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Konzertkritik

Cowboys im Horns

Die Fruit Bats kondensieren bei Ihrem Konzert zwei Jahrzehnte Musikgeschichte

  Cowboys im Horns | Die Fruit Bats kondensieren bei Ihrem Konzert zwei Jahrzehnte Musikgeschichte

Das Horns Erben ist nicht gerade die erste Adresse für Konzerte in Leipzig. Mit Gold Leaves und Fruit Bats fanden sich am Nikolaustag aber gleich zwei grandiose Projekte ein, um samtene Kondensstreifen auf die urige Holztäfelung im Konzertraum zu zaubern. Keyboarder, Sänger und Shins-Mitglied Eric D. Johnson erzählte dem kreuzer vorher, warum ihm Konzerte in Europa besser gefallen als in seiner Heimat USA.

Grant Olsen, der Mann hinter Gold Leaves und ein Teil von Arthur & Yu, beginnt den Abend und macht gleich alles richtig. Schön, wenn Singer/Songwriter-Songs auch noch nach zahllosen Singer/Songwriter-Song-Abenden begeistern und nicht schon wieder nach Wiederholung der Wiederholung klingen. Nach einigen Solo-Stücken gesellen sich die Mitglieder von Fruit Bats zum ihm, um bei den restlichen Stücken zu assistieren. Nach dreieinhalb Takten ist klar, wohin die Reise geht: Zu stimmungsvollem Folk-Pop allererster Güteklasse. Olsens auf seltsame Weise zugleich schwelgerische und distanzierte Stimme zieht einen umgehend in ihren Bann. Und die Kollegen von Fruit Bats setzen die Höhepunkte präzise, auch wenn die Outros zum Teil etwas holpern, da die Musiker nur auf Tour aushelfen.

Nach geringfügig veränderter Besetzung geht es mit Fruit Bats nahtlos da weiter, wo die Gold Leaves aufgehört haben. Das Herzstück ist Sänger und Songwriter Eric D. Johnson, der bei den Shins Keyboard spielt. Live gibt es keinerlei Chef-Allüren. Fruit Bats sind eine Band. Vielleicht auch der zarten Bühnengröße geschuldet stehen alle Musiker direkt nebeneinander. Am Anfang des Abends mutet das leicht albern an, da auch große Teile des Publikums in wenigen Reihen nebeneinander stehen. Zum Glück bildet sich irgendwann die übliche Publikumstraube und es sieht nicht mehr allzu sehr nach zwei übergroßen Cowboys aus, die sich zum finalen Schusswechsel im Sonnenuntergang verabredet haben. Obwohl der gebotene Soundtrack durchaus westerntauglich ist. Fruit Bats schippern zielsicher durch die Sechziger und Siebziger und können alles von Midtempo (»The Blessed Breeze«) bis hin zu flotten Nummern (»Dolly«). Die allgegenwärtige Beach Boys-Orgel ist dem Ganzen ebenso zuträglich wie die grandiosen Gitarrensoli von Nathan Junior, der auch in der Band von M. Ward tätig ist. Und dass Eric D. Johnsons Gestik bisweilen entfernt an Jim Morrison erinnert, ist auch nicht schlimm. Am Ende sind alle restlos aufgetaut und verzaubert von zwei Jahrzehnten Musikgeschichte in kondensierter Form. Passender kann ein milder Dezemberabend kaum beschallt werden. Und das Horns Erben erweist sich als sehr angenehmer Ort für Livemusik.

Vor dem Konzert sprachen wir mit Eric D. Johnson über Leipzig und seinen Vermieter:

kreuzer: Du bist heute zum ersten Mal in Leipzig. Schaust Du Dich noch ein wenig um, wenn ihr einmal hier seid?

ERIC D. JOHNSON: Ich würde mir gern Leipzig ansehen, aber morgen geht es gleich weiter nach Wien. Ich finde es gut, dass wir heute in der Bachstadt und morgen in der Stadt Mozarts spielen.

kreuzer: Heute Hardcore, morgen Pop?

JOHNSON: Genau.

kreuzer: Mit welchem von beiden würdest Du lieber zusammenarbeiten?

JOHNSON: Ich mag eher Komponisten des späten 19. Jahrhunderts wie Debussy, da mir leicht minimalistische Musik gefällt, aber ich bin auch kein großer Klassik-Experte. Seit ich Filmmusik komponiere, beschäftige ich mich etwas eingehender mit klassischer Musik, da moderne Komponisten wichtige Bezugspunkte für meine Arbeit sind. Wenn ich mich zwischen Bach und Mozart entscheiden müsste, würde die Wahl wohl auf Bach fallen, da ich gern Orgelmusik höre.

kreuzer: Für welche Filme hast Du die Musik komponiert?

JOHNSON: Ich weiß nicht, ob diese auch in den Kinos außerhalb der USA liefen: »Ceremony« mit Uma Thurman und eine etwas größere Produktion namens »Our Idiot Brother« mit Paul Rudd und Zooey Deschanel.

kreuzer: Zooey Deschanel wird auch hierzulande immer bekannter. Unter anderem durch ihre Zusammenarbeit mit M. Ward bei She & Him.

JOHNSON: Ich kenne M. Ward aus Portland, aber nicht nur vom Musikmachen. Er ist auch mein Vermieter, ich wohne in seinem Haus.

kreuzer: Ich hoffe, Du stärkst die musikalische Beziehung, indem Du regelmäßig Miete zahlst.

JOHNSON: Ja, das geht seinen Gang.

Kreuzer: Bist Du ein entspannter Band-Chef oder eher wie ein schrulliger, alter Regisseur, der alle anderen Bandmitglieder nervt?

JOHNSON: Das hängt von meiner Stimmung und Tagesform ab. Ich bin eher ein Morgenmensch und kein Nachtmensch. Dementsprechend ist Touren nicht ganz leicht für mich. Ich spiele deshalb gern in Europa, weil die Konzerte hier viel früher anfangen. Hier geht es meistens gegen halb Zehn los, in den USA dagegen selten vor Mitternacht. Dann bin ich eigentlich schon bettfertig.


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1 Kommentar(e)

Robert Linke 14.12.2011 | um 13:03 Uhr

Herrj Herrje, nach der Einleitung hatte ich dann doch keine Lust mehr weiterzulesen. Das Horns Erben "nicht gerade die erste Adresse für Konzerte in Leipzig" ... rein faktisch evtl. war ... aber was damit impliziert wird, geht an der Realität leider Lichtjahre vorbei. Ich als "freier Veranstalter" habe mir gerade wegen dem äußerst guten Ruf (Lokal und Überregional) das Horns Erben - insbesondere was das feinsinnige Booking anbelangt - ausgesucht um dort ab und zu mal Konzerte zu veranstalten. Man könnte den Eindruck gewinnen, das auch hier wieder die Musikredaktion auf dem "Nicht-Indy"-Ohr taub ist. Schade, aber immerhin ne Meinung.