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Filmkritik

Der verflixte dritte Juli-Donnerstag

Zwischen bourgeoisem Jammern und zauberhaften Klängen – die Neustarts dieser Woche

  Der verflixte dritte Juli-Donnerstag | Zwischen bourgeoisem Jammern und zauberhaften Klängen – die Neustarts dieser Woche

Es wird – wie so oft in diesem Sommer – übers Heiraten und die große Liebe philosophiert, es wird auf bourgeoisem Niveau gejammert und in den Kinderzimmern wird in dieser Woche Umweltbewusstsein ganz groß geschrieben. Darüber hinaus schlüpft eine Gruppe Frauen in die Rolle des anderen Geschlechts, und Stephen Frears plätschert mit seinem neuen Film weiter im Mittelmaß.

Bevor Sohn Edward (Tom Hiddleston) auf eine freiwillige Hilfsmission nach Afrika aufbricht, findet sich seine Familie für ein paar Tage auf einer kleinen Insel im Südwesten Großbritanniens ein. Sie verbringen die Zeit mit Ausflügen am Strand, Malunterricht und Gesprächen bei gutem Essen. Doch unter der Oberfläche brodelt es heftig. Während Gutmensch Edward unter dem snobistischen Verhalten seiner Schwester (Lydia Leonard) leidet, weint die sich allabendlich in den Schlaf. Behutsam entblättert Joanna Hogg die kleinen Neurosen und Frustrationen ihrer Mittelschichtler, lässt sie in einem Moment aufeinander losgehen und im nächsten – ganz so, als sei nichts gewesen – wieder zur bürgerlichen Fassade zurückkehren. »Archipelago« ist ein schwieriges, aber sehenswertes Arthouse-Drama und läuft vom 19. bis 24. Juli in der Schaubühne Lindenfels. Eine Kritik finden Sie im aktuellen kreuzer.

Die Ehe des Pariser Literaturkritikers Marc Marronnier (Gaspard Proust) ist vorbei. Drei Jahre hat der ganze Spaß gedauert, und Marc ist überzeugt, dass wahre Liebe das verflixte dritte Jahr ohnehin nie überstehen kann. Er versinkt in Selbstmitleid und schreibt ein Buch darüber. Eine zynische Abhandlung über die Unmöglichkeit der Liebe. Das Buch wird ein Erfolg, doch dann verliebt sich der Macho in die Freundin seines Cousins (Louise Bourgoin) – und seine Überzeugung gerät ordentlich ins Wanken. »Das verflixte 3. Jahr« ist das Regiedebüt des französischen Erfolgsautors Frédéric Beigbeder (»39,90«). Die beschwingte Sommerkomödie startet heute in den Passage Kinos.

Der Musiker, Therapeut und Klangforscher Wolfgang Fasser arbeitet in der Abgeschiedenheit eines toskanischen Bergdorfes mit schwerbehinderten Kindern. Als Jugendlicher verlor er selbst sein Augenlicht. Auf dem Weg in die Dunkelheit entdeckte er die Welt der Geräusche, Klänge und Töne. Seine eigene Lebenserfahrung als Blinder nutzt er heute, um den Kindern zu helfen, sich auf die Welt einzulassen und ihre individuellen Möglichkeiten auszuschöpfen. Jenny konnte kaum auf zwei Beinen stehen, als sie zu Fasser kam. Er schloss ihre Augen mit einer Augenbinde und brachte ihr bei, ihre Bewegungen zu spüren. Heute kann die 13-Jährige gehen und ist viel selbständiger als vorher. Der Dokumentarfilm »Im Garten der Klänge« von Nicola Belluci ist ein stiller wie einfühlsamer Film, der auf Entdeckungsreise in die Grenzzonen der Kommunikation geht. Der Film startet heute in der Kinobar Prager Frühling und am 20. Juli kommen Rotraud Bockenkamm (Musiktherapeutin, Klanggewächshaus Leipzig) und Gabriele Jesche (Musiktherapeutin in der Autismusambulanz Leipzig) zum Expertengespräch.

Beth (Rebecca Hall) hat ihre Existenz als Stripperin in Tallahassee, Florida, hinter sich gelassen, weil sie davon träumt, in der Glücksspielmetropole eine Karriere als Cocktail-Kellnerin einzuschlagen. Die junge Frau aus der Provinz hat ein großes Herz, einen beeindruckenden Redefluss und ist selbst für die Witterungsverhältnisse im Wüstenstaat Nevada recht knapp bekleidet. All das entgeht Dink (Bruce Willis) nicht, und gefangen von ihrer reizvollen Naivität stellt er sie in seinem Wettbüro ein. Sie wird zu Dinks Glücksbringerin und wäre auch zu weit mehr bereit. Aber der Chef ist mit der ehemaligen Showdiva Tulip (Catherine Zeta-Jones) verheiratet, die nicht daran denkt, ihre Ehe von so einem jungen Ding ruinieren zu lassen. Nach der autobiografischen Literaturvorlage von Beth Raymer begibt sich Stephen Frears mit »Lady Vegas« in die Welt der Buchmacher und Wettbüros von Las Vegas. »Lady Vegas« ist auf eine eher dahin plätschernde Weise recht unterhaltsam, wobei es Frears allerdings nicht gelingt, die Faszination Glücksspiel adäquat in Bilder zu fassen. Das sichtlich vergnügt aufspielende Ensemble um Rebecca Hall, Catherine Zeta-Jones und Bruce Willis rettet die etwas schleppende Geschichte, die aus den Höhen und Tiefen des Glückspielbetriebes keinerlei Erkenntnisgewinn erzielt. (MARTIN SCHWICKERT) Der Film startet heute in der Schauburg und im Regina Leipzig.

Die 16-jährige Audrey hat nur einen Wunsch: Sie möchte einen echten Baum sehen. Die gibt es in dem futuristischen Städtchen Thneedville schon lange nicht mehr, weil der skrupellose Once-ler aus Geldgier alle Bäume und Pflanzen vernichtet hat. Der 11-jährige Ted ist bis über beide Ohren in Audrey verliebt und sieht in ihrem größten Wunsch die Gelegenheit, sie auf sich aufmerksam zu machen. Er begibt sich auf die Suche nach dem letzten Baumsamen und trifft dabei auf den Meister des Waldes: Lorax. »Der Lorax« (von den Machern von »Ich – einfach unverbesserlich«) läuft in den Passage Kinos, im CineStar, Regina Leipzig und Cineplex im Allee-Center.

Wer hat nicht schon einmal darüber nachgedacht, in die Rolle eines anderen zu schlüpfen? In dem Dokumentarfilm »Man For A Day« wird dieser Wunsch für mehrere Frauen Wirklichkeit. Unter Anleitung der Gender-Aktivistin Diane Torr verwandeln sie sich in einen Mann. Unser Autor Tobias Prüwer hat sich für uns den Film von Katarina Peters angesehen.

Weitere Filme finden Sie auf unserer Onlineseite und im aktuellen kreuzer.

Viel Spaß im Kino!


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