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Kultur

»Ich wollte kein Happy-End«

Patrick Banush über sein Debüt »Die Liebe und Viktor«

  »Ich wollte kein Happy-End« | Patrick Banush über sein Debüt »Die Liebe und Viktor«

»Die Liebe und Viktor« ist eine lockerleichte Independent-Komödie über einen jungen Mann, der frustriert der Liebe den Krieg erklärt und nun wie einst Don Quichotte auf große Reise gehen will. Und da La Mancha zu weit weg ist, muss der Stadtpark um die Ecke herhalten und statt auf Pferd und Esel wird auf Fahrrädern durch den sommerlichen Berliner Kiez geritten. Am Freitag ist der Film im LURU-Kino in der Spinnerei zu sehen – im Interview erzählt Regisseur Patrick Banush von den Hürden der Filmbranche und seiner inspirierenden Begegnung mit Cervantes »Don Quichotte«.

Gerade erst hat Patrick Banush für sein Radiofeature »Lost In Music. Die Cornel Chiriac-Story« zwei der begehrtesten internationalen Hörfunkpreise erhalten: den Prix italia 2009 für das weltweit originellste und den Prix Europa 2009 für das beste europäische Radiofeature. Davor schrieb Banush hauptsächlich Gags und Sketche für Komiker wie Harald Schmidt und Anke Engelke oder arbeitete als Drehbuchlektor, Werbetexter und Musiker.

Zwischendurch hat er noch einen kleinen Film gemacht: »Die Liebe und Viktor« – eine lockerleichte Independent-Komödie über einen jungen Mann, der frustriert der Liebe den Krieg erklärt und nun wie einst Don Quichotte auf große Reise gehen will. Sein bester Kumpel Otto begleitet ihn als Sancho Panza. Da La Mancha zu weit weg ist, muss der Stadtpark um die Ecke als große Abenteuerwiese herhalten und statt Pferd und Esel »reiten« sie auf ihren Fahrrädern durch den sommerlichen Berliner Kiez. Im Interview erzählt Patrick Banush von den Hürden der Filmbranche und seiner inspirierenden Begegnung mit Cervantes »Don Quichotte«.

kreuzer: Sie haben die Filmhochschule nach nur einem Jahr wieder verlassen. Warum eigentlich?

PATRICK BANUSH: Ich habe Anfang der 1990er mal kurz Regie an der Filmhochschule München studiert. Aber das war echt ein unlustiger Haufen dort.

kreuzer: Was war denn so furchtbar?

BANUSH: Ich will damit nicht langweilen, aber das ist alles so ein großes staatliches System, total verschult und verkopft. Ich mochte das einfach nicht. Als Anfänger denkt man noch: »Oh wie toll, hier lerne ich jetzt was.« Das ist sicher auch so. Aber es gibt überhaupt keine Aufbruchsstimmung, keine Freiräume. Das ist nicht so, dass die jungen Leute sich verwirklichen oder was verrücktes machen können. Ein Film muss immer unglaublich viel Geld kosten, da müssen viele Leute mitmachen und Förderungen vorhanden sein. Das lähmt natürlich alles. Ich weiß nicht, ob das heute noch so ist. Wahrscheinlich schon, die Strukturen sind ja die gleichen geblieben. Von denen, mit den ich damals studiert habe, haben vielleicht zwei einen längeren Filme gemacht.

kreuzer: ...und Sie, obwohl Sie das Studium abgebrochen haben. War »Die Liebe und Viktor« ein später Befreiungsschlag aus den damaligen Zwängen?

BANUSH: Das war eher eine Art Rache. Das hat auch echt lange gedauert, bis ich nach meinem Ausflug an die Filmhochschule tatsächlich noch einen Film gemacht habe. Ich hatte einfach den Mut verloren und wirklich Angst, niemals einen langen Film machen zu können. Alles, was einem an der Filmhochschule beigebracht wurde, ist, dass Filmemachen freudlos und kompliziert ist. Jede Idee steht und fällt mit dem Geld.

kreuzer: Haben Sie deswegen Ihr Debüt ganz ohne Filmförderungen realisiert?

BANUSH: Ganz zum Schluss, als alles schon stand, haben wir noch etwas Geld beantragt, aber da ging es nur um 20.000 Euro. Das ist echt ein Witz. Da standen die Drehtermine längst fest. Förderung hin oder her, wir hätten auf jeden Fall gedreht. Ich hatte einfach große Lust auf das Projekt und wollte außerdem meine Freiheit in jeglicher Hinsicht haben. Ich habe aber auch beim Drehbuchschreiben darauf geachtet, dass sich alles möglichst leicht umsetzen lässt. Die Szenen spielen in einem Park oder in einer Wohnung. Als ich auf der Suche nach einem Produzenten war, hat mich dann ein Freund angesprochen und gemeint: »Komm', lass uns jeder 5.000 Euro dazu geben.« Und dann ging es los.

kreuzer: Viktor ist reichlich frustriert und hat den Glauben an die Liebe längst begraben. Die Message Ihres Filmes lautet: Die Liebe gibt es eigentlich gar nicht. Wie kommen Sie denn darauf?

BANUSH: Das Thema ist eigentlich ein alter Schuh. Als ich vor drei Jahren das Drehbuch schrieb, hatte ich schon eine miese Zeit, was für das Schreiben selbst ganz gut war. Ich hatte ein bisschen recherchiert und bin auf diese Forschungen gestoßen, die die Liebe chemisch erklären. Aber darum geht es mir im Film eigentlich gar nicht. Es ist ja klar, dass Liebe eine chemische Sache ist, und es ist auch klar, dass Liebe für jeden Einzelnen natürlich viel mehr ist. Die Ausgangsidee war, einen Nerd zu erfinden, der das Ganze trotzdem ganz konsequent umsetzt und hinaus in die weite Welt zieht, um gegen die Liebe zu kämpfen. Irgendwann habe ich zufällig im »Don Quichotte« von Cervantes geblättert und darin eine Szene gefunden, die genau so auch bei mir im Drehbuch stand. Die Geschichte hat sich einfach entwickelt, ich wusste am Anfang nicht wohin das geht.

kreuzer: Viktor wandelt auf den Spuren Don Quichottes. Was hat Sie an Cervantes Weltenbummler so fasziniert?

BANUSH: Das Buch gilt als der erste moderne Roman, in dem die Hauptfigur als Individuum dargestellt wurde. Jemand, der monatelang depressiv in seiner Bude sitzt und nur diese alten Bücher liest. Das war einerseits eine Parodie auf die alten Ritterromane, andererseits aber auch sehr moralisch: da schafft es einer, irgendwie frei zu sein.

kreuzer: Wo genau liegen die Parallelen zwischen dem Roman und Ihrem Film?

BANUSH: Beide, also Viktor und Quichotte, haben einen Assistenten. Quichotte hat Sancho Panza und Viktor seinen besten Freund Otto. Der Psychiater im Film entspricht einer Figur im Roman, auf die sie im Wald treffen und die starken Liebeskummer hat. Die Brautentführung gibt es bei Cervantes, genauso wie den Brief den Viktor und Otto der Klara schreiben. Quichotte steht eines Nachts nackt auf einem Hügel und diktiert Sancho Panzer einen Liebesbrief an seine Dulcinea. Und das hat alles auch so zu meiner Viktorgeschichte gepasst. Irgendwann habe ich tatsächlich einfach abgeschrieben. Der Baumarkt kommt im Roman allerdings nicht vor.

kreuzer: Genauso wie bei Cervantes gibt es für Viktor letztlich kein Happy-End?

BANUSH: Ich wollte kein Happy-End. Das wäre ein Verrat an der Figur gewesen! Aber das scheint ja auch in anderen Filmen derzeit, wie dem letzten von Tom Tykwer, »Drei«, ein großes Thema zu sein, diese alternativen Lebenskonzepte. Da passt mein Film doch ganz gut rein.


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