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Filmkritik

Staatsübergreifende Freundschaften

Danny Boons neuer Film »Nichts zu verzollen« erinnert an alte Gendarme-Komödien

  Staatsübergreifende Freundschaften | Danny Boons neuer Film »Nichts zu verzollen« erinnert an alte Gendarme-Komödien

»Willkommen bei den Sch'tis« von und mit Dany Boon war auch hierzulande ein Riesenerfolg. In seiner neuen Komödie »Nichts zu verzollen« steht der Franzose wieder vor und hinter der Kamera und erzählt von Vorurteilen. Dieses Mal platziert er sie im Leben zweier Zöllner an einem französisch-belgischen Grenzübergang.

Mit »Willkommen bei den Sch’tis« gelang Dany Boon vor drei Jahren der größte Überraschungserfolg der französischen Filmgeschichte. Über 20 Millionen Zuschauer – fast ein Drittel der Bevölkerung – lockte die Geschichte eines südfranzösischen Postlers, der in den hohen Norden strafversetzt wird, in die heimischen Kinos. Aber auch in Deutschland war die harmlose Komödie, die eines der seltenen Beispiele für eine sehr gelungene und originelle Synchronisation ist, mit 2,3 Millionen verkauften Tickets ein echter Hit. Nun legt Boon mit »Nichts zu verzollen« noch einmal nach und auch hier geht es um die allmähliche Auflösung von Vorurteilen.

Bei den »Sch’tis« war es der arrogante Südfranzose, den die Bewohner der Normandie mit ihrem herzlichen Wesen solange in die Arme schlossen, bis der Mittelmeermensch nicht mehr weg wollte von der kalten Atlantikküste. In »Nichts zu verzollen« reist Boon nur ein paar Kilometer weiter in das französisch-belgische Grenzstädtchen Corquain, wo zwei verfeindete Zöllner durch das Schengener Abkommen in eine staatsübergreifende Freundschaft hineingezwungen werden. Der Belgier Ruben Vandevoorde (Benoît Poelvoorde) hasst die Franzosen und verteidigt als Zollbeamter seine Heimat mit intensiven Pass- und Kofferraumkontrollen gegen die Invasion der »Camemberts«, die täglich nur zum Tanken in sein geliebtes Vaterland fahren. Für den krankhaften Patrioten, der nachts auf dem Acker heimlich die Grenzpfosten verschiebt und sogar den Himmel als nationales Territorium betrachtet, bricht eine Welt zusammen, als 1993 die Grenzkontrollen zwischen den beiden Staaten aufgehoben werden. Auch der weniger fanatische Kollege vom französischen Zoll Mathias Ducatel (Dany Boon) sieht den Veränderungen am Arbeitsplatz mit Sorge entgegen, kann dem europäischen Binnenmarkt aber auch Positives abgewinnen. Schließlich ist Ducatel schon seit Jahren heimlich mit der Belgierin Louise (Julie Bernard) liiert - der Schwester von Ruben Vandevoorde. Als die beiden Zöllner zu einer binationalen Einsatzgruppe zusammengefasst werden und mit einem klapprigen Renault 4 auf Schmugglerjagd gehen, versucht Ducatel mit seinem zukünftigen Schwager und der belgischen Sippschaft anzubändeln.

Auch in »Nichts zu verzollen« arbeitet Dany Boon mit demselben harmlosen und zutiefst unzynischen Humor, der schon die »Sch’tis« zum Erfolg geleitete. Allerdings leistet sich der Film mit dem rassistischen Zöllner eine Negativfigur, die zur Karikatur überzeichnet wird und weniger leicht ins humanistische Weltbild von Boons Komödie integriert werden kann. Der belgische Komiker Benoît Poelvoorde (»Mann beißt Hund«) wandelt hier als cholerischer Charakter mit hohem körperlichen und mimischen Einsatz deutlich auf den Spuren von Louis de Funès und die uniformierten Zöllner erinnern an das alte, beliebte Genre der französischen Gendarme-Komödien. Das Konzept den Rassismus am französisch-belgischen Exempel, wo kaum ethnische Unterschiede auszumachen sind, ad absurdum zu führen, ist durchaus schlüssig, erlaubt Boon aber auch das bittere Thema auf harmloseste Weise humorvoll zu behandeln. Das ist manchmal saukomisch, schreckt vor Slapstick-Einlagen nicht zurück, bleibt aber in seiner Lustspielstruktur einer etwas ermüdenden Übersichtlichkeit verpflichtet, die das Publikum keinesfalls überfordern will. Bei allen humanistischen Wohlfühlansprüchen ist Boon allerdings nicht so naiv zu glauben, dass sich Rassismus durch Freundschaft therapieren lässt. Am Ende sind der Belgier und der Franzose zwar beste Kumpel, aber Vandevoorde hat schon längst ein neues Feindbild gefunden, auf das er Zorn und Vorurteile projizieren kann.


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