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Neue Ladenhüter

Wächterläden animieren Leipzigs totgesagte Hauptstraßen

  Neue Ladenhüter | Wächterläden animieren Leipzigs totgesagte Hauptstraßen

Große gelbe Banderolen vor unsanierten Gründerzeitfassaden sind die längste Zeit das alleinige Erkennungszeichen von eigeninitiativem Verfallsschutz gewesen: Neben ganzen Wächterhäusern gibt es jetzt einzelne Wächterläden. Weil in Leipzigs Ausfallstraßen nach Norden, Osten und Westen viele Ladenlokale ungenutzt bleiben, hat die Stadt die Gebäudevermittler vom Verein Haushalten beauftragt, sanierte und unsanierte leerstehende Läden an den Mann zu bringen.

Große gelbe Banderolen vor unsanierten Gründerzeitfassaden sind die längste Zeit das alleinige Erkennungszeichen von eigeninitiativem Verfallsschutz gewesen: Neben ganzen Wächterhäusern gibt es jetzt einzelne Wächterläden. Weil in Leipzigs Ausfallstraßen nach Norden, Osten und Westen viele Ladenlokale ungenutzt bleiben, hat die Stadt die Gebäudevermittler vom Verein Haushalten beauftragt, sanierte und unsanierte leerstehende Läden an den Mann zu bringen.

Vielfältig dürfen die Geschäftskonzepte sein: Von Schaufenstergestaltung bis Nagelstudio ist alles erlaubt, was die Magistralen belebt. Obwohl die Ausschreibung gezielt den kommerziellen Einzelhandel anspricht, ziehen die Wächterläden bisher vor allem die kreative Klasse an. Professionelle Selbermacher freuen sich über viel Platz für wenig Geld.

Mitte August eröffnet Monica Sheets in der Georg-Schwarz-Straße ein öffentliches DDR-Archiv für Zeitzeugen und Alltagswissenschaftler. Fotografien und Objekte sollen Besuchern den Zugang zu Erinnerungen erleichtern. Den Ostalgie-Vorwurf denkt die Künstlerin aus Ohio dabei bewusst mit. Ihr »Fundbuero« möchte ein Freiraum für die Ambivalenzen der DDR-Erinnerungskultur zwischen Sehnsucht und Verdammung sein. Drei Tage in der Woche und bei Sonderveranstaltungen findet ein gemeinsames Streiten um gegenseitiges Verstehen statt. »Es klingt ein bisschen grandios«, erklärt die neue Ladennutzerin ihr offenes Oral-History-Projekt, »aber es geht mir um eine gerechtere Gesellschaft.«

Eine ähnliche Pluralität legt der Kunstraum Omega III in der Eisenbahnstraße an den Tag. Hinter bunt bemalten Schaufenstern bringt die Ausstellungsfläche im Betonputzschick Kunst von Außenseitern in einen zum Randgebiet erklärten Stadtteil. »Am Rande ist die Gesellschaft am vitaminreichsten«, befindet Rosi Haase vom Verein Durchblick, der seit Jahrzehnten Psychiatriebetroffenen zu künstlerischem Ausdruck verhilft. Das interessiert auch die Volkmarsdorfer. Was nach dem Sommer in dem Laden ohne Strom und Wasser passiert? Aus der multikulturellen Nachbarschaft kommen schon rege Vorschläge.


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