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Filmkritik

»Viel Spaß der Herr!«

Triptychon der Prostitution: Die Dokumentation »Whores’ Glory« porträtiert Huren in Thailand, Bangladesch und Mexiko

  »Viel Spaß der Herr!« | Triptychon der Prostitution: Die Dokumentation »Whores’ Glory« porträtiert Huren in Thailand, Bangladesch und Mexiko

»Wenn der Eiswürfel im Arsch ist, blöken die Männer wie die Ziegen.« – Es gibt Dinge, die will man gar nicht wissen. Und doch ist es angebracht, den Blick auf sie zu wenden – auch wenn es schmerzt. Das trifft ganz und gar auf »Whores' Glory« zu. In dem Dokumentarfilm (Regie: Michael Glawogger) treten eklige Welten an die Öffentlichkeit, die sonst – relativ – abgeschlossen sind. Zumindest für Frauen, wenn diese keine Huren sind.

Ohne Pathos, ohne Distanz nimmt die Kamera Prostituierte in Thailand, Bangladesch und Mexiko in den Blick und lässt sie erzählen. Beim »Fishtank« in Bangkok scheint das Verkaufen des eigenen Körpers ein ganz normaler Aspekt des Wirtschaftskreislaufs zu sein. Die Huren stempeln ihre Arbeitszeiten. Es gibt hauseigene Kosmetikerinnen, die für den Sitz von Haaren und Lidstrich sorgen. Wie in einem Aquarium reihen sich die Frauen hinter der Glasscheibe auf und präsentieren sich den Männern zur Auswahl – »Alles inklusive«. Ein Bediensteter spricht Empfehlungen aus – »Die 201 und 286 sind süß.«, »Ich kann ihnen schöne Körper und einen guten Service versprechen.«, »Viel Spaß der Herr!« – und Freier plaudern unbekümmert über die zwei Stunden »Glück«, die sie sich kaufen würden. Die jungen Frauen wiederum sprechen wie selbstverständlich über ihr Gewerbe. Zuhause würden ihre Männer ohnehin nur ständig Sex wollen, während es im Job nach einer halben Stunde vorbei sei und sie auch noch Geld verdienten.

»Als Frau zu überleben ist wirklich schwer. Warum gibt es keinen anderen Weg für uns Frauen?« – Verinnerlicht, keine andere Chance zu haben als der Prostitution nachzugehen, geben sich die Huren in der »Stadt der Freude«, Bangladesch, ihrem Schicksal hin. Das Huren vorbehaltene Viertel ist ein schäbiges Labyrinth auf mehreren Stockwerken, wo Frauen und Mädchen herumstehen und auf Männer warten, bevor das Feilschen beginnt. Zehn Freier nacheinander, so ist den Berichten zu entnehmen, sei täglich guter Durchschnitt für eine Arbeiterin im »Hurendorf«. Viele führen Pseudopartnerschaften mit hier häufig verkehrenden Männern, solange Geld da ist. Und doch zeigt sich bei ihnen auch eine Art von Stolz. »Wir sind Huren, keine braven Hausfrauen«, ruft eine, als ein Mann sie bedrängt.

Ausgelassen, selbstbestimmt, souverän treten die Frauen in der »Zone« auf, einem Quartier der Stadt Reynosa, Mexico. Limousinen und SUV cruisen durch die Straßen, Frauen und Mädchen vor Miniappartements preisen mit nackten Tatsachen eben diese an und ihre Selbstgewissheit erweist sich beim näheren Hinsehen als drogeninduziert. Crack & Co. lassen diese Frauen ihren Alltag ertragen. Über allem schwebt die Santa Muerta, der als Frau personifizierte Heilige Tod, der als Statue auf den Nachtischschränkchen und Tattoo durch die Zone geistert. »Hallo Puppe« – Auch hier ist die Sprach derb. Und in allen Weltregionen, so meint man zu sehen, ziehen Freier über ihre als spröde, frigide und verkrampfte, aber nett und lieb beschriebenen Frauen und Freundinnen her. Solche Klagen und das Lob der sexuellen Freizügigkeit der Huren eint alle drei Teile des Films. Auch das überall landläufige »Argument«, ohne Huren gäbe es exponentiell mehr Vergewaltigungen und keine Frau sei mehr sicher auf der Straße, taucht natürlich hier auf. Freier sind einfach überall Scheiße.

So unterschiedlich die Frauen in ihrer jeweils eigenen Wahrnehmung auch sind oder sich geben, sie alle haben die schnelle Nummer lieber und heißen kleine Penisse und Schnellspritzer absolut willkommen. Das alles sieht sich bitter in einem lakonisch gehaltenem Film, der ohne Off-Kommentar und Voyeurismus gestaltet ist und jenen vermeintlich erotisch-romantischen Touch verweigert, der sich in Berichte vom »ältesten Gewerbe der Welt« oftmals verklärend einschleicht. Erotik findet hier nicht statt. Und so ambivalent der Regisseur seinen Film auch verstanden wissen will, schreit aus den Szenen doch eins: Prostitution und sexuelle Ausbeutung mögen normal sein – normal aber, das zeigen die kaputten Psychen, ist das aber nicht.


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