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Kultur

Die Ausgezeichnete

Eine Ausstellung begleitet Gerda Raidts Spukwerk »Böse Geister«

  Die Ausgezeichnete | Eine Ausstellung begleitet  Gerda Raidts Spukwerk »Böse Geister«

In einem der letzten Häuser der Kochstraße, die noch nach Gründerzeit riechen, lebt Gerda Raidt mit ihrer Familie. Seit einem Jahr wohnt sie hier, aber viel Zeit zum Einrichten war noch nicht. Raidt hat viel um die Ohren. Am Mittwoch ist Ausstellungseröffnung der Graphic Novel »Böse Geister«. Text und Szenario stammen vom bekannten Comic-Autor Peer Meter, Raidt hat sich ums Grafische gekümmert.

Anfangs habe sie sich noch über die Komplimente aus der Comic-Szene gewundert, erzählt die große Frau mit dem praktischen Zopf. Ihr Comic-Debüt sei ihr doch gut gelungen, dabei sah sie sich als Illustratorin nie weit vom Medium Comic entfernt.

Und doch hat sie dazugelernt. Statt der Totale beim Illustrieren muss man beim Comic in Szenen denken und fast wie eine Film-Cutterin haarklein den nächsten Schnitt planen. Die 37-Jährige scheint sowieso tagtäglich etwas dazuzulernen. Vielleicht ist das so, wenn man sein Hobby zum Beruf macht. Illustratorin, Comic-Zeichnerin: für viele junge Menschen ein Traumberuf. Raidts Tochter Rosa hat da keine Illusionen. Es ist Arbeiten wie in jedem anderen Job: fünf Tage die Woche, mindestens acht Stunden pro Tag – bei drängender Abgabefrist auch am Wochenende.

So wenig, wie Raidt ihre eigenen Bilder zu Hause aufhängt, so wenig inszeniert sie sich selbst. Wie andere Mütter bringt die sympathische Frau ihren Sohn in den Kindergarten und arbeitet dann im Heimbüro. Im Gegensatz zu anderen Berufen kann man sich als Illustratorin keine Eigentumswohnung leisten. Manchmal ist es gar unmöglich, das Hotel beim Klassentreffen zu bezahlen. Nach dem Abschluss ihres HGB-Studiums 2004 begann Raidt, als freie Künstlerin zu arbeiten. In dieser Zeit musste sie lernen, wie schwer sich das Leben in der Kreativbranche verdienen lässt. Quälend sei es, in Wettbewerben um Aufträge gegeneinander anzutreten. Und das bei oft symbolischem Lohn. Da habe sie überlegt, ob sie nicht etwas Richtiges studieren will. Inzwischen sind viele von ihren Freunden in ihren Jobs gelangweilt, Eigentumswohnung hin oder her.

Raidt hat sich inzwischen in der Verlagswelt einen Namen gemacht. Obwohl es in Deutschland noch weit ist zu einer Comic-Kultur wie der franko-belgischen, glaubt Raidt daran, dass Bilder in Zukunft mehr Beachtung erfahren, mehr als Schmuck sind.

Was an Raidt an Bildern so liebt, liegt im Detail. In ihnen spazierenzugehen und selbst zu entdecken, wovon die Menschen dort umgeben sind. Da wird sie manchmal sogar von den eigenen Bildern überrascht. Obwohl »Böse Geister« in Bremen spielt, erinnert es an Leipzigs morbiden Charme. »Leipzig hat sich eingearbeitet« – Raidt lacht.


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