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Kultur

Freiheit wird sich rausgenommen

»1984«-Auftakt: Ornament & Verbrechen läuten die (P-)Ost-Punk-Retrospektive ein

  Freiheit wird sich rausgenommen | »1984«-Auftakt: Ornament & Verbrechen läuten die (P-)Ost-Punk-Retrospektive ein

»Big Brother is watching you!« »So what – fuck off!« Ausgerechnet in jenem Jahr, in dem George Orwell seinen Roman um den totalen Überwachungsstaat ansiedelt, bebte das subkulturelle Begehren im Ostblock besonders stark. Was Toxoplasma fürs westdeutsche 1981 besangen (»noch ist Zeit um was zu ändern 
/ noch ist Zeit um was zu tun«) kochte 1984 hinterm Eisernem Vorhang über. Wenn man schon mal im Gedenkjahr ist – immerhin feiern wir 450 Jahre Shakespeare, 300 Jahre Schreibmaschine und Dampfkochtopf, 70 Jahre Kortison und 60 Jahre Pixiebuch und klar: 25 Jahre Schabowski und der Zettel –, kann man ja auch mal das »Orwell-Jahr« mit reinziehen.

Das Schauspiel Leipzig, naTo und das Zonic Magazin starten also eine Veranstaltungsreihe rund um Punk & Co. in den Bruder- und Schwesterstaaten. Bevor im Oktober zum Beispiel die legendären Leipziger L’Attentat auftreten werden – das Konzert ist leider schon ausverkauft –, und man an mehreren Abenden bis in den November hinein 1984 in Wort, Bild und Ton weiter ausbuchstabiert, kommen am Samstag Ornament & Verbrechen (O&V) zu Gehör. Von Adolf Loos hat das Punk-Brüder-Duo Ronald und Robert Lippok seinen Namen übernommen, als sie sich 1982 gründeten. Ab 1984 bliesen sie mit nicht autorisierten Selbstveröffentlichungen – sogenannten Samisdat – zur Gegenöffentlichkeit. Eher als künstlerische Plattform denn Band – so das Selbstverständnis von O&V – auftretend, flossen Gigs in Performances über, mixten die Brüder von Jazz bis Elektro die Stile und agierten oft multimedial. Zwischen Avantgarde-Noise und zerbrechender Endstille, Struktur und Teppich wird sich ihr Auftritt bewegen. »Die Freiheit wird nicht kommen, / Freiheit wird sich rausgenommen.«: Zuvor plaudern Lyriker Bert Papenfuß, der Veröffentlichungsverbote durch Verfassen von Punk-Song-Texten umging, mit dem Macher der »ostPunk. Too much future«-Ausstellungen Henryk Gericke und dem Journalisten Robert Mießner über das damalige Beben der Subkultur. Ein musikalischer DJ-Rundumschlag ums Jahr 1984 lässt die Nacht ausklingen und lässt tanzbare Plattenbauten erwarten.

Ornament & Verbrechen at soundexchange festival Chemnitz 2012 from soundexchange on Vimeo.


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