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»Rain, Hail or Shine«

Mit dem <em>kreuzer</em> auf die sieben Weltmeere – Der Reiseblog auf <em>kreuzer</em> online (Teil 16)

  »Rain, Hail or Shine« | Mit dem <em>kreuzer</em> auf die sieben Weltmeere – Der Reiseblog auf <em>kreuzer</em> online (Teil 16)

Unsere »kreuzer-Auslandskorrespondentin« Ele Jansen hat sich auf große Fahrt begeben und berichtet in einem exklusiven Reise-Blog über ihre Erlebnisse vor Ort. Diese Woche wird es edel beim ANZAC-Day, dem Royal Randwick-Derby und bei einer Weinverkostung im Hunter Valley

Unsere »kreuzer-Auslandskorrespondentin« Ele Jansen hat sich auf große Fahrt begeben und berichtet in einem exklusiven Reise-Blog über ihre Erlebnisse vor Ort. Diese Woche wird es edel beim ANZAC-Day, dem Royal Randwick-Derby und bei einer Weinverkostung im Hunter Valley.

Teil 16 »Rain, Hail or Shine«

Europäer neigen ja manchmal zu einer latenten Überheblichkeit gegenüber der vergleichbar kurzen Geschichte postkolonialer Nationen. Dem setzen die Australier entgegen, dass sie ihre wenigen historischen Momente ausgiebig zu feiern wissen. Wie beispielsweise kürzlich zum »ANZAC-Day«, einem der bedeutendsten Nationalfeiertage der Australier und Neuseeländer. ANZAC steht für »Australian and New Zealand Army Corps«. Es ist ein militärischer Gedenktag, der den gefallenen Soldaten der Schlacht um Gallipoli gewidmet ist. Auf dieser türkischen Halbinsel haben im ersten Weltkrieg (1915) 250.000 Soldaten ihr Leben verloren. Für eine postkoloniale Nation ist eine eigene Armee gleichbedeutend mit der eigenen (militärischen) Unabhängigkeit, was die Euphorie der Australier für diesen Nationalfeiertag in Ansätzen erklären mag.

Alte Veteranen bemängeln zwar, dass immer mehr »Young Folks« den Feiertag zum Trinken missbrauchen, in Gesprächen habe ich allerdings eher mitbekommen, dass tatsächlich viele junge Leute zum »Dawn Service« in aller Frühe aufstehen und die Sache sehr ernst nehmen. Natürlich gibt es im Gegensatz hierzu auch diejenigen, die gar nicht teilnehmen, weil sie diese Form von Patriotismus ablehnen. Als Deutsche steht man angesichts der eigenen militärischen Vergangenheit etwas fassungslos vor dem Hype, der hier um diesen Feiertag betrieben wird.

Für Anja und mich begann der ANZAC-Day auch Australientypisch, allerdings eher bezüglich der allgegenwärtigen Altersbestimmungen. Ohne ID (Ausweis mit Foto und Geburtsdatum) wird einem der Eintritt in Bars nur dann gewährt, wenn man eindeutig älter als 25 Jahre aussieht. Und hier zeigte sich mal wieder, wie die Sonne hier unten der Haut der hiesigen Frauen zusetzt. Ich kann nur jeder europäischen Frau raten, nach Australien zu reisen. Wir werden hier im Schnitt sieben Jahre jünger geschätzt als wir sind. Am ANZAC-Day führte dies also dazu, dass wir zurück nach Hause mussten (ins 10 Kilometer entfernte Bondi), um unsere IDs zu holen, weil wir auf unter 25 geschätzt wurden, und deswegen nicht in die Bar durften. Danke! Die Mühe war es wert, denn in der Bar wurde »Two-Up« gespielt, ein Glücksspiel, das nur am ANZAC-Day legal ist. Es ist eine Reminiszenz an die Truppen in Gallipoli, die sich damit die Zeit vertrieben haben und wird vom »Dawn Service« bis spät in die Nacht gespielt. (Regeln unter www.ozbird.com/oz/twoup.htm) Leider habe ich dabei 40 Dollar verloren und mir deshalb geschworen, nie wieder zu wetten.

Dieses Versprechen konnte ich allerdings nicht lange halten, denn beim Royal Randwick Derby konnte ich dem königlichen Reiz des Wettens erneut nicht widerstehen. Leider habe ich auch hier wieder 40 Dollar verloren und hoffe nun, kuriert zu sein. Ich tröste mich mit der alten Weisheit vom »Pech im Spiel, Glück in der Liebe«. Unabhängig davon ist das Pferderennen in Sydney ein grandioser Anblick. »Be rain or hail: our ladies will shine«, bejubeln die Klatschblätter den Style auf der Rennbahn, der eine Reminiszenz an Mutter Großbritannien zu sein scheint. So zeigen sich dort neben den erwartbaren älteren »Wetteranen« (haha) zunehmend Teens mit überdimensionierten Hüten, Absätzen und feinem Zwirn. Sie sehen aus wie (teils billige) Kopien vom britischen Kronprinz William und seiner Freundin Kate in Ascot. Die Atmosphäre ist daher zwar »chique«, aber aufgrund des übermäßigen Alkoholkonsums weniger elegant, als man es erwarten mag. Wir selbst tragen geliehene Hüte und Kleider, denn in unseren Reisekoffern war kaum Adäquates zu finden. Wir trinken australischen Wein und meinen, er wäre besser, wenn wir ihn nicht aus Plastikgläsern trinken würden. Also entschließen wir uns, in den nächsten Tagen einen Road Trip ins Hunter Valley zu machen – einer bekannten Weinregion Australiens zwei Autostunden nördlich von Sydney.

Drei Tage später schlendern wir durch das sonnendurchflutete Hunter Valley, verkosten Weine, probieren Käse, sehen Kängurus, füttern Pferde auf weiten Wiesen, und machen ein Nickerchen zwischen den Weinreben. Das Hunter Valley ist aufgeteilt in Nord und Süd, wobei der Süden etwas touristischer ist, und im Norden mehr Winzer ihren Sitz haben. Wenngleich die Weinregion heute nicht als die beste Australiens angesehen wird (da wird eher das Barossa Valley in Südaustralien hoch gehandelt), so ist es doch die älteste. Seit 150 Jahren wird hier Wein angebaut. Die meisten Weinstöcke sind um die 30 Jahre alt. Das Klima ist relativ warm, und es regnet häufig im März, weshalb die Hunter-Trauben recht früh gepflückt werden. Die Trauben haben also vergleichsweise wenig Zucker, was meist zu leichten Weinen mit einem geringen Alkoholgehalt zwischen 9-11,5 Prozent führt. Traditionell wird in der Region Kohle abgebaut, was den Boden und damit die Reben und Trauben prägt, die dort gut gedeihen. Die typischen Traubenarten dieser Gegend sind Semillion (bei den Weißweinen) und Shiraz (bei den Rotweinen). Andere angebaute Trauben sind Verdelho, Chardonnay und Merlot. Wie uns ein Winzer erzählt, sind die Weine aus dem Hunter Valley bekannt dafür, dass sie gut altern und einen vollmundigen Charakter entwickeln.

Der Wein, den wir kaufen, wird nicht so alt, denn wir müssen am Abend eine ungeplante Durststrecke überwinden, als wir stundenlang im Stau auf der einzigen nördlichen Einfallstrasse nach Sydney stehen. Nach diversen Spielchen á la »Ich sehe was, was Du nicht siehst«, lautem Rumgesinge und einem harmlosen Flirt mit Baurabeitern, warten wir schweigend auf Bewegung. Es regnet, und der Wein drückt auf die Blase. Das sind die unangenehmen Seiten eines Road Trips, die in Filmen nie erwähnt werden. Am Ende belohnen wir unsere Geduld in einem Thairestaurant, und kommen tatsächlich noch in der gleichen Nacht wieder zu Hause an.

»Rain, Hail or Shine« heißt es dann auch bei unserem nächsten Ausflug in einen der ältesten Nationalparks der Welt, den Royal National Park, den kaum ein Australier zu kennen scheint. Ele Jansen

Karte mit Routenverlauf und Etappenbeschreibungen hier.


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