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»Australien ohne Touristen«

Mit dem <em>kreuzer</em> auf die sieben Weltmeere – Der Reiseblog auf <em>kreuzer</em> online (Teil 18)

  »Australien ohne Touristen« | Mit dem <em>kreuzer</em> auf die sieben Weltmeere – Der Reiseblog auf <em>kreuzer</em> online (Teil 18)

Unsere »kreuzer-Auslandskorrespondentin« Ele Jansen hat sich auf große Fahrt begeben und berichtet in einem exklusiven Reise-Blog über ihre Erlebnisse vor Ort. Entlang der Küste südlich von Sydney geht es durch menschenleere Nationalparks und verschneites Bergland

Unsere »kreuzer-Auslandskorrespondentin« Ele Jansen hat sich auf große Fahrt begeben und berichtet in einem exklusiven Reise-Blog über ihre Erlebnisse vor Ort. Entlang der Küste südlich von Sydney geht es durch menschenleere Nationalparks und verschneites Bergland.

Teil 18: Australien ohne Touristen

Australien belegt mit 5.1 Millionen Touristen Platz 40 der beliebtesten Reiseziele der Welt. Das klingt nicht viel, wenn man bedenkt, dass der Kontinent flächenmäßig größer ist als Europa, und allein Frankreich für das Jahr 2007 81,9 Millionen Besucher zählte. (Deutschland liegt mit 24,4 Millionen Touristen jährlich auf Platz sieben → www.unwto.org). Dennoch schieben sich in den Sommermonaten die Touristenströme die Ostküste rauf und runter. Wer es etwas ruhiger mag, reist ins Inland oder an die 4.000 Kilometer entfernte Westküste. Eine Alternative bietet allerdings auch die Küsten- und Berglandschaft südlich von Sydney. Über hunderte von Kilometern erstrecken sich dort wenig besuchte Nationalparks, in denen einem schon beim Frühstück eher Kängurus als Menschen begegnen. Außerdem kann man binnen eines Tages im Meer baden und sich abends bei Schneefall vorm Kamin aufwärmen.

Rund 600 Kilometer umfasst unsere mehrtägige Tour über den Royal National Park, Kiama (Seven Mile Beach National Park), Jervis Bay (Booderee National Park) und Batemans Bay (Murramarang National Park), wo wir ins Inland abbiegen, und über die Great Dividing Range nach Jindabyne in die Snowy Mountains fahren (google map).

Unser erstes Ziel ist Cronulla, ein kleines Nest, in dem sich vorwiegend Surfer und betuchte Sydneysider niedergelassen haben. Von hier geht eine kleine, siebzig Jahre alte Fähre hinüber nach Bundeena, wo der Royal National Park beginnt. Er ist einer der ältesten Nationalparks der Welt, und man sieht ihm nicht an, dass er seit 1994 bereits dreimal niedergebrannt ist. Wir entscheiden uns für eine zwölf Kilometer lange Tour an der bis zu 200 Meter hohen Steilküste entlang. Zu sehen gibt es neben dem weiten Ozean viel hügeliges Buschland auf gelb-rotem Sandstein. Für den ersten Kilometer begleitet uns noch die Sonne, aber schon bald regnet sich eine dunkle Regenwolke nach der anderen an der Steilküste ab. Unser Plan war, mitten im Nationalpark in einer Selbstversorger-Unterkunft ohne Strom und Wasserversorgung zu übernachten. Als unsere Kleidung allerdings bis auf den Körper nass ist, entscheiden wir uns für ein Hostel mit Dusche und warmer Mahlzeit für die Nacht. Im Winter muss man Australien zwar mit weniger anderen Reisenden teilen, aber bei nächtlichen 5-10 Grad Celsius schläft man dann doch nicht einfach durchnässt am Strand, wie man es im Sommer tun würde.

Am nächsten Morgen geht es weiter nach Süden, wo sich die Vegetation im Royal National Park ändert. Statt auf flaches Buschland, blicken wir nun von hohen Berggraten hinab auf ein sattgrünes Regenwalddach über tiefen Flusstälern. Der Regen hat sich verzogen, und wir frühstücken an einem Picknick-Tisch, an dem sich fünf unerschrockene Kakadus mit uns niederlassen und auf unsere Delikatessen schielen. Die großen Gelbhauben machen allerdings keine Anstalten, uns tatsächlich das Brot vom Tisch zu stibitzen, sondern beobachten uns einfach nur aus nächster Nähe – ganz anders als die hiesigen Möwen, die einem auch gerne mal im Sturzflug den Lachs vom Baguette klauen. Höchst entzückt vom Frühstück mit dem Gefieder, fahren wir entlang unzähliger verlassener Strände weiter nach Kiama, wo ein Loch in den Klippen bei hoher Brandung eine 60 Meter hohe Fontäne verursacht, die zu Rekordzeiten höher steigt, als der daneben stehende Leuchtturm. Im letzten Tageslicht, gegen fünf Uhr Nachmittags, springen wir an der Illawarra-Küste noch kurz ins Meer, bevor wir durchgefroren nach Jervis Bay fahren und nach einer Unterkunft suchen. Leider haben wir wieder mal keinen Reiseführer gelesen und müssen nun feststellen, dass es in der Nebensaison kaum Unterkünfte gibt. Wir landen daher in einem der typischen Motels mit lang gezogenen, flachen Gebäuden, und essen im örtlichen Bowlingclub, wo neben uns circa 100 Senioren vergnüglich Bingo spielen (neben Poker übrigens ein Zeitvertreib, dem in Sydney momentan auch die 20-30-Jährigen frönen).

Am nächsten Morgen suchen wir uns einen abgelegenen Strand im Murramarang Nationalpark. Eine Schotterpiste führt uns durch kilometerweite Eukalyptushaine zum Pebbly Beach, wo uns diesmal keine Kakadus, sondern mindestens zwölf Kängurus zum Frühstück erwarten. Eines hat sogar ein kleines »Joey« im Beutel. Übertroffen wird dieses Vergnügen kurz darauf von einem Schwarm Delphine, die nur einige Meter entfernt von uns nach ihrem Frühstücksfisch tauchen. Das Gefühl, so nah an diesen Tieren zu sein, ist unbeschreiblich. Zurück auf dem Weg zum Auto sehen wir dann noch Rosakakadus und verschiedene Papageienarten, was aber noch lange nicht das Ende unserer Tiersichtungen an diesem Tag sein sollte. Auf unserer Wanderung durch den strandnahen Wald springt ein Wallaby durchs Unterholz und wir verfolgen einen Lyrebird (ein Meister der Geräuschimitation, sogar Motorsägen und Alarmanlagen: Lyrebird bei youtube).

Auch am nächsten Strand treffen wir kaum eine Menschenseele, bis uns Allie über den Weg läuft. Er lebt im nahe gelegenen Jamberoo und entspannt ein paar Tage in der Natur. Mit ihm gehen wir angeln und ich fange meinen ersten Fisch: einen kleinen »Flathead«. Von Mitleid gepackt, will ich ihn gleich wieder ins Wasser werfen. Allerdings sind »Flatheads« giftig, also zeigt Allie uns, wie man den Fisch richtig anfasst. Er drückt mit zwei Fingern den Kopf, so dass der Fisch sich nicht rühren kann, und wirft ihn zurück ins Wasser. Während der »Flathead« zurück ins Meer zappelt, sehen wir in der Brandung einen Rochen mit mindestens einem Meter Spannbreite. Er war uns zuvor bereits im Tang bei den Klippen aufgefallen, wo wir die Enden der beiden Flossen an der Wasseroberfläche gesehen hatten, uns aber keinen Reim darauf machen konnten, was für ein Tier es sein könnte.

Nachmittags verlassen wir die bewaldete Küste und fahren durch die karge Great Dividing Range in die Berge. Auf dem Weg sehen wir wilde Emus, die zwischen den riesigen Kalksteinbrocken über die Hochlandebene laufen, und als wir abends im Hof des Hostels aufzählen, wie viele Tiere wir an diesem Tag gesehen haben, gesellt sich ein weiteres dazu: ein Possum). Zugegebenermaßen sieht man die hier ziemlich häufig, aber es sitzt so entspannt nur ein paar Meter über uns im Baum, dass es doch etwas Besonderes ist. Angeregt von so vielen Tieren, bekommen wir Appetit auf ein Steak, und während wir in die örtliche Bar gehen, beginnt es zu schneien. Binnen eines Tages waren wir also im Meer baden, sitzen nun bei Schneefall vorm Kamin und überlegen, ob wir am nächsten Tag in Thredbo Snowboarden gehen. Die Saison am nahe gelegenen Mount Kosciuszko – mit 2228 Metern der höchste Berg des Kontinents – ist eröffnet.

Erwartungsgemäß ist die Saison kurz, und wegen der unsicheren Schneebedingungen wurde stark in Schneekanonen investiert, weswegen die Skipässe teurer sind, als in den Alpen. Als wir in Jindabyne, dem Tor zu den Skigebieten, ankommen, erfahren wir, dass lediglich zwei Pisten kunstbeschneit sind, und entscheiden uns gegen die Investition in Skipässe. Jindabyne selbst ist nicht so wahnsinnig aufregend. Es liegt zwar an einem großen See, allerdings ist die Landschaft ringsherum gerade im Winter karg. Außer zum Wintersport oder Angeln, reizt nicht viel zum Bleiben an diesem Ort, der sogar einen »Waste Point Lookout« als touristische Attraktion listet. Also verlassen wir Jindabyne und beenden unseren kleinen Road Trip mit einem kurzen Stopp in Canberra, der stiefmütterlich behandelten Hauptstadt Australiens. Ihre 300.000 Bewohner schwören auf die Lebensqualität und die Nähe zur Natur – nach einem Kurzbesuch hält die Stadt dem Vergleich mit Sydney, Melbourne oder Brisbane allerdings nicht Stand. Dafür wirkt die Stadt im Landesinneren zu konstruiert und organisiert. Ele Jansen

Bildergalerie zu dieser Folge hier. Karte mit Routenverlauf und Etappenbeschreibungen hier.


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