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Filmkritik

Düstere Familien- und Gangstergeschichten

Die Kinostarts im Überblick

  Düstere Familien- und Gangstergeschichten | Die Kinostarts im Überblick

François Ozon erzählt in seinem neuen Film »In ihrem Haus« die Geschichte eines frustrierten Lehrers und seines talentierten Schülers und Kim Ki-duk lässt einen erbarmungslosen Geldeintreiber kurz Glück einatmen. Eine Familie verbarrikadiert sich hinter einer Lebenslüge und Auftragskiller Cogan hat sein ganz eigenes Berufsethos. Und der Weihnachtsmann übt sich als Superheld und rettet die Welt vor einer dunklen Macht.

Die Fenster sind verschlossen. Durch die heruntergelassenen Jalousien luken die 13-jährige Johanna (eindrucksvoll: Elisa Essig) und ihre kleine Schwester Moni (Antonia T. Pankow). Draußen stehen Nachbarn und tuscheln. Johanna ist das erste Mal verliebt. Doch statt die Knospen der ersten Verliebtheit gedeihen zu lassen, ist der Teenager mehr damit beschäftigt, seine Schwester und Mutter und nicht zuletzt sich selbst zu schützen. Seit Jahren hütet die Familie ein düsteres Geheimnis und nur langsam kommt der Zuschauer diesem auf die Spur. Die finnische Regisseurin Kirsi Liimatainen erzählt auf sensible wie schonungslos offene Weise von einer gebrochenen Familie. Ganz aus der Sicht der heranwachsenden Johanna schildert Liimatainen die geradezu ausweglose Situation der Familie, die sich ihr Leben auf einer Lüge aufgebaut hat. »Festung« wurde beim Max-Ophüls-Filmfest mit dem Preis der Jugendjury ausgezeichnet. Der Film wird in der Kinobar Prager Frühling gezeigt.

Von einer Parkbank aus in die Wohnungen der Häuser rundum schauen und sich ausmalen, was die Leute dort bewegt: Das könnte der Anfang von gelungener Belletristik sein. Die zwei streitenden Frauen dort drüben auf dem Balkon sind Schwestern, die sich nicht einig sind, ob sie das geerbte Haus verkaufen sollen. Oder sie sind ein Paar, die eine wütend, weil die andere fremdgegangen ist. Auf solche Weise beobachtet Claude die Familie seines Mitschülers Rapha. In einem Aufsatz beschreibt der stille Schüler – Ernst Umhauer stellt den Übergang vom schweigsamen zum selbstbewussten Jungen überzeugend dar –, wie es ihm erstmals gelungen ist, sich dort als Raphas Mathenachhilfe einzuschleusen. Dies wiederum weckt das Interesse seines Lehrers Germain (Fabrice Luchini). Einerseits hebt der Aufsatz sich wohltuend vom lustlosen Geschreibe der restlichen Klasse ab, andererseits fasziniert ihn Claudes zynisches Vorgehen. Weitere Aufsätze aus der in Claudes Beschreibungen stark stilisierten Bilderbuchfamilie folgen. Germain, selbst verhinderter Autor, wird nicht nur zu Claudes Mentor, sondern mischt sich zunehmend ein. Nach seiner Komödie »Das Schmuckstück« im letzten Jahr, erzählt François Ozon (»8 Frauen«, 2002) in seinem neuen Film »In ihrem Haus« die Geschichte eines Lehrers, der den Schreibkünsten seines Schülers verfällt – und lockt dabei den Zuschauer immer wieder auf falsche Fährten. In Toronto wurde Ozon für seine Experimentierfreude mit dem FIPRESCI-Preis der internationalen Filmkritik ausgezeichnet, auf der diesjährigen Filmkunstmesse erhielt er den Preis der Jugendjury. Die gesamte Kritik und ein Interview mit Ozon können Sie in der Dezemberausgabe des kreuzer nachlesen. Der Film läuft in den Passage Kinos und ist ab 27. Dezember auch in der Kinobar Prager Frühling zu sehen.

Es ist undenkbar, was Kim Ki-duks Streifen »Pieta« zugestoßen wäre, hätte dieser nicht den Hauptpreis bei den Filmfestspielen in Venedig gewonnen. Diese affektive Seite der Rezeption verweist auf den besonderen Charakter der Gewaltdarstellung in Ki-duks Filmen. Da splittern Knochen. Da reißen Sehnen und das alles ist auch noch so unästhetisch wie möglich inszeniert. Kang-Do (Lee Jeong-jin) ist ein Geldeintreiber und er prügelt aufs Blutigste die Versicherungssumme aus seinen säumigen Schuldnern heraus. Tatsächlich sind Reaktionen wie Ekel und Abscheu durchaus in der Sache begründet. Was Kim Ki-duk seinem Publikum zumutet, ist derart unerträglich, dass die Selbsterhaltung dazu zwingt, sein Porträt der Gesellschaft und der Rolle, die das Individuum darin spielt, von sich fernzuhalten. Kang-Do ist bindungslos, hat weder Freunde noch Familie. Dafür masturbiert er täglich. Da taucht eine ältere Frau (Cho Min-soo) bei ihm auf und behauptet, seine Mutter zu sein. Nichts für schwache Nerven ist Kim Ki-duks symbolträchtiges Drama »Pieta« über brachiale Gewalt, vermeintliche Mutterliebe und die Bedeutung von Glück. Die Kritik von Joris Januar können Sie im aktuellen kreuzer nachlesen. Der Film läuft in der Kinobar Prager Frühling.

Calvin (Paul Dano), ein junger Schriftsteller und vornehmlich Einzelgänger, leidet nach seinem ersten Bucherfolg unter einer Schreibblockade. Als er wieder zu schreiben beginnt und nicht nur auf dem Papier die junge Ruby Sparks (Zoe Kazan, die auch das Drehbuch geschrieben hat) zum Leben erweckt, nimmt sein dröger Alltag plötzlich Fahrtwind auf. »Ruby Sparks – Meine fabelhafte Freundin« ist eine kluge wie originelle Indie-Romanze vom gefeierten Regie-Duo Valerie Faris und Jonathan Dayton (»Little Miss Sunshine«) und in den Passage Kinos zu sehen.

100 Tage sind die Regisseure durch ganz Australien gereist und zeigen in ihrem Dokumentarfilm »Australien in 100 Tagen«, was ihnen alles vor die Linse gelaufen ist. Der Film beginnt in Perth, führt die Westküste hoch bis Darwin, ins rote Zentrum und von Cairns an der Ostküste über Sydney und Melbourne bis nach Adelaide. »Australien in 100 Tagen« versprüht ab dem 1. Dezember ordentlich Fernweh im LURU-Kino.

Nach der Vorlage von Paul Watzlawicks »Anleitung zum Unglücklichsein« sucht Tiffany Blechschmid (Johanna Wokalek), eine etwas unscheinbare, aber außerordentlich komplizierte Mittdreißigerin, nach dem großen Glück. Doch schon bald muss die Betreiberin eines Feinkostgeschäftes feststellen, dass Lebensweisheiten aus Glückskeksen nicht unbedingt weiterhelfen. Sherry Hormann (»Wüstenblume«) bewegt sich mit ihrem neuen Film auf amüsanten Pfaden, doch so recht will ihr die Unterhaltung nicht gelingen. »Anleitung zum Unglücklichsein« läuft im CineStar.

Der alternde Baseball-Talentsucher Gus Lobel (Clint Eastwood) muss um seinen Job bangen. Die junge Konkurrenz sitzt ihm im Nacken. Seine Gesundheit ist nicht mehr die beste, doch das will sich Gus nicht so ganz eingestehen. Deshalb soll ihn seine Tochter Mickey (verkörpert von der wunderbaren Amy Adams) auf dem nächsten Scouting-Trip begleiten. Ein passende Gelegenheit, dank derer sich Tochter und Vater wieder näher kommen. Das Baseball-Drama »Back In The Game« ist im CineStar zu sehen.

Ein abgelegenes Dorf im feudalen China des 19. Jahrhunderts: Rivalisierende Clans zwingen einen geheimnisvollen Fremden, seine besonderen Fertigkeiten in der Schmiedekunst einzusetzen, um ausgefallene Waffen anzufertigen. Als eines Tages der berüchtigte Jack Knife (Russell Crowe) im Dorf auftaucht, eskaliert die Situation. »The Man With The Iron Fists« ist im Regina Leipzig und im Cineplex im Alleecenter zu sehen.

Jahrelang sind Heather (Adelaide Clemens) und ihr Vater Harry (Sean Bean) auf der Flucht, um gewissen dunklen und geheimen Mächten immer einen Schritt voraus zu sein. Eine Flucht, die Heather jedoch nie ganz versteht und über die Harry nie spricht. Nur die schrecklichen Albträume, die Heather plagen, lassen sie ahnen, welchem Schrecken sie versuchen zu entfliehen. »Silent Hill: Revelation« (3D) läuft im CineStar und im Cineplex im Alleecenter.

Zum Durchatmen kommen Animationsfreunde in diesem rasanten Fantasiespektakel wohl kaum: Gibt es den Weihnachtsmann nun oder nicht? Diese Frage dürfte in den kommenden Wochen wohl des Öfteren bei kleineren Kinogängern aufkommen. Und mit dieser Frage plagt sich auch der Mann im roten Mantel in Peter Travers Animationsfilm »Die Hüter des Lichts« herum. Nicht dass den Weihnachtsmann etwa Selbstzweifel plagen, nein, immer weniger Kinder glauben an ihn. Doch nicht nur der Weihnachtsmann, auch der Sandmann, die Zahnfee und allerhand andere Gestalten der kindlichen Phantasiewelt bangen um ihre Existenz. Pitch, ein knorrigböser Typ, der mit seiner Albtraumarmee die Welt in Dunkelheit tauchen möchte, hat es auf die Kinderhelden abgesehen. Doch Pitch hat die Rechnung ohne den kleinen Jack Frost gemacht. »Die Hüter des Lichts« (3D) ist im CineStar, im Regina Leipzig und im Cineplex im Alleecenter zu sehen. Im Regina Leipzig und im Cineplex wird der Film auch in 2D gezeigt.

Vor fünf Jahren empfahl sich der Neuseeländer Andrew Dominik mit seinem Neo-Western »Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford«. Nun kehrt er mit der tiefschwarzen Gangstergeschichte »Killing Them Softly« auf die große Leinwand zurück. Unser Autor Martin Schwickert hat sich den Film für uns angesehen.

 

Filmfutter fernab der Kinostarts:

Bereits zum 18. Mal finden in Leipzig die Französischen Filmfesttage statt, die sich eine Woche lang dem französischen und frankophonen Film verschreiben. In der Reihe »Neue Filme« in den Passage Kinos werden wunderbare Neustarts gezeigt wie François Ozons filmisches Glanzstück »In ihrem Haus« (siehe oben) oder die köstliche Frauenpower-Komödie »Bowling« von Marie-Castille Mention-Schaar. In der Schaubühne wird der Drehbuchautor Jean-Claude Carrière im Mittelpunkt stehen. Weitere Informationen finden Sie im aktuellen kreuzer sowie hier.

Mehr Filme finden Sie auf hier und in unserer Printausgabe.

Wie immer: Gute Unterhaltung!


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