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Kultur

Tumult um die wilde 13

Kein Nummernprogramm: Die Revue »Märchenhaft« rollt einen urkomisch-zauberhaften Roadmovie ins Krystallpalast Varieté

  Tumult um die wilde 13 | Kein Nummernprogramm: Die Revue »Märchenhaft« rollt einen urkomisch-zauberhaften Roadmovie ins Krystallpalast Varieté

Ein Knallprinz und die Grand Dame der Identitätskrise: Ines Agnes Krautwurst und Larsen Sechert verrücken im Krystallpalast Varieté die Märchenwelt.

»Vor Zeiten war ein König und eine Königin....«, »Stopp! Aufhören! Abbrechen!« Die 13. Fee will nicht mehr. Die weise Frau hat keine Lust mehr, ewiger Sündenbock zu sein und von allen gemieden zu werden. Einfach leid ist sie es, auf ewig die Ungeliebte zu geben und bricht aus dem Dornröschenreich aus. Ab durch die Hecke: Schon steht sie im Krystallpalast auf der Varieté-Bühne und gibt trällernd ihren Unmut kund.

Beim Auskosten ihrer neuen Freiheit ist die singende, klingende Fee – gegeben von Ines Agnes Krautwurst – nicht allein. Mit Larsen Sechert haben Grimms Märchen der Fee einen dödeligen Prinzen hinterhergeschickt, um sie zur Rückkehr zu überzeugen. Denn das Fehlen der Numero 13 hat die Märchenwelt gehörig durcheinandergebracht. Dornröschen kann nicht mehr schlafen und der ganze Hofstaat steht Kopf.

Weil Ines Agnes Krautwurst von Haus aus Jazz-Sängerin ist, hat sie ihren Pianisten Stephan König mit im Gepäck. Er arrangierte die Show-Musik, schrieb Stücke zum Teil neu und begleitet alle Artistikeinlagen live. Die durch die Reihe beeindruckenden Artisten sind ins Geschehen direkt eingebunden und gestalten auch die Spielszenen mit. So entsteht ein runder Abend, der über den Charakter einer bloßen Nummernshow weit hinaus geht. Denn bis die heile Fabelwelt wieder hergestellt ist, erleben Fee und Prinz auf ihrem Roadtrip reichlich Abenteuer und treffen auf allerhand Figuren, die mit besonderer Gabe gesegnet sind.

Ein Magier, dessen Namen man nicht aussprechen darf, plagt sich mit Gewichtsproblemen, bevor er eine Cocktail-Bar mit Geisterhand auffüllt. Der kleine Muck – per Green Card aus dem Hauff-Universum bei den Grimms zu Besuch – malt mundgeblasene Seifengebilde in den Raum. Als ein wahrer Kraftakt gibt ein durch und durch athletischer Froschkönig sein Stelldichein. Spielend finden Hans im Glück und Dornröschen beim Keulenwerfen zueinander und jonglieren Herz an Herz. Zunächst luftig in der Höhe schaukelnd, verwandelt sich die Glücksmarie in ihr pechschwarzes Alterego und gibt als Vamp den Pole-Dance. Und Rapunzel versteigt sich an den Multicordes – einer speziellen Vertikalseil-Variante – in einen atemberaubenden Tanz über den Köpfen des Publikums – so bringt sie den Prinzen um den Verstand. Mit diesem ist der Bekrönte vordergründig ohnehin nur spärlich ausgestattet. Doch brechen sich in seiner munteren Plauderei auch Seitenhiebe und Spitzen hinterrücks ihre Bahn, wenn er logisch losventiliert.

Auf einer leichten Trash-Ebene angelegt, driftet die witzelnde Moderation nie in die Kalaueruntiefen ab. Ines Agnes Krautwurst kann sich ab der ersten Sekunde als höchst sympathische Grand Dame in der Identitätskrise sehen lassen. Und Knallprinz Larsen Sechert beweist auch auf der Varieté-Bühne sein feinsinniges Gespür fürs Publikum. – Steht die Zahl 13 sonst für Unbehagen, in dieser Show symbolisiert sie den Glücksgriff.


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