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Kultur

Ein Land voller Widersprüche

Nicht nur fröhlich: Noch bis zum 1.10 laufen die Iranischen Filmtage in der naTo

  Ein Land voller Widersprüche | Nicht nur fröhlich: Noch bis zum 1.10 laufen die Iranischen Filmtage in der naTo

Jeder wird den Reflex kennen, bei Themen, die über einen gewissen Zeitraum von früh bis spät durch jegliches Medium gejagt werden, schnell wieder auf Durchzug zu schalten. Nun findet in der naTo eine Reihe mit Filmen aus dem Iran statt – und es ist anzunehmen, dass die täglich aus allen Kanälen quellenden Meldungen von niedergeknüppelten Demonstranten schon zu gewissen Abstumpfungserscheinungen geführt haben.

Jeder wird den Reflex kennen, bei Themen, die über einen gewissen Zeitraum von früh bis spät durch jegliches Medium gejagt werden, schnell wieder auf Durchzug zu schalten. Nun findet in der naTo eine Reihe mit Filmen aus dem Iran statt – und es ist anzunehmen, dass die täglich aus allen Kanälen quellenden Meldungen von niedergeknüppelten Demonstranten schon zu gewissen Abstumpfungserscheinungen geführt haben.

Zu hoffen ist allerdings vielmehr, dass die Ereignisse rund um die Präsidentschaftswahl und des im letzten Monat stattgefundenen Schauprozesses – in dem unter anderem einige Filmemacher unter Anklage standen – mehr und mehr Interesse geschürt haben an einem Land, dass zumeist reduziert wird auf starre patricharchale Strukturen, Menschenrechtsverstöße und eines zutiefst antisemitischen Präsidenten.

Mit einem Gesprächsforum zur aktuellen Lage und insgesamt 13 Filmen veranstaltet die Cinémathèque Leipzig in Zusammenarbeit mit eurient e. V. und der Heinrich Böll Stiftung die Iranischen Filmtage und zur Abwechslung wird ein differenzierter Blick auf dieses schwer zu durchschauende, widersprüchliche Land und seine Bewohner möglich.

Der Verlust eines antiken Teppichs, der angekündigte eigene Tod oder ein kurios geformter Fels, den es einen Abhang hinunterzustoßen gilt: Bei aller Verschiedenartigkeit in Tonart und Thematik nutzen die ausgewählten Spielfilme sehr offenkundig und äußerst geschickt Metaphern und Symbole, um die alltäglichen Repressionen durch das Regime zu benennen und mal mit verschmitzter Ironie, mal melancholisch-berührend an die grundsätzlichen Fragen des Lebens heranzugehen.

Bei den Dokumentarfilmen sticht Petr Loms »Letters to the President« hervor, aufgrund seines polarisierenden Potenzials und der umstrittenen Machart. Lom begibt sich hier auf den Grund von Ahmadinedschads volksnahestem Propagandamittel. Die Frage, ob er sich dabei nicht selbst zum Teil der Manipulationsstrategie macht, wird im Anschluss an die Filmvorführung sicher heiß zu diskutierender Gesprächstoff sein. Zutiefst mitreißend, wenngleich nicht nur fröhlich stimmend ist »Sonbol« von Niko Apel, das Porträt einer großartigen und faszinierenden Frau. Von Beruf Zahnärztin, fährt sie in ihrer Freizeit am liebsten Rallye, hat eine große Klappe – und muss als unverheiratete Frau bei ihren Eltern wohnen.

Leicht machen es sich die Filmemacher mit ihren zentralen Anliegen sicher nicht, jedoch muss man manchmal einfach dorthin gehen, wo es wehtut.


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