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Kultur

»Wirklich beeindruckender Shit!«

Eicca Toppinen von Apocalyptica übers gigantomanische »Wagner reloaded«

  »Wirklich beeindruckender Shit!« | Eicca Toppinen von Apocalyptica übers gigantomanische »Wagner reloaded«

Alte Messe, Halle 17. Eine riesige Probebühne zieht sich durch den Raum. Daneben liegt ein Wagner-Kopf in Titanengröße herum. Ein seltsames Becken – Parzivals Gral? – steht herum, im Hintergrund wird einem achträdrigen Drachen gerade ein Reifen aufgezogen. Ritsch! Sandsäcke sausen durch die Luft: Es ist Flugprobe. Bald wird es ein Tänzer sein, den Seile in eine Höhe von zehn Metern katapultieren. »Dort oben werden wir auch sitzen«, meint Eicca Toppinen noch etwas mulmig. Er ist Mitglied beim finnischen Metal-Cello-Quartett Apocalyptica, das Teil dieses Musical-Gesamtkunstwerks »Wagner Reloaded« ist. In der Arena Leipzig werden Es-Dur-Weihen auf Kompositionen von Toppinen treffen. Tanz, Artistik, Objekttheater, Pyrotechnik und Projektionen besorgen den visuellen Overkill, an dem 130 Menschen mitwirken. Warum und wie die Finnen das Leben des Bombast-Musikers vertonen, erklärt Toppinen beim Geplauder am Rande der Probearbeiten.

kreuzer online: Apocalyptica meets Wagner – wie kam das zustande?

EICCA TOPPINEN: Nun, das war die Idee des Regisseurs. Gregor Seyffert kontaktierte mich vor fast drei Jahren und bat mich, die Musik für die Produktion zu schreiben. Und Apocalyptica sollte Teil der Show sein. Ich mochte seine Vision und dann suchten wir nach einem Ort, um das Riesenprojekt umzusetzen.

kreuzer online: Was sagten die Kollegen, als Du ankamst: »Wir machen jetzt eine Wagner-Oper«?

TOPPINEN: Sie waren etwas skeptisch. »Bist Du sicher«, fragten sie. »Glaubst Du, dass das funktioniert?« Sie hatten Gregor noch nicht getroffen und ich meinte: »Der hat eine absolut verrückte Vision, das wird ein großartiges Projekt!« Das hat sie überzeugt und jetzt, wo sie die Proben erleben, sind sie super glücklich. Es ist wirklich beeindruckender Shit!

kreuzer online: Du hast Dich dabei an Wagners Musik orientiert?

TOPPINEN: Manchmal, aber es sind insgesamt viel mehr meine Kompositionen als Wagners. Es ist ja eine Story über sein Leben und da musste die Musik der Szene angemessen sein. Es war für mich wie einen Film-Soundtrack zu schreiben, ohne die Bilder zu kennen. Ich hatte nur die Bildideen von Gregor, wusste, wie lang die Songs zirka sein müssen und worum es jeweils geht. So: In dieser Szene geht’s um den »Fliegenden Holländer«, er sagte aber nicht, was ich mit dem Holländer tun sollte.

kreuzer online: Und das MDR-Sinfonie-Orchester spielt quasi nach Deiner Pfeife?

TOPPINEN: Ja, das kann man so sagen. Jemand anderes hat die finale Orchestrierung übernommen, ich habe aber angegeben, wo ich Bläser haben will etc. Aber all die Themen und Melodien stammen von mir. Wir sitzen dann zehn Meter über der Bühne – zum Glück durch ein Seil gesichert –, spielen und bangen von oben aus der Kulisse. Bei den Proben hatten wir bisher schon etwas Bammel vor der Tiefe.

kreuzer online: Apocalyptica und das Orchester spielen gegen oder miteinander?

TOPPINEN: Beides, manchmal sind wir auch allein dran, also wirklich Apocalyptica-Metal mit voller Lautstärke, Drum-Kit, kraftvollen Riffs. Irgendwie passt das Ganze – in meinen Augen – gut mit Wagner zusammen, ist kein großer Clash.

kreuzer online: Mit »Wagner Reloaded« geht es dann auf Tournee?

TOPPINEN: Wer weiß? Wir machen das jetzt erst einmal und hoffen natürlich, dass es die richtigen Leute sehen, die die Show dann einkaufen. So ein Mammutprojekt kann man nicht einfach so rumschicken.

kreuzer online: Und welche Pläne hat Apocalyptica danach?

TOPPINEN: Eigentlich befinden wir uns im Sabbatical dieses Jahr ...

kreuzer online: ... und macht dann so ein Projekt?

TOPPINEN: [Lacht] Ja, das ist nur unser kleines Off-Year-Projekt. Aber für die anderen ist es nicht so massiv wie für mich. Sie sind vielleicht so einen Monat damit beschäftigt. Aber wir machen keine Open-Airs, kein nichts sonst dieses Jahr. Wir werden uns dann Ende September wieder zusammenfinden und planen eine Live-CD über die Wagner-Sache, die wir im Dezember veröffentlichen wollen.


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