anzeige
anzeige
Kultur

Pampers und Vogelhäuschen

Ein Jahr lang haben Erik Weiser und Moritz Frei an Gewinnspielen teilgenommen – nun wird alles zu Kunst

  Pampers und Vogelhäuschen | Ein Jahr lang haben Erik Weiser und Moritz Frei an Gewinnspielen teilgenommen – nun wird alles zu Kunst

7.000 Gewinnspiele, am Ende 29 dürftige Gewinne – das ist die Bilanz des Kunstgewinnspiels. Zwei Stunden pro Tag, zwölf Monate lang haben Weiser und Frei Teilnahmekarten ausgefüllt, im Internet gezockt und um alles gespielt, was der Gewinnspielmarkt hergab. Ihre konsequent zu Kunst verarbeiteten Gewinne stellen sie nun in ihrem Kunstraum Benjamin Richard im Tapetenwerk aus.

Cornflakes sind ein Gewinn für jeden Frühstückstisch, »vollnussig, honigsüß und dabei so wunderbar crunchig«. Das gibt Kraft, behauptet die Werbung. Und falls jemand nicht wissen sollte, wohin er in den Sommerferien fahren soll, helfen sie natürlich auch weiter. »Frühstück auf dem Gletscher oder unterm Eiffelturm? Original VW-Bus zu gewinnen!«, steht auf der Verpackung.

Erik Weiser und Moritz Frei können solche Werbetexte im Schlaf herbeten, denn die beiden Leipziger haben im letzten Jahr an über 7.000 Gewinnspielen teilgenommen (kreuzer 03/2010). Im Namen der Kunst, versteht sich, und nicht für den eigenen Wohlstand. »Wir hätten für unser Kunstgewinnspiel auch ein Auto zerlegt«, sagt Weiser. Tatsächlich stehen im Kunst­raum Benjamin Richard, in dem die beiden Künstler nun ihre Gewinne ausstellen, ein sportlicher Kinderwagen, ein Stapel Pampers, ein schnittiger Hometrainer, eine Biokiste und ein hübsches Vogelhäuschen. 29 dürftige Gewinne haben sie eingefahren, nun sind diese konsequent zu Kunst verarbeitet. Allein dem Kinderwagen hat Weiser viele Stunden gewidmet, und jede Menge Farbschichten. Nun erstrahlt er in schönstem Weiß, passend zur Wand­farbe im Kunstraum.

Im Netz konnte man ihre Jagd nach iPhones, Wii-Kon­solen und Südseereisen verfolgen. »Wir haben oft erst kurz vor Schluss an den Spielen teilgenommen, das sollte die Gewinnchancen erhöhen.« Genutzt hat es nichts, kein einziger hochwertiger Gewinn flatterte ins Haus. Nicht selten wurden Spiele kurz vor Schluss und ohne Erklärung eingestellt. »Ganz klar, da ging es nur ums Datensammeln«, sagt Weiser. Was sie statt toller Gewinne wirklich tausendfach bekommen haben, war Spam: »Unsere Mailfächer waren voll davon. Gewinnspiele sind Marketing, nichts anderes.« Auch diese Werbemails würden sie nun gern ausstellen, als riesigen Papierturm aus min­destens 20.000 Blättern. Nur hat sich lei­der kein Sponsor gefunden, der den Druck finanziert.


Kommentieren


0 Kommentar(e)