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Konzertkritik

Fasziniertes Kopfschütteln

Gonjasufi hinterlässt sein Publikum taub und verstört

  Fasziniertes Kopfschütteln | Gonjasufi hinterlässt sein Publikum taub und verstört

Das Publikum im so gut wie ausverkauften UT Connewitz folgte wohl dem Ruf der vielen Lobeshymnen, die im Vorfeld auf vielen Wegen Interesse an der Liveshow des kalifornischen Experimental-Rappers Gonjasufi aus dem Umfeld von Flying Lotus und Gaslamp Killer, geweckt haben. Aber ob wirklich alle wussten, auf was sie sich einlassen?

Tiefdunkle Farben flimmerten anfangs neben soundunterstützenden Visuals auf der Kinoleinwand des UTs und begleiteten die langsamen, flächigen Tracks von Sun Glitter, der die Höhen und Bässe maximal auskostete, deren Frequenzen manchmal jedoch im Gehörgang schmerzten. Dass Sun Glitter als Ruhe vor dem Sturm zu sehen sein sollte, ahnte man bis dahin nur vage, sonst hätte man die harmonischen Tracks sicher mehr genossen.

Als dann nämlich erst einer, dann zwei, dann drei Knopfdreher hinter den Gerätschaften in Stellung gingen und die ersten Klänge das altehrwürdige Gemäuer erschütterten, hätte der ein oder andere Zartbeseitete wohl gerne das Gebäude verlassen – und das schon bevor das Publikum angeschrien wurde: »Who let you motherfuckers in the building? Do you know why you´re here?«

Visuals brauchte das Ganze da nicht mehr. Die Bühne, immer noch sehr dunkel, wurde ganz von Gonjasufi ausgefüllt, der in aggressivsten Tanzeinlagen die Musik – eine Mischung aus Hard-Dub, Drum'n'Bass, Cypress Hill, BodyCount und The Prodigy – in ihrer ganzen Härte lebte und dabei seinen Hut immer wieder auf und ab setzte, um zu kontrollieren, wann seine dicken Dreads medusengleich um seinen Kopf wirbelten. Die verstörendsten, härtesten und lautesten Beats gaben die Richtung des Abends an. Dazu rappte, knackte und quiekte der sich wie der Leibhaftige Aufführende zweifellos beeindruckend und in einer Intensität, dass irgendwann jeder von diesem Extrem überzeugt war. So schien das Publikum verwirrt fasziniert, immer wieder drehten sich Leute aneinander zu, lächelten und schüttelten ungläubig den Kopf.

Nach dem Bassgewitter fühlte man sich gebrainwashed, unfähig, eine Aussage über das zu treffen, was da gerade passiert war. Und natürlich entsteht so ein Hype. Jeder will mal Voyeur bei solcher musikalischen Freakshow sein. Die Faszination, die von diesem heftig lauten Avantgarde-Rap ausgeht, ist sicherlich der Grund für die Lobeshymnen, denn soviel Skrupellosigkeit erlebt man selten in unserer heutigen Welt, in der es immer schwieriger wird, das Publikum zu beeindrucken. Gonjasufi hat es geschafft. Die Frage, ob man das jetzt gut oder schlecht fand, stellt sich gar nicht.


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