen Sommerabenden von einem Land und seinen spannungsreichen Gegensätzen auf menschlich poetische Weise erzählen.


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