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Kultur

»Wir bleiben optimistisch«

Quo vadis, Cammerspiele? Sophie Krell über die Zukunft von Leipzigs kleinster Bühne

  »Wir bleiben optimistisch« | Quo vadis, Cammerspiele? Sophie Krell über die Zukunft von Leipzigs kleinster Bühne

Aufgrund finanzieller Probleme mussten die Cammerspiele den Spielbetrieb Mitte August einstellen. Sophie Krell von den Cammerspielen spricht über die Zukunft der Institution und die Möglichkeit für Besucher, sie zu unterstützen.

kreuzer: Wie geht es mit den Cammerspielen weiter?

SOPHIE KRELL: Wir bleiben optimistisch. Wir haben den Organisationsaufwand runtergefahren, um ihn noch halbwegs finanzieren zu können. Trotzdem sind Produktionsplätze für 2013 ausgeschrieben, um weiterzuplanen und diese dann in den Haushalt aufzunehmen, um Fördergelder bei Stiftungen, Vereinen und natürlich der Stadt Leipzig beantragen zu können. Wenn die politische Sommerpause vorbei ist, werden wir alle Kräfte noch einmal bündeln und viele Gespräche mit den entscheidenden Personen im Kulturamt und Kulturausschuss führen. Wobei wir die Notwendigkeit einer personell sicheren Struktur für eine Institution, wie es die Cammerspiele sind, betonen werden.

kreuzer: Kann der Spielbetrieb wie erhofft am 1. Januar 2013 wieder aufgenommen werden?

KRELL: Ja, wenn es zum Jahresende positive Signale aus dem Kulturamt gibt, also ein Verwaltungsvorschlag vorliegt, der deutlich mehr Fördermittel für die Cammerspiele vorsieht. Wir werden im Laufe des Herbstes das neue Jahr so gut vorbereiten, dass wir ab 1. Januar 2013 definitiv wieder produzieren und spielen werden.

kreuzer: Die Vorstellungen der Cammerspiele sind gut besucht und beliebt. Gibt es eine Möglichkeit, wie Besucher Euch unterstützen können?

KRELL: Hinter uns stehen und die Begeisterung vielfältig und jederzeit äußern – in der Öffentlichkeit, aber auch gegenüber Politikern der Stadt. Nicht zuletzt auch gegenüber dem Oberbürgermeister, der nach wie vor nicht einzuschätzen weiß, wie wichtig die gesamte freie Kulturszene für die langfristige positive Entwicklung einer Stadt – in wirtschaftlicher Hinsicht wie auch für die allgemeine Lebensqualität – ist. Eine andere Möglichkeit ist, für den Verein zu spenden oder uns als Fördermitglied zu unterstützen. Näheres steht auf unserer Homepage www.cammerspiele.de.

kreuzer: Für die Sommertheaterproduktion habt ihr das Finanzierungsmodell Crowdfunding genutzt. Ist das auf Dauer eine Alternative für euch?

KRELL: Als zusätzliche Finanzierungsmöglichkeit einzelner Projekte ist Crowdfunding absolut geeignet, eine dauerhafte Lösung ist das für eine Institution nicht. Schon gar nicht, um eine Personalstruktur aufrecht zu erhalten.

kreuzer: Gibt es innerhalb des Zusammenschlusses Kulturfabrik Leipzig Möglichkeiten, um die fehlenden Gelder und Arbeitsstellen der Cammerspiele zu kompensieren?

KRELL: Nein. Die dort sitzenden Vereine Halle 5, Frauenkultur sowie Werk 2 sind ebenfalls von den wegfallenden Förderungen des zweiten Arbeitsmarktes betroffen. Auch sie müssen Projekte streichen oder können die staatlich geförderten Arbeitsplätze nur teilweise kompensieren. Nichtsdestotrotz arbeiten wir in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und Programm zum Teil schon länger zusammen und können bei Bedarf auf das technische Equipment der anderen Vereine zurückgreifen.

kreuzer: Gibt es mit dem Kulturamt Verhandlungen darüber, wie die Cammerspiele mit einer ausreichenden Personalstärke den Spielbetrieb organisieren können?

KRELL: Genau da liegt das Problem. Die Cammerspiele sollen laut Kulturamt am besten ohne festes Personal auskommen. Die Projekte sollen sich selbst verwalten. Das Kulturamt hat aber schon seit 2006 ganz klar die Schaffung von Personalstellen für das Kulturmanagement, Regie, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit an den Cammerspielen befürwortet, indem sie Empfehlungsschreiben für staatliche Förderungen ausstellte. Dadurch war es uns überhaupt erst möglich, die Organisation des Spielbetriebs auf das heutige Niveau zu professionalisieren. Nun, nach Auslaufen dieser Maßnahmen, sollen wir jedoch wieder ohne diese Strukturen auskommen, wir werden quasi zu einem Rückschritt an Professionalität gezwungen.

kreuzer: Welche Möglichkeiten seht ihr, um die Cammerspiele in Leipzig am Leben zu erhalten?

KRELL: Um den Spielbetrieb so wie bisher weiterführen zu können, brauchen wir mindestens zwei Vollzeitstellen, von einem dringend notwendigen Veranstaltungstechniker ganz abgesehen. Zwei Teilzeitstellen haben wir bisher staatlich gefördert bekommen. Andere Drittmittel, Crowdfunding oder Eintrittseinnahmen können die weggefallenen Stellen nicht kompensieren. Wir sind also auf eine deutliche Erhöhung der städtischen Fördermittel angewiesen. Bei einer Erhöhung der »Freien-Szene-Gelder« um 600.000 Euro im Jahr 2013 möchte man meinen, dass 30.000 Euro mehr für die Cammerspiele eigentlich zu stemmen sind.

kreuzer: Was passiert, wenn die Fördersumme nicht erhöht wird?

KRELL: Wenn das benötigte Geld also nicht kommt, werden wir uns eine Alternative suchen müssen, um die semiprofessionellen Theater- und Amateurtheater-Projekte ohne einen »institutionellen Rahmen« auf die Bühne zu bringen. Das entspricht jedoch nicht unserem bisherigen Profil, das uns schließlich in Leipzig auch einzigartig gemacht hat. Die Cammerspiele wird es dann wohl nicht mehr geben.


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