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Filmkritik

Bäumchen, wechsel dich!

In der Komödie »Mein bester Feind« sind sich Nazis und Juden zum Verwechseln ähnlich

  Bäumchen, wechsel dich! | In der Komödie »Mein bester Feind« sind sich Nazis und Juden zum Verwechseln ähnlich

Mit »Mein bester Feind« inszeniert der österreichische Regisseur Wolfgang Murnberger (»Der Kochenmann«) eine klassische Verwechslungskomödie vor dem historischen Hintergrund vom Holocaust und Zweitem Weltkrieg.

»Du Judensau! Du dreckiges Judenschwein, du!«, wettert Rudi Smekal (Georg Friedrich), der einen Davidstern auf dem KZ-Anzug trägt. »Selber«, entgegnet Victor Kaufmann (Moritz Bleibtreu), der gerade in die SS-Uniform geschlüpft ist, mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht. Eigentlich sind die beiden seit Kindertagen beste Freunde. Victor Kaufmann ist der Sohn eines jüdischen Kunsthändlers in Wien und Rudi wuchs als Sohn der Hausbesorgerin nach dem Tod der Mutter in der wohlhabenden Familie auf. Aber dann kam der »Anschluss« Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland und Rudi ist mit den neuen Machthabern und einer schicken SS-Uniform »auf die Butterseite« des Lebens gewechselt. Die Kaufmanns sind in Besitz einer Zeichnung von Michelangelo, auf die die Nazis besonders scharf sind. Mit Rudis Hilfe wird das wertvolle Kunstwerk beschlagnahmt und die Kaufmanns ins KZ deportiert, während Rudi in deren Villa einzieht und sich sogar mit Victors Freundin Lena (Ursula Strauss) verlobt. Aber der alte Kaufmann (Udo Samel) hat den Nazis eine Kopie untergejubelt, was erst Jahre später herauskommt, als das Dritte Reich unter den Bombardierungen der Alliierten schon kräftig wackelt und dem italienischen Duce vom deutschen Führer das Kunstwerk als Geste faschistischer Verbrüderung überreicht werden soll. Um eine große diplomatische Krise innerhalb des Achsenbündnisses zu verhindern, soll Rudi Victor aus dem KZ nach Berlin holen, weil der Sohn des im Lager verstorbenen Kunsthändlers als einziger wissen kann, wo sich das Original befindet. Aber auf dem Weg in die Hauptstadt wird das Flugzeug von Partisanen abgeschossen. Nur Victor und Rudi überleben und aus Angst vor den Widerstandskämpfern zieht Rudi die KZ-Lumpen seines ehemaligen Freundes an. Aber es sind die Deutschen, die die Überlebenden des Absturzes bergen - und nun trägt Victor die SS-Uniform.

Mit »Mein bester Feind« inszeniert der österreichische Regisseur Wolfgang Murnberger (»Der Kochenmann«) eine klassische Verwechslungskomödie vor dem historischen Hintergrund vom Holocaust und Zweitem Weltkrieg. Dabei sieht sich der Film in der Tradition von Ernst Lubitschs »Sein oder Nichtsein« (1942) oder Chaplins »Der große Diktator« (1940), die einen gezielt respektlosen Umgang mit den Nationalsozialismus pflegten. Murnberger bemüht sich sichtbar um eine souveräne komödiantische Haltung zum belasteten historischen Sujet und entwickelt mit dramaturgischer Wendigkeit und schnellen pointenreichen Dialogen einen forschen, aber keinesfalls unbedachten, humorvollen Umgang. Nie lässt der Film sein Publikum vergessen, dass es sich auf dem Terrain der Komödie und nicht in einem historischen Dokudrama befindet. Dennoch hätte man sich die Angelegenheit, wenn man Murnbergers schwarzhumorische Werke wie »Komm süßer Tod« oder »Knochenmann« kennt, ein wenig bissiger vorstellen können und auch die Chuzpe, die Quentin Tarantino in »Inglourious Basterds« im Umgang mit der Historie bewiesen hat, wird man hier nicht finden. Aber als schlagfertige Komödie, in der die Juden einmal nicht nur als wehrlose Opfer dargestellt werden, funktioniert »Mein bester Feind« bestens. Moritz Bleibtreu genießt es sichtbar nach seiner Rolle als Goebbels in »Jud Süß« auf die andere Seite zu wechseln, aber vor allem Georg Friedrich überzeugt hier wieder einmal mit breitestem österreichischem Dialekt als bauernschlauer Nazi, der unweigerlich von den Konsequenzen seines Handelns eingeholt wird.


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