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Kultur

Die Kamera als Waffe

Jung gestorben, zum Vorbild stilisiert und vergessen: Die Fotoreporterin Gerda Taro wäre diesen Monat 100 geworden

  Die Kamera als Waffe | Jung gestorben, zum Vorbild stilisiert und vergessen: Die Fotoreporterin Gerda Taro wäre diesen Monat 100 geworden

Leipzig ist die einzige Stadt, in der es eine Tarostraße gibt. Sie liegt im Neubaugebiet jenseits des Bayerischen Bahnhofs. Am Straßenanfang stand bis kurz nach der Wende zwischen den massigen Wohnblocks ein kleines Blechschild, das Aufschluss über die Herkunft des Straßennamens gab. Es trug die Aufschrift: Gerda Taro, Jungkommunistin, Mitbegründerin der Internationalen Brigaden, 1937 im Kampf gegen den Faschismus in Spanien gefallen.

Leipzig ist die einzige Stadt, in der es eine Tarostraße gibt. Sie liegt im Neubaugebiet jenseits des Bayerischen Bahnhofs. Am Straßenanfang stand bis kurz nach der Wende zwischen den massigen Wohnblocks ein kleines Blechschild, das Aufschluss über die Herkunft des Straßennamens gab. Es trug die Aufschrift: Gerda Taro, Jungkommunistin, Mitbegründerin der Internationalen Brigaden, 1937 im Kampf gegen den Faschismus in Spanien gefallen.

Die Leipzigerin Dina Gelbke hatte dafür gesorgt, dass man in der Stadt an sie erinnerte. Gerda Taro, die jung gestorbene, schöne Kriegsreporterin, sollte ein faszinierendes Vorbild für die DDR-Jugend werden. Auf dem Leipziger Südfriedhof fand sie Aufnahme in die Gedenkmauer der Antifaschisten, 1970 wurde die heutige Tarostraße nach ihr benannt – allerdings ohne Vornamen. Ein weiteres Detail fehlte in der offiziellen Erinnerungspolitik: Gerda Taro war polnische Jüdin. Sie wurde am 1. August 1910 in Stuttgart geboren und zog 1929 mit ihrer Familie nach Leipzig. Hier wurde sie politisiert und 1933 von den Nazis kurzzeitig eingesperrt. Nach ihrer Freilassung floh sie nach Paris, wo sie André Friedmann traf, der später unter dem Namen Robert Capa (kreuzer 04/10) zum berühmtesten Kriegsreporter der Welt wurde. Die beiden wurden ein Liebespaar und zogen 1936 mit ihren Kameras in den Spanischen Bürgerkrieg, um von der Front für den gerade expandierenden Illustriertenmarkt in Europa und den USA zu berichten.

Am 25. Juli 1937 wurde Gerda Taro in der Nähe von Madrid bei einem Angriff von einem Panzer überrollt. Er riss sie vom Trittbrett des Tourenwagens, mit dem sie aus der Kampfregion flüchten wollte. Einen Tag später erlag sie ihren Verletzungen. Am 1. August 1937, an ihrem 27. Geburtstag, wurde sie mit einer pompösen Trauerfeier auf dem Père Lachaise in Paris beigesetzt. Die Kommunistische Partei Frankreichs stilisierte sie, die nie Mitglied der KP gewesen war, zur Märtyrerin.

Als Fotografin stand sie lange im Schatten von Robert Capa. Nach ihrem Tod wurden ihre Fotos häufig seinem Werk zugeschlagen. Erst dank der sorgfältigen Aufarbeitung der Bilder in den letzten Jahren durch Taros Biografin Irme Schaber werden Taro heute mehr als 500 Fotos zugeschrieben. Inzwischen interessiert sich auch Hollywood für die Taro-Capa-Story mit ihren Zutaten Liebe und Draufgängertum. Regisseur Michael Mann bereitet gerade einen Spielfilm über die beiden Pioniere der Kriegsreportage vor.


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