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Kultur

»Nicht nur Konzerte, die Selbstläufer sind«

Der neue Musikkurator des Schauspiels Tobias Schurig über seine Pläne

  »Nicht nur Konzerte, die Selbstläufer sind« | Der neue Musikkurator des Schauspiels Tobias Schurig über seine Pläne

Mit dem Intendantenwechsel am Schauspiel Leipzig wechselt auch der Musikkurator. Am Sonntag startete Tobias Schurig das Konzertprogramm mit Bohren & der Club of Gore, es folgen Blixa Bargeld und das Improvisationskollektiv The Group. Ein Gespräch über Tanzen im Theater, Guckkastenkonzerte und Subkultur in Leipzig.

kreuzer: Konzerte im Theater sind oft schwierig, weil man sich nicht bewegen kann und in seinem gepolsterten Stuhl so eingelullt wird.

TOBIAS SCHURIG: Theater als Raum für Konzerte zu nutzen, finde ich spannend, da sich vielseitige Möglichkeiten ergeben. Natürlich ist ein bestuhlter Saal nicht immer passend, wenn die Musik nach vorne geht und man dazu tanzen möchte. Das ist der Grat, den man bei der Musikauswahl gehen muss: Passt das jetzt oder nicht? Die ersten zwei Konzerte werden auf der Großen Bühne stattfinden und passen von der Art der Musik und des Auftritts her in den Theaterrahmen. The Group werden auf der Hinterbühne spielen. Dafür haben wir uns gemeinsam mit den Künstlern ein besonderes Raumkonzept überlegt. Ich finde es wichtig, eine klassische Konzertsituation auch einmal aufzubrechen.

kreuzer: Zum Beispiel, indem man andere Kunstformen wie die bildende oder darstellende mit einbezieht?

SCHURIG: Ja, dafür haben wir diesen tollen Theaterraum, in dem man die Popmusik mit anderen Kunstformen verbinden kann – zum Beispiel Martin Eders Ruin mit dessen Visuals-Konzept. Man kann über das klassische Guckkastenkonzert hinausgehen und interessante Synergien finden. Ich habe vor, die unterschiedlichen Räumlichkeiten wie das Foyer oder neue Spielstätten wie die Baustelle mit einzubeziehen.

kreuzer: Wird sich das Musikprogramm durch den Wechsel verändern?

SCHURIG: Vergleiche zu ziehen würde ich den Rezensenten vorbehalten. Stilistisch werde ich das Spektrum weit aufmachen. Zum einen Konzerte, die sich im klassischen Popmusikkonzept verorten lassen, die Elemente aus Avantgardeströmungen und elektronischer Musik mit einfließen lassen. Zum anderen ist mir aber auch wichtig, Musik zu bringen, die auch mal verstörend sein kann und Auseinandersetzung fordert. Dementsprechend divers wird es, hoffe ich. Und ich habe vor, Popdiskurse zu führen. Themen aufzugreifen, die die Stadt betreffen, und diese auch hier zu diskutieren.

kreuzer: Du veranstaltest seit fast zehn Jahren mit dem Schubladenkonsortium an verschiedenen Orten Leipzigs Konzerte. Machst du das weiter?

SCHURIG: Ja, die Schublade wird es weitergeben, als unabhängige Konzertreihe von unabhängigen Leuten.

kreuzer: Worin unterscheidet sich das Musikprogramm am Schauspiel vom Schubladenprogramm?

SCHURIG: Im Schauspielhaus nutze ich stärker als anderswo die theatralen Räume, die mir zur Verfügung stehen. Ich lade Künstler ein, um ihnen die Möglichkeit zu geben, den Raum zu bespielen und zu erweitern, um eine Verbindung zwischen Musik und Theater herzustellen.

kreuzer: Das finanzielle Risiko für dich als Booker am Theater ist nicht so hoch, da es Förderung von der Stadt gibt. Wirst du daher auch Bands einladen, bei denen man im Voraus nicht sagen kann, ob da mehr als 20 Leute kommen?

SCHURIG: Wir wollen natürlich auch im Schauspiel ein volles Haus haben. Aber trotzdem ist der Raum dafür gedacht, dass man hier manches umsetzen kann, was woanders räumlich, technisch und finanziell so nicht möglich wäre. Es geht darum, die Stadt zu bereichern. Dass man nicht nur Konzerte veranstaltet, die auch Selbstläufer sind.

kreuzer: Als mit Christoph Gurk vor fünf Jahren auch Musikveranstaltungen ins Theater kamen, wurde die Befürchtung laut, andere Konzertorte könnten darunter leiden.

SCHURIG: Da gab es von Anfang an die Skepsis, dass Dinge abgegraben werden. Sind sie aber nicht. Über die fünf Jahre ist keiner der Clubs weggebrochen. Zudem hat Gurk, als er in die Stadt kam, auch die Kommunikation gesucht. Er ist auf mich als freiem Konzertveranstalter zugekommen oder auch aufs Conne Island. Man muss damit verantwortlich umgehen, also hier in der Stadt zusammenarbeiten und nicht gegeneinander. Meine Erfahrungen sind da als Veranstalter ziemlich positiv. Mit den vielen Läden, mit denen man etwas zusammen machen kann, und ich hoffe, dass ich da auch weiter anknüpfen kann. Wir haben hier eine subkulturelle Basis wie nur wenige andere Städte, hier können sich Musikströmungen entwickeln.


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