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Politik

Innerhalb der Grauzone

Das Medinetz Leipzig hilft Kranken, die eigentlich nicht in Deutschland sein dürften

  Innerhalb der Grauzone | Das Medinetz Leipzig hilft Kranken, die eigentlich nicht in Deutschland sein dürften

Ein Mensch wird krank und geht zum Arzt. Das klingt banal, ist es aber nicht. Denn nicht jeder kann einfach zum Doktor marschieren, seine Zeit im Wartezimmer absitzen und mit ein paar Medikamenten nach Hause gehen, meist zurück ins Bett

Ein Mensch wird krank und geht zum Arzt. Das klingt banal, ist es aber nicht. Denn nicht jeder kann einfach zum Doktor marschieren, seine Zeit im Wartezimmer absitzen und mit ein paar Medikamenten nach Hause gehen, meist zurück ins Bett.

Menschen, die keine Krankenversicherung haben oder sich nicht legal in Deutschland aufhalten, können sich einen Arztbesuch nicht leisten. Die einen, weil es an Geld mangelt, die anderen, weil sie rechtlich gesehen gar nicht im Land sein dürften.

»Schätzungen zufolge leben in Leipzig zwischen 4.000 und 10.000 Menschen ohne Papiere«, sagt Anna Kühne (27). Es seien wohl eher 10.000, ergänzt Conrad Grehn (25), der neben ihr sitzt, »weil Leipzig so nah an der Grenze zu Osteuropa liegt«. Zusammen mit einem Dutzend weiteren Studenten haben sie das Medinetz Leipzig gegründet, das medizinische Versorgung auch für jene ermöglicht, denen sonst Abschiebung droht.

Zwar hat jeder Mensch ein Recht auf medizinische Versorgung, auch Illegalisierte. Dafür müssen sie sich aber an das Sozialamt wenden, das wiederum verpflichtet ist, diese Menschen an die Ausländerbehörde zu melden. Die Folge: Abschiebung. Ärzte hingegen unterliegen der Schweigepflicht. Außerdem ist die Unterlassung von ärztlicher Behandlung illegal. Und hier liegt die Grauzone, innerhalb derer das Medinetz agiert.

Das Leipziger Medinetz ist eines von zwanzig in Deutschland. Die Studenten helfen nicht nur bei der medizinischen Mindestversorgung, sondern machen auch politische Arbeit. Eines ihrer Ziele ist die Einführung eines anonymen Krankenscheins. Solange es den noch nicht gibt, empfangen sie jede Woche Kranke, die sich nicht zum Arzt trauen. Die Studenten behandeln aber nicht, sie führen ein Gespräch und entscheiden dann, zu welchem Arzt sie den Patienten schicken.

Bis jetzt haben sich acht Leipziger Ärzte bereit erklärt, Leute anonym und kostenfrei zu behandeln. Materialkosten kann Medinetz übernehmen, mehr aber nicht, denn das Netzwerk finanziert sich nur über Spenden. »Wir bräuchten dringend noch Hebammen, Zahnärzte oder Kinderärzte, die bei uns mitmachen«, sagt Marie Nekola (22), die auch beim Medinetz dabei ist. Für jeden Kranken rufen die Medinetz-Mitarbeiter bei dem Arzt an und fragen, ob sie einen Termin vereinbaren dürfen. Wenn nötig, vermitteln sie auch noch einen Dolmetscher, der den Kranken begleitet. Hat der Mediziner grade ohnehin viel zu tun, kann er auch verneinen. »Viele Ärzte denken noch immer, sie machen sich strafbar, wenn sie illegalisierte Menschen untersuchen, aber das ist nicht der Fall«, erklärt Anna.


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