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Heavy Celeste

Schrott ist tot? Von wegen!

Was der Kultfilm »Tetsuo: The Iron Man« mit der Leipziger Band Bitchhammer zu tun hat

  Schrott ist tot? Von wegen! | Was der Kultfilm »Tetsuo: The Iron Man« mit der Leipziger Band Bitchhammer zu tun hat

Metall schlägt um sich: Junge Männer steigen in Leipzig wieder in Stretch-Jeans, streifen die knöchelhohen Turnschuhe über und schlackern in T-Shirts von Destruction herum. Wenn sich die Young-Thrasher durch den Moshpit schieben, sieht das noch etwas ungelenk aus, aber das wird schon. Ehrensache, dass das Haar lang getragen wird, gern mit Vokuhila-Anschnitt. Was modisch nicht gerade wie ein Erweckungserlebnis daherkommt, ist nur der hiesige Kulminationspunkt einer generellen Thrash-Metal-Wiedergeburt in der absoluten Old-School-Variante.

In die Auferstehung des Prügel-Metal ragt ein cineastisches Schrapnell, denn endlich erscheint auch in Deutschland jener Streifen auf DVD, welcher der stahlharten Akustik wie auf den Leib geschrieben steht: »Tetsuo: The Iron Man« (Rapid Eye Movies). Das Cyberpunk-Werk aus dem Jahr 1989 – Regie: Shinya Tsukamoto – macht buchstäblich aus einem Haufen Schrott einen very arty Movie, der an überästhetisierter Intensität, Verstörung und Absurdität in all der Zeit nichts verloren hat.

Metall-Fetischist trifft Iron Man: Der Film gibt sich wie eine postmoderne Rachefantasie. Ein in Stangen, Drähte, Gewinde vernarrtes Unfallopfer belegt den fahrerflüchtigen Täter mit einem Fluch, der ihn allmählich zur Menschmaschine werden lässt. Nach und nach verwandeln sich seine Innereien und Gliedmaßen, schießen Zahnräder, Streben, Bolzen aus seiner Haut hervor und er wird zu einem grotesken Mann aus Eisen. Man wohnt der metallischen Metamorphose in Perspektiven bei, die den Blick aufs Ganze selten preisgeben, hinter Gittern, Fenstern, Objekten hervorlugen und sich zum mäandernden Möbiusband aus Blut und Eisen fügen. Die Cyborg-Dystopie endet mit einem gottlosen Ausblick auf eine schöne, neue Maschinenwelt. – Schrott ist tot? Von wegen.

Ausgestattet mit einem größeren Budget, erschuf Tsukamoto mit »Tetsuo: Body Hammer« eine Art Remake. Auf Adaption und Nachahmung setzen auch Bitchhammer, Protagonisten des Leipziger Thrash-Metal-Revials. Die New Wave of Thrash Metal, die neue Prügelwelle, ist ja schon ein paar Jahre alt, aber ungebrochen. In Leipzig hat sich eine ganz junge Generation daran gemacht, an die Ära der Turnschuhmetaller zu erinnern – auch ein Eighties-Revival. Ein Sturmgeschütz dieser Leipziger ist das Trio Bitchhammer mit ihrem Kassetten-Werk – ja: das gute alte Tape – Namens »Doomblessed & Chaosborn«, das im Herbst letzten Jahres erschien. In knarzigem Geknüppel, hochtönendem Howling und schepperndem Sound offenbart sich die pure Freude an der alten Schule. Unbekümmert bedient sich Bitchhammer beim Songbau an den Klassikern, heraus hört man immer wieder Bekanntes. Originalität sieht anders aus, aber mitreißend ist das allemal, wie Basstard Priest, Jack Frost und Majesty Of Hell ihren speckigen Ranzen schnüren und die alte Welt aufleben lassen. Ihre Lust am Spiel fegt alle Zweifel an Kopie und Zitat einfach weg und entzückt nicht nur die junge Retrogarde. Von Zombietum keine Spur: Man muss einfach einmal live gesehen haben, wie lebendig das Trümmertrio Altbekanntes zu revitalisieren weiß. Bogus!


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1 Kommentar(e)

rocking'n'ricko 03.10.2011 | um 21:20 Uhr

hübscher text. da geht wohl doch noch was in sachen metal in le?