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Kultur

Kleinster musikalischer Nenner

Das diesjährige Bachfest balanciert zwischen den Kennern Alter Musik und den Laienhörern

  Kleinster musikalischer Nenner | Das diesjährige Bachfest balanciert zwischen den Kennern Alter Musik und den Laienhörern

Woran merkt man in Leipzig, dass der Sommer naht? An den unzähligen Plakaten des Thomaskantors, von denen er mit strengem Blick auf sein bevorstehendes Ehrenfest hinweist. Ab dem 11. Juni ist es also wieder so weit. 10 Tage lang wird dann Bach hoch und runter gespielt. Wer allerdings bei der bloßen Erwähnung dieses Namens schon in akute Langeweile verfällt, der dürfte überrascht sein, in welch farbenfrohen Variationen man den Komponisten immer wieder neu zu entdecken versucht.

Woran merkt man in Leipzig, dass der Sommer naht? An den unzähligen Plakaten des Thomaskantors, von denen er mit strengem Blick auf sein bevorstehendes Ehrenfest hinweist. Ab dem 11. Juni ist es also wieder so weit. 10 Tage lang wird dann Bach hoch und runter gespielt. Wer allerdings bei der bloßen Erwähnung dieses Namens schon in akute Langeweile verfällt, der dürfte überrascht sein, in welch farbenfrohen Variationen man den Komponisten immer wieder neu zu entdecken versucht.

Von großen Orgelkonzerten und Kammermusik über Familienveranstaltungen bis hin zu musikalischen Gottesdiensten und Vorträgen: Das wichtigste Leipziger Musikmonument wird beim Bachfest in allen Facetten durchdekliniert. Da Bach allein auf Dauer aber zu einseitig wäre, stellt man ihm unter dem Motto »Bach, Schumann und Brahms« zwei Romantiker zur Seite, die eng mit seinem Schaffen verbunden waren und das Programm deutlich auflockern. Ein Höhepunkt des Festivals dürfte die Wiederaufführung einer 300 Jahre verschollenen Oper werden. »Die Lybische Talestris« von Johann David Heinichen ist die einzige vollständig erhaltene Barockoper aus Leipzig. Die Neuinterpretation des 1709 uraufgeführten Werkes wird unter anderem durch Studierende mitteldeutscher Musikhochschulen sowie Sänger und Tänzer der HMT umgesetzt. Als angemessene Spielstätte wählte man das Goethe-Theater in Bad Lauchstädt, das mit seinem historischen Ambiente sicherlich die 90-minütige Anreise von Leipzig rechtfertigt.

Darüber hinaus bietet das Festival auch ein Programm für weniger strenge Ohren. Zum Beispiel auf dem Augustusplatz bei »Bach on Air«. Nachdem sich dort in den vergangenen Jahren Till Brönner, Nils Landgren und zuletzt Nigel Kennedy die Ehre gaben, muss das Open Air diesmal jedoch ohne hochkarätige Besetzung auskommen. Die im gedruckten Programmheft angekündigte Sopranistin Barbara Hendricks und Band sagte kurz­fristig ihre Teilnahme ab. Unter dem Titel B.A.C.H. – Bach Alternative Compositions on Historical Basis soll auch die »subkulturelle« Seite des Bachfestes gezeigt werden. Der Norweger Bugge Wesseltoft lässt im Werk II klassischen Jazz mit elektronischer Musik verschmelzen und nutzt dabei 4-To-The-Floor-Beats, Improvisation und DJ Techniken.

Familienfreundlich zeigt sich das Festival auf vielen, meist kostenlosen Kinderveranstaltungen, wie der Konzertreihe »Bachfest spontan«, in der Thomaskantor Georg Christoph Biller, Tobias Künzel und andere Gäste frei improvisierend mit dem Publikum singen. Der festivaleigene Familientag bietet neben Tanz und Spiel die Papiertheater-Inszenierung »Küsse, Grütze, Nachtigall« nach Hans Christian Andersen mit Liedern von Robert Schumann.

Bereits seit 1900 vergibt die Neue Bachgesellschaft e. V. die Ehre der Ausrichtung eines Bachfestes an verschiedene deutsche und europäische Städte. Leipzig ist wegen seiner herausragenden Bedeutung für Bach alle fünf Jahre an der Reihe, so auch 2010. Doch Ende der Neunziger wollte man in der Messestadt mehr und ließ deshalb ein jährliches Bachfest durch das städtische Bach-Archiv ausrichten.

Das Bachfest Leipzig versucht den Spagat zwischen einem spezialisierten Programm für Kenner der Alten Musik und verschiedensten modernen, oft leicht verdaulichen Annäherungen an Bach. Immer wieder gelingt es den Organisatoren, Kooperationen mit nahezu allen Leipziger Musikinstitutionen einzugehen oder zumindest deren Veranstaltungen ins eigene Konzept zu integrieren, so dass am Ende ein beachtliches Programm entsteht. Dabei hilft sicherlich die unumstrittene Rolle des Komponisten. Bach ist eben doch der kleinste gemeinsame Nenner der Musikstadt Leipzig.


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