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Kultur

Brauchen wir noch eine Schwulenbewegung?

Gus van Sants neuer Film »Milk« auf dem Prüfstand

  Brauchen wir noch eine Schwulenbewegung? | Gus van Sants neuer Film »Milk« auf dem Prüfstand

»Wir müssen uns alle outen!« beschließt Harvey Milk in seinem Wahlkampfbüro im Castro, dem Schwulenviertel San Franciscos. Damit propagiert er ein Programm, das ihn Mitte der Siebziger zum ersten bekennenden Homosexuellen macht, der in ein öffentliches Amt gewählt wird. Gus van Sants neuer Film »Milk« erzählt seine Geschichte. Bei einer Preview in den Passage Kinos hat kreuzer online unter den Zuschauern nachgefragt, inwieweit das Thema heute überhaupt noch relevant ist.

»Wir müssen uns alle outen!« beschließt Harvey Milk in seinem Wahlkampfbüro im Castro, dem Schwulenviertel San Franciscos. Damit propagiert er ein Programm, das ihn Mitte der Siebziger zum ersten bekennenden Homosexuellen macht, der in ein öffentliches Amt gewählt wird. Gus van Sants neuer Film »Milk« erzählt seine Geschichte. Bei einer Preview in den Passage Kinos hat kreuzer online unter den Zuschauern nachgefragt, inwieweit das Thema heute überhaupt noch relevant ist.


Bernhard Kartes, 53
»Das war für mich auch neu und sehr informativ. Bisher ging ich immer davon aus, dass alles von New York ausging. Man bezieht ja immer alles auf den Christopher Street Day. Aber das ist auch heute noch interessant. Ich fühle mich ja nicht zuletzt deswegen heute frei. Ich habe früher auch gekämpft und zum Beispiel in Hannover eine Partei mitbegründet – mit Schwulen und Lesben. Das ist das einzige Manko am Film: kaum Frauen. Es war offenbar immer ein männlicher Kampf. Laut Film war das ja die Realität. Irgendwie komisch.«

Ilka Messerschmidt, 33
»Ich glaube, dass die lesbischen Frauen heute einen leichteren Stand haben, als die homosexuellen Männer. Deshalb war ich sehr überrascht, dass die erste Frau erst recht spät auftauchte. Ich erlebe heute keine Schranken mehr, bin froh, dass ich heute lebe und nicht in den 70ern. Aber ich kann mir vorstellen, dass andere Frauen diese schon noch erleben. Meine Freunde und Familie akzeptieren mich, wie ich bin. Ich hab aber vielleicht einfach nur Glück gehabt.«

Cornelius Neumann, 21
»Ich hab während des Filmes darüber nachgedacht, dass ich es mir heute nicht mehr richtig vorstellen kann, dafür kämpfen zu müssen, frei leben zu können. Andererseits spüre schon immer noch Vorurteile – gerade von den Kommilitonen in meinem Mathematik-Studium. Es ist ein geringer Prozentsatz, aber es gibt halt schon mal dumme Sprüche. Meistens sehr naiv.«

Matthias Luterbeck, 27
»Inhaltlich war der Film spannend und sehr unterhaltsam. Es gab auch lustige Stellen, so dass der Film ganz gut abgerundet war. Ich bezweifle aber, dass er breitentauglich ist. Sogar beim schwulen Publikum. Man könnte ihn da als Art Historienfilm empfinden. Heute lebt man in einer anderen Welt und das macht den Zugang zum Film nicht einfacher. Der Schwule geht heute davon aus, dass das nicht mehr existiert. In den letzten Jahren ist ja auch politisch viel passiert, gerade mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft. Privat bin ich mir allerdings nicht sicher, ob das nicht nur ein vorgetäuschtes Hoch ist. Zum Beispiel wird das Wort »schwul« oft immer noch negativ verwendet. »Wir müssen uns alle outen!«, halte ich deshalb noch immer für eine wichtige Aussage, auch wenn es schwierig ist.«


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