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Kultur

Meine Reise nach Lindenau

Ein Ausflug in Die Kassette, Leipzigs gerade eröffneten Mixtapeladen

  Meine Reise nach Lindenau | Ein Ausflug in Die Kassette, Leipzigs gerade eröffneten Mixtapeladen

Mein Name ist »BASF Chrome Super II«, und heute putze ich mich raus, ziehe mein trashigstes Gewand an, bestücke mich mit Songs zum Thema Fußball, und auf die andere Seite packe ich bergeweise fragwürdige Lieder deutscher und ausländischer Provenienz, die meinen Hörer amüsieren werden.

Mein Name ist »BASF Chrome Super II«, und heute putze ich mich raus, ziehe mein trashigstes Gewand an, bestücke mich mit Songs zum Thema Fußball, und auf die andere Seite packe ich bergeweise fragwürdige Lieder deutscher und ausländischer Provenienz, die meinen Hörer amüsieren werden.

Jetzt muss mich mein Besitzer nur noch in die Demmeringstraße 23 bringen. Dort eröffnete am 28.5. nämlich Die Kassette, der ideale Ort zum Rumhängen für Typen wie mich. Neben vielen Gleichgesinnten in 60er oder 90er Länge stehe ich fortan auf einem kleinen Holzbrettchen an einer der mindestens drei Meter hohen Wände und hoffe, bald einen neuen Besitzer zu finden. Entfernt höre ich, wie der Mitbegründer des Ladens, Johann Wiede, erzählt, dass Die Kassette von ein paar Freunden eröffnet wurde, »um die alte Kultur von Mixtapes wiederzubeleben«.

Jetzt verstehe ich, wie das hier läuft: Da kommt dann jemand vorbei, nimmt mich von der Wand, tauscht mich ein und gibt mir ein neues Zuhause. Tauschhandel meint Johann also, wenn er von seinem Laden spricht, in dem »wir unsere Leidenschaft mit anderen teilen können«, wo »ein Wechsel« von Musik entstehen soll, der anderen Leuten neue »Musik zugänglich macht« und die Begeisterung für Mixtapes weckt. Aha!

Songs auf Holzbrettchen
Ein wunderbarer Platz für uns 150 alte, fast schon ausrangierte, aber einmalige Zeitgenossen, die von ihren Vorbesitzern mit Herzblut erstellt wurden und nun freudig auf neue Besitzer warten. Nichts lenkt ab, wir sind die Stars hier. Wie ich weiter höre, kann man im kuscheligen, detailverliebt mit Kassettentapete gestalteten Nebenraum Zeitung lesen, Getränke genießen und uns anhören. Der Laden werde so »zu einem Treffpunkt, der schon nachmittags aufhat«, erzählt Johann weiter. Und all das auf Spendenbasis, nicht schlecht. Auch die schönen Fotos im Nebenraum können gegen neue ertauscht werden – ein Raum ständiger Veränderung also.

Und neuer Freunde. Zum Beispiel der Autofahrer, der regelmäßig vorbeikommt, um neue Kassetten einzutauschen. Ich bin gespannt. Werde auch ich bald durch die Welt reisen? Womöglich hören Sie mich bald ...


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