Seit Jahresbeginn kommen zu wenige Kunden und ständig zeigen sich neue Baumängel: Die Höfe am Brühl sehen sechs Monate nach ihrer Eröffnung nicht aus wie ein Erfolgsprojekt.
Was wie ein freundlicher Service wirkte, war die Notlösung eines Baufehlers: In den vergangenen Monaten hat das Management der Höfe am Brühl immer wieder Sicherheitsleute dafür abgestellt, ankommenden Kunden die Türen aufzuhalten. Mit der Maßnahme wollten die Mall-Betreiber verhindern, dass sich die Shopping-Fans gleich am Eingang eine blutige Nase holen. Die Glastüren ließen sich nämlich nur nach außen öffnen. Kunden, die hineinwollten, versuchten aber regelmäßig, die Türen nach innen aufzudrücken. Das brachte einige gläserne Türblätter zum Bersten. Der Eingang verwandelte sich zeitweise in eine Dauerbaustelle, wie mancher Ladenbetreiber in den Höfen zu berichten weiß.
Inzwischen wurden Schwingtüren eingesetzt, um das Problem zu lösen. Doch die schließen nicht immer richtig und pendeln im Luftzug auf und zu. An Tagen, an denen das Warmluftgebläse über den Türen versagt, wird den Angestellten der anliegenden Geschäfte schon mal ein bisschen kalt an ihrem Arbeitsplatz. Es drängt sich der Eindruck auf: Die Höfe leiden unter einer Pannenserie.
Acht Stunden Wartezeit für Lieferanten
Noch im September sah das ganze Projekt wie ein Erfolg privaten Bauträgertums aus. Eröffnungstermine bei staatlichen Großprojekten – man denke da nur an den Berliner Flughafen, den Citytunnel oder an Stuttgart 21 – werden auf teilweise unbekannte Zeitpunkte in der Zukunft verlagert. Dagegen zog Höfe-Bauherr MFI die Eröffnung sogar um zwei Monate vor. Nur 22 Monate Bauzeit hatte Deutschlands zweitgrößter Einkaufscenter-Betreiber aus Essen benötigt, um eine Mall mit 44.000 Quadratmetern Fläche für rund 240 Millionen Euro fertigzustellen. Sechs Monate später ist der Preis für dieses Tempo kaum zu übersehen.
Gastwirte erzählen von ärgerlichen Überraschungen beim Einzug. Anders als im Bebauungsplan ausgewiesen, hätten sie die Anschlüsse für ihre Fettabzugshauben über den Bratereien in kürzester Zeit selbst legen müssen. Andere sprechen von Schwierigkeiten bei der Warenanlieferung – bis zu acht Stunden habe mancher Lieferant schon gewartet, weil Zeitpläne und Konzepte für den Lieferbereich nicht funktionierten.
Eimer fangen Tropfen von der Decke auf
Kunden sollten die Innenverkleidung der Einkaufspassage nicht so genau unter die Lupe nehmen, sonst werden kleine Baumängel überall unübersehbar. An der Decke der Gebäudebrücke zwischen dem Ost- und dem Westteil des Ensembles haben sich beispielsweise ein paar hässliche Wasserflecken gebildet. Jemand hat ein paar Eimer daruntergestellt, um die herabfallenden Tropfen aufzufangen. Oder auch die Blechverkleidungen am Fuß der Glasbalustrade im ersten Obergeschoss öffnen durch breite Spalten den Blick auf die Holzklötzchen, die die Konstruktion provisorisch stützen. Wandverkleidungen sind nur auf die Schnelle angebracht worden, dahinter liegen unsauber verputzte Wände und Reste von Baumüll. Spätestens in den Treppenhäusern der Notausgänge sehen die Höfe teilweise noch aus wie ein Rohbau.
Zu allem Überfluss lasse auch der Kundenzustrom zu wünschen übrig, teilten mehrere Ladenbetreiber Mitte März der Presse mit. Täglich fehlten bis zu 10.000 Einkaufswillige. Dadurch wird bestenfalls manchem Angestellten in den Abendstunden langweilig hinter seiner Kasse. Im schlimmsten Fall müssen Betreiber ihre Geschäfte aufgeben. Die ersten Läden im Kellergeschoss sind wieder vakant.
»Absoluter Klatsch und völlig falsch«
Rainer Borst, Manager der Höfe, hält die negativen Berichte für »absoluten Klatsch und völlig falsch«. Tatsächlich entsprächen die Besucherströme absolut den geplanten Zielen. Blieben einzelne Läden frei, dann nur deshalb, weil man nicht an jeden Interessenten vermiete. Solange die passenden Geschäftspartner nicht gefunden seien, leiste man sich den Luxus, die Flächen leer stehen zu lassen. Die Vielzahl kleiner baulicher Mängel wiederum sei völlig gewöhnlich für ein Projekt dieser Größe. Da viele Glasscheiben verbaut worden seien, steige die Wahrscheinlichkeit, dass einzelne Scheiben bersten schon aus rein statistischen Gründen. Von einem überhasteten Eröffnungstermin will Borst nicht sprechen.
Und so vergeht kaum ein Tag in Leipzigs jüngster Shopping-Mall, an dem Kunden nicht auf neongelb bejackte Bauleute treffen. In das Knattern des Frostschranks einer Eisdiele mischen sich im Hintergrund die Klänge von Bohrmaschinen. Einzelne Scheiben der Glasfront an der Außenfassade sind gerissen und müssen ausgewechselt werden. Und wenn der Ring-seitige Gehweg gesperrt ist, dann vielleicht wegen des Tankwagens, der vor dem Gebäude steht und mit einer Saugleitung Wasser vom Dach herunterpumpt. Man darf gespannt bleiben, was in diesem Jahr sonst noch so alles repariert werden muss in den Höfen am Brühl, Fortsetzung folgt.