anzeige
anzeige
Kultur

Musikstadt Paris in Dessau

Das Kurt-Weill-Fest 2012 gibt sich französisch

  Musikstadt Paris in Dessau | Das Kurt-Weill-Fest 2012 gibt sich französisch

Am Freitag beginnt das 20. Kurt-Weill-Fest in Dessau. Es widmet sich in diesem Jahr vor allem Weills Emigrationsstadt Paris mit einem vielseitigen Programm von Klassik- und Jazzkonzerten bis Filmen.

Was in Leipzig gern vergessen wird: Auch andere Städte waren und sind Musikstädte. Zum Beispiel Paris, zum Beispiel im 19. Jahrhundert. Und darüber hinaus: Kaum ein berühmter Musiker, der es sich in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen leisten konnte, nicht an der Seine präsent zu sein. So auch Kurt Weill, dessen Violinkonzert 1925 in Paris seine Uraufführung erlebte. Paris war für Weill dann auch das nahe liegende Emigrationsziel, als 1933 die Nazis die Macht ergriffen. Zwei Jahre blieb er dort, bevor es in die USA weiterging – eine kurze, aber signifikante Zeit. Grund genug für das Dessauer Kurt-Weill-Fest, die Pariser Zeit seines Namenspatrons dieses Jahr zum Motto zu machen.

Zum Profil der Dessauer gehört seit jeher Vielseitigkeit. Das kleine Festival in Sachsen-Anhalt, das 2012 zum zwanzigsten Mal stattfindet, besticht weniger durch Glamour und große Namen als durch ein buntes, aber sorgsam profiliertes Programm, das sich, Weills eigener Ästhetik folgend, um Genregrenzen wenig schert. So stehen neben hehrer Mehr-oder-weniger-Klassik immer wieder auch Chansons und Jazz auf dem Programm, dieses Mal natürlich französisch angehaucht. Mit korrespondierenden Meisterstreifen wie Jean Renoirs »Großer Illusion« oder dem »Amerikaner in Paris« und auch mit den etwas zu nahe liegenden »Kindern des Monsieur Mathieu« ist sogar der Film mit von der Partie – die siebte Kunst, wie man in Frankreich sagt. Vorträge und Führungen, eine Ausstellung mit Pressezeichnungen, ein wissenschaftliches Symposium über Weill und Frankreich und vieles mehr runden die Chose ab.

Der Beliebigkeit entgeht das Festival durch stetigen Rückbezug auf die Musik von Meister Weill, den wir hierzulande immer noch nicht recht in seiner Vielseitigkeit würdigen. Da sind einige Konzerte dabei, die vielleicht sogar die beschwerliche Reise aus Leipzig ins Nachbarbundesland lohnen. Etwa die Abende mit dem Frankfurter »Ensemble Modern«, den Königen der zeitgenössischen Musik für variable Besetzungen, die Weills Kompositionen unter anderem mit Musik seines Freunds Darius Milhaud kontrastieren. Oder Tomasz Kajdanskis neue Ballettproduktion »Hotel Montparnasse« auf Musik von Weill und Gershwin. Oder das apart programmierte Abschlusskonzert mit dem MDR Sinfonieorchester, in dem unter anderem Weills »Sieben Todsünden« zu hören sind, die 1933 am Pariser Théâtre des Champs-Elysées uraufgeführt wurden – also im selben Saal, wo ziemlich genau zwanzig Jahre zuvor Strawinskis »Sacre du printemps« für Tumult sorgte. Was noch lange nicht alles ist: Ute Gfrerer singt als Artistin in Residence gleich vier Mal, Sabine Meyer spielt Klarinette, Steffen Schleiermacher Klavier und Coco Schumann Gitarre. Auch an Kinder, Literaturfreunde und Frühstückshungrige ist gedacht. Kurz: auf nach Dessau.


Kommentieren


0 Kommentar(e)