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Kultur

»Das wird auf meinem Grabstein stehen«

Der Schauspieler Thomas Lawinky über Kurskorrekturen am Centraltheater, die »Spiralblock-Affäre« und das Rätsel seiner Stasi-Verstrickung

  »Das wird auf meinem Grabstein stehen« | Der Schauspieler Thomas Lawinky über Kurskorrekturen am Centraltheater, die »Spiralblock-Affäre« und das Rätsel seiner Stasi-Verstrickung

Thomas Lawinky liebt die Extreme, im Theater wie im Leben. Auf der Bühne kennt er keine Gnade – weder für sich selbst noch für das Publikum: Er rennt gegen Wände, brüllt vor Schmerz und spielt sich oft in einen rauschhaften Zustand der Verzweiflung hinein, der für ihn eine höhere Wahrheit birgt.

Thomas Lawinky liebt die Extreme, im Theater wie im Leben. Auf der Bühne kennt er keine Gnade – weder für sich selbst noch für das Publikum: Er rennt gegen Wände, brüllt vor Schmerz und spielt sich oft in einen rauschhaften Zustand der Verzweiflung hinein, der für ihn eine höhere Wahrheit birgt.

Schlagartig berühmt wurde Lawinky, 44, durch die »Spiralblock-Affäre« vor drei Jahren, nachdem er dem FAZ-Theaterkritiker Gerhard Stadelmaier in der Premiere von Ionescos »Das große Massakerspiel oder Triumph des Todes« in der Frankfurter Schmidtstraße den Spiralblock entrissen und ihn massiv beschimpft hatte. Wenig später bekannte er in der Süddeutschen Zeitung, während seiner NVA-Zeit als IM »Beckett« für die Stasi gearbeitet zu haben. Beim Interview in seinem Büro seitlich des Rangfoyers stärkt er sich mit Cola und Zigaretten. Die Enttäuschung vom Vortag, als zu seinem persönlichen Abend im Weißen Haus nur zwei Zuschauer kamen, steckt ihm noch in den Knochen – er war im Buchmesse-Fieber untergegangen.

kreuzer: Hallo Thomas, du hast heute probenfrei, oder? Was fängst du an mit so einem Tag?

THOMAS LAWINKY: Ich lerne Texte, jetzt gerade für »Black Rider«. Das ist diese adaptierte »Freischütz«-Geschichte, die Tom Waits zu einem Musical gemacht hat, das vor 20 Jahren in Hamburg ein großer Erfolg war.

kreuzer: Du wirkst nicht gerade begeistert ...

LAWINKY: ... weil uns gerade die Synchronizität der Ereignisse eingeholt hat. Denn in diesem Text geht es ums Schießen, ums Jagen, um Waffen. Ich komme nach der Probe nach Hause, schalte die Nachrichten ein und erfahre, dass es einen Amoklauf mit 16 Toten gegeben hat. Da ist man wie gelähmt. Ich weiß nicht, ob es gut ist, dieses Thema humoristisch darzustellen. Als Schauspieler fühle ich mich da von den tagesaktuellen Ereignissen total überfordert. Da muss man sich sammeln. Das tue ich an solchen Tagen.

kreuzer: Du warst die Speerspitze im Ensemble zu Beginn der ersten Spielzeit von Sebastian Hartmann und hast den Leipzigern vom Start weg gezeigt, wo der Hammer hängt: vor allem in der »Matthäuspassion« und in »Macbeth«. Wie hast du – mit etwas Abstand betrachtet – die turbulente Eröffnungsphase erlebt?

LAWINKY: Ich habe mich riesig auf diese Aufgabe gefreut und auch gewusst, was mich hier erwartet – ein Theater, das 13 Jahre lang unter der Intendanz von Wolfgang Engel nicht so gut besucht war. Die einzige neue Inszenierung für mich war, innerhalb dieses dreiteiligen Abends »Matthäuspassion«, »Brand« von Ibsen ...

kreuzer: ... der vielleicht größte Aufreger der Startphase.

LAWINKY: Ja, diese Wucht und Expressivität, mit denen wir arbeiten, haben immer großes Aufsehen erregt. Das hat inhaltliche Gründe. Wir wollten so antreten – unverfälscht. Dann kam »Macbeth« hinzu, der in seiner Ästhetik »Brand« ähnlich ist. In der »Publikumsbeschimpfung« bin ich mit einer eher ruhigen Spielweise unterwegs. Das hat erst mal großen Spaß gemacht, und das sind auch die Stücke, die am meisten besprochen wurden und nach wie vor ganz ordentlich besucht werden.


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