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Kinder & Familie

durchblättert

Die Kinderbuch-Ecke

  durchblättert | Die Kinderbuch-Ecke

Jeden Monat stellt die kreuzer-Kinderredaktion neue oder neu aufgelegte Bücher für große und kleine Leser vor. In diesem Monat mit »⇒ Fritzi war dabei«, »Die DDR. Eine Dokumentation« und »Liebeserklärungen – ein Sex-Buch«

Jeden Monat stellt die kreuzer-Kinderredaktion neue oder neu aufgelegte Bücher für große und kleine Leser vor. In diesem Monat mit »⇒ Fritzi war dabei«, »Die DDR. Eine Dokumentation« und »Liebeserklärungen – ein Sex-Buch«


Die Wende – eine geheimnisvolle Sache

Ich halte eine Wendewundergeschichte in den Händen. Ein Wunder – was ist das überhaupt? Am ehesten vermögen das wohl Kinder einzuordnen. Ich schaue bei Wikipedia nach: Ein Wunder ist ein Ereignis, dessen Zustandekommen sich niemand erklären kann, sodass es Verwunderung und Erstaunen auslöst. Und was hat nun die Wende mit einem Wunder zu tun? Genau das beschreibt Hanna Schott in »Fritzi war dabei«, ihrer Geschichte für Kinder zum momentan allgegenwärtigen Wende-Thema. Sie beschreibt wie Fritzi, ein neunjähriges Mädchen, den Herbst 1989 in Leipzig miterlebt. Auf knapp 80 Seiten schildert die Autorin die entscheidenden Wochen aus der Sicht des Kindes. Sie verdichtet die Ereignisse und erzählt in knapper Sprache das, was Fritzi bewegt: das erste Friedensgebet mit der Mutter und dem Bruder im September, das Aufrechthalten des Scheins in der Schule, die Differenzen zwischen den Eltern. Das Mädchen spürt, das sich etwas bewegt. Sie sieht die Bilder von den Montagsdemonstrationen im Fernsehen, weiß um ihre Mutter, die dort mit marschiert, hört von den Menschen, die über Ungarn oder Prag das Land verlassen. »Diese geheimnisvolle Sache mit Prag macht alle verrückt« steht da am Anfang eines Kapitels. Ja, auch die Kinder fühlen, dass da etwas in der Luft liegt. Etwas Großes geht vor sich. Schotts Stil, diese kleine Geschichte zu erzählen, berührt und bewegt Erwachsene gleichermaßen wie Kinder – spannend und realistisch, auch wenn man anfangs über kleine Unstimmigkeiten stolpert. Der Leiter einer Schule hieß in der DDR nun einmal nicht Rektor. Gerda Raidts Illustrationen harmonieren dabei perfekt mit dem Inhalt der Geschichte. Die Zeichnungen wechseln zwischen einzelnen Szenen, einer Kerze beispielsweise und großflächigen Darstellungen – dem Demonstrationszug am Montag. So wird die Dimension der Ereignisse vor 20 Jahren bildhaft und im Gleichklang mit Hanna Schotts Worten erklärbar. Letztendlich bleibt Jedem frei gestellt, in welche Kategorie er sie einstuft. Yvonne Strankmüller

→ Fritzi war dabei, Hanna Schott mit Illustrationen von Gerda Raidt, Klett Kinderbuchverlag 2009, 87 S., 9,90 €, ab 9 J.


Wissen, was die DDR war

Es gibt nicht viele Bücher, die sich vorgenommen haben, Jugendlichen Licht zu machen im Staate DDR. Das spiegelt den Trend wider, dass es unter Jugendlichen kaum DDR-Geschichtsbewusstsein gibt. Ob da ein Buch Abhilfe schaffen kann? Hermann Vinke, preisgekrönter Sachbuchautor und Journalist, hat die DDR sowie ihre Vor- und Nachgeschichte aufbereitet und für Jugendliche ab 13 Jahren in einer Art Lexikon gebündelt. Vinke schildert nüchtern die einzelnen Etappen der Geschichte, verknüpft sie mit Lebensläufen von Politikern und Funktionären. Von Ernst Thälmann ist die Rede, Wilhelm Pick, Frank Schöbel, Manfred Krug, Kurt Masur bis hin zu Gregor Gysi und Angela Merkel. Thematisch spannt Vinke einen Bogen vom Kalten Krieg zum Volksaufstand 1953 hin zur Berliner Mauer, bis zu jenen Schwertern, die zu Pflugscharen wurden und damit die friedliche Revolution einläuteten. Die Aufmachung erinnert an ein Geschichtsbuch der Schule. Biografien sind gelb unterlegt, die Zusammenfassung eines Kapitels rot. Das macht das Buch zum gelungenen Nachschlagewerk. Allein dem »Alles entscheidenden Jahr 1989« so der Titel eines Kapitels, sind knapp 20 Seiten gewidmet. Andere wesentliche Themen wie die Alltagskultur in der DDR, die pädagogischen Konzepte, die sogenannte Volksbildung, die Kunst und die Künstler oder die Rolle der Kirche in der DDR werden oft nur angerissen. So weiß man nach der Lektüre zwar, was für ein Staat die DDR war, nicht aber, wer die Menschen waren, die in ihm lebten. Interessant ist das Buch als Ergänzung zum Schulunterreicht dennoch, weil es wertungsfrei vermittelt. Es schafft außerdem aufzuzeigen, dass die DDR und vor allem ihr Ende mit der friedlichen Revolution, ein bedeutendes Kapitel gesamtdeutscher Geschichte ausmacht. Claudia Lindner

→ Die DDR. Eine Dokumentation mit zahlreichen Biografien und Abbildungen (Gebundene Ausgabe), Hermann Vinke, Ravensburger Buchverlag Otto Maier 2009, 256 S., 19,95 €, ab 13 J.


War das jetzt schon ein Orgasmus?

Ein Aufklärungsbuch ist »Liebeserklärungen« nicht. Steht ja auch »Sex-Buch« darauf. Wer es zur Hand nimmt, sollte sich etwas mit dem Gegenstand auskennen, denn sonst bekommt er heiße Ohren. Es gibt wohl kaum ein Thema, dass in den fünf Abschnitten nicht beleuchtet wird: das Vorher mit Liebesbriefen und feuchten Träumen, das Mittendrin mit allen Sexpraktiken im Dunkeln wie im Hellen, das Nachher mit Blasenentzündung und Zigarette danach und Unverhofft und Oft mit kopulierenden Eltern und nervigen Verehrern. Kein Text in »Liebeserklärungen« ist länger als zwei Seiten. Es handelt sich um Momentaufnahmen. Schlaglichter, die protokollarisch um einen Gegenstand kreisen. Manchmal sind diese Texte entwaffnend ehrlich wie die Berichte über das Coming Out. Bedrohlich erwachsen offenbaren sie verzwickte Abhängigkeiten in den Beziehungen zwischen Mann und Frau, wenn es zum Beispiel darum geht, dass vertrauliche Gespräche und innige Gedanken an einen Anderen oft mehr Fremdgehen sind als ein handfester One-Night-Stand. Leider kratzen manche Kapitel dann wieder nur an der Oberfläche. Große Themen werden nur lose angeteast, so dass der Leser buchstäblich unbefriedigt zurückbleibt. Es tauchen auch unnötige Klischees auf. Für den Mann zählen die Autoren fünf Sextypen auf, die Frau erschöpft sich dagegen in Romantikerin und Zicke. Romantiker sind übrigens diejenigen, die im Bett zu viel reden. Das sehen viele sicher anders. Unterhaltsam, nachdenklich und ehrlich nennt sich »Liebeserklärungen« auf dem Klappentext. Ist es auch zu großen Teilen. Aus diesen Erzählungen können Teenager ganz sicher mehr Klarheit über ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse gewinnen. Judith Burger

→ Liebeserklärungen – ein Sex-Buch, hrsg. von Franziska und Nikola Richter, Berlin Verlag 2009, 208 S., 14,90 €, ab 14 J.


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