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Kultur

»Danach muss jeder selber schwimmen«

Filmförderer Manfred Schmidt (MDM) erklärt, an wen er jährlich 12 Millionen Euro verteilt – und an wen nicht

  »Danach muss jeder selber schwimmen« | Filmförderer Manfred Schmidt (MDM) erklärt, an wen er jährlich 12 Millionen Euro verteilt – und an wen nicht

Seit ihrer Gründung vor über elf Jahren ist Manfred Schmidt der Geschäftsführer der in Leipzig ansässigen Mitteldeutschen Medienförderung (MDM). Geboren 1951 in Berlin, kam er übers Theater zum Film, arbeitete für die DEFA als Dramaturg und fürs MDR Fernsehen als stellvertretender Programmchef Kultur/Wissenschaft. Filminteressierte und Filmemacher, denen die Karriere erst noch bevorsteht, lädt die MDM zum Nachwuchstag am 17. Juni in den Volkspark Halle ein.

Seit ihrer Gründung vor über elf Jahren ist Manfred Schmidt der Geschäftsführer der in Leipzig ansässigen Mitteldeutschen Medienförderung (MDM). Geboren 1951 in Berlin, kam er übers Theater zum Film, arbeitete für die DEFA als Dramaturg und fürs MDR Fernsehen als stellvertretender Programmchef Kultur/Wissenschaft. Filminteressierte und Filmemacher, denen die Karriere erst noch bevorsteht, lädt die MDM zum Nachwuchstag am 17. Juni in den Volkspark Halle ein.

kreuzer: Sie verwalten einen jährlichen Etat von rund 12 Millionen Euro. Woher kommen diese Gelder?

MANFRED SCHMIDT: Das sind Steuer- und Gebührengelder, die größtenteils aus den drei mitteldeutschen Ländern stammen, daneben aber auch vom MDR und ZDF.

kreuzer: Öffentliche Gelder also. Welches öffentliche Interesse verfolgt denn die MDM?

SCHMIDT: Wir unterstützen die in Mitteldeutschland arbeitende Filmwirtschaft. Zu etwa 80 Prozent fördern wir Kinofilme, darüber hinaus Fernsehfilme und ein wenig Neue Medien, sprich Computerspiele. Unser Ziel ist sowohl ein kulturelles als auch ein wirtschaftliches. Wir sollen also zum einen das künstlerisch Wertvolle fördern und zur Identität der Region beitragen, zum anderen aber auch sogenannte Regionaleffekte auslösen. Daher muss die Fördersumme für das jeweilige Filmprojekt zu 100 Prozent in Mitteldeutschland ausgegeben werden. Gleichzeitig erhoffen wir uns aus dem jeweiligen Filmbudget noch weitere Ausgaben in der Region, was auch meistens der Fall ist. Der Effekt ist eine Stärkung der Infrastruktur.

kreuzer: Lockt das nicht auch Briefkastenfirmen an, die eigentlich in Berlin produzieren, sich aber von der MDM die Mietwagen aus Erfurt und das Catering aus Dresden finanzieren lassen?

SCHMIDT: Das sind doch bloß Gerüchte. Im Vergabeausschuss achten wir schon sehr genau auf die Qualität der Regionaleffekte und auch darauf, woher die Produzenten und das Filmteam überhaupt kommen.

kreuzer: Sind die kulturellen Ziele der MDM nicht er eher zweitrangig?

SCHMIDT: Man unterstellt uns ja häufig, rein wirtschaftlich zu fördern. Es ist aber ein Irrtum, zwischen kulturellen und wirtschaftlichen Filmförderungen zu unterscheiden. Alle Förderanstalten in Deutschland verfolgen immer beide Ziele.

kreuzer: Wenn die MDM auch nach künstlerischen Kriterien entscheidet, muss sie sich aber auch hier der Kritik stellen. Warum werden etwa Mainstreamfilme wie »Luther« gefördert, die die Unterstützung weit weniger benötigen als kleinere, künstlerisch anspruchsvollere Produktionen?

SCHMIDT: Sie gehören zur Vielfalt genauso dazu wie Debütfilme, Kurzfilme oder osteuropäische Produktionen, haben jedoch viel größere Regionaleffekte, indem sie hier oft das Dreifache unserer Fördersumme ausgeben. Außerdem binden sie viele Freelancer wie Kameraleute oder Cutter an die Region. Und schließlich locken Filme wie »Das weiße Band«, »Inglourious Basterds«, »Die Gräfin« oder »Der Vorleser« wiederum andere Produktionen nach Mitteldeutschland.

kreuzer: Wie steht die Region im bundesweiten Vergleich da?

SCHMIDT: Wir sehen uns nicht in Konkurrenz, sondern wissen um unser Profil. Natürlich sind Berlin und München stärkere Standorte als Leipzig – die haben aber auch viel mehr Einwohner, eine längere Filmtradition und höhere Fördersummen.

kreuzer: Und wie unterscheiden sich die Länder innerhalb der Region?

SCHMIDT: Thüringen setzt auf Kindermedien, Sachsen-Anhalt auf Neue Medien, Animation und Postproduktion. Sachsen hat kein klares Profil, ist aber am stärksten entwickelt. Man denke nur an die Dokwoche oder den MDR mit all den nahestehenden Produktionsfirmen …

kreuzer: … oder an die Kinowelt, die nun nach Berlin geht …

SCHMIDT: … was man nur bedauern kann.

kreuzer: Die Zukunft des Medienstandorts hängt in starkem Maße vom Filmnachwuchs ab. Seit ein paar Jahren setzt auch die MDM auf Nachwuchsförderung. Warum aber nur so wenig?

SCHMIDT: Wir tun doch eine ganze Menge, und zwar seit Anfang an. Nur richten sich unsere Angebote eher an jene Nachwuchsfilmer, die schon auf dem Sprung zur Professionalität sind. Für den sehr jungen Nachwuchs, der noch ganz am Anfang steht, veranstalten wir seit 2005 den MDM-Nachwuchstag. Das ist eine Kontaktbörse, bei der Projektideen präsentiert werden, sich Filmteams zusammenfinden und der Nachwuchs mit Produzenten und Fernsehredakteuren ins Gespräch kommt.

kreuzer: Der Nachwuchstag findet aber nur einmal im Jahr statt …

SCHMIDT: … was völlig ausreicht. Da muss man aber auch mal die Kirche im Dorf lassen. Wir kriegen jährlich gerade mal 20 bis 30 Projekte eingereicht.

kreuzer: Filmideen und Projekte entstehen aber das ganze Jahr hindurch – auch abseits des Nachwuchstags. Die schwache Qualität vieler Leipziger Nachwuchsfilme ließe sich durchaus ändern. Die MDM könnte zur zentralen Anlaufstelle für den Filmnachwuchs werden und die diversen Filminitiativen und Hochschulprojekte in einem Netzwerk koordinieren. Wenn nicht die MDM, wer dann?

SCHMIDT: Aber warum?

kreuzer: Weil das den regionalen Nachwuchs stärken würde und somit die Infrastruktur.

SCHMIDT: Damit wären wir wirklich überfordert. Zuallererst muss doch der Einzelne seinen Hintern hochbekommen und sich dorthin bewegen, wo er eine erste fachliche Anleitung bekommt. Wir können ja nicht erklären, wie man ein Projekt entwickelt. Und was die MDM wirklich nicht ist, ist so eine Art Videowerkstatt zum Ausprobieren. Stattdessen fühlen wir uns für jene verantwortlich, die einen Schritt weiter gehen. Dabei stehen wir auch gerne mit einem Beratungsgespräch zur Filmförderung zur Verfügung. Aber danach muss jeder selber schwimmen.


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