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Kultur

»Null acht fuffzehn« und Sturmtief

Der Spinnereirundgang am Samstag war wie das Wetter – durchwachsen

  »Null acht fuffzehn« und Sturmtief | Der Spinnereirundgang am Samstag war wie das Wetter – durchwachsen

Wenn der Wetterdienst Unwettergefahr verkündet, dann scheint ein Besuchersturm zum kleinen Winter-Rundgang eher unwahrscheinlich. Aber ganz im Gegenteil: Bei wärmeren Temperaturen als zum letzten Frühjahrs-Rundgang fanden sich Unmassen an Menschen auf der Spinnerei ein. Dies könnte wiederum bedeuten, dass gerade unstete Wetterlagen vor allem sehr viele junge Menschen zur Kunst drängt, denn die scheint beständiger.

Die Galerien boten ein durchwachsenes Programm. Es zeigte sich sehr schön, dass gestandene Positionen aus einem reichen Arsenal an Formen und Inhalten schöpfen, während wiederum andere auffielen, die es mit der Kunst wohl etwas zu leicht nehmen.

Rein formal gesehen lagen Malerei und Fotografie Kopf an Kopf vor Zeichnung, Skulptur und sehr weit abgeschlagen dahinter bewegte Bilder. Das ist so neu nicht, denn es handelt sich beim Rundgang nicht um eine Volksergötzung, sondern es zählt der Verkauf. Auch wenn das manchmal vergessen wird.

In der Malerei halten sich fast alle an die Tendenz zum Figurativen – gern melancholisch düster (Sahar Zukerman bei der neueröffneten Galerie The Gras is greener, Alexander König bei Josef Filipp) oder als Kontrastprogramm zu geometrischen Flächen (Ákos Birkás bei Eigen+Art). Das sieht alles ganz nett aus, aber so richtig keck und/oder frisch wirkt nichts davon. Schlägt der Puls in diesen sicheren Gefilden im Normalbereich, bewegt das Gezeigte bei Kleindienst, weil man plötzlich selber ganz vergisst, dass es beim Rundgang um Verkauf geht. Aber was uns Corinne von Lebusa da mit dem halbwegs schlau klingen wollenden Titel »Was ich seh, sieht das Andere« anbietet, ist erschreckend. Die Bilder schreien vor Naivität und Ornament. Beide werden mal ein bisschen dreckiger und mal etwas kalauernder eingesetzt. Aber das macht die Sache nicht besser.

Wie immer testosterongeladen tritt der Laden für Nichts auf. Mit dem Titel »null acht fuffzehn« lagen die Erwartungen so, wie sie in Erfüllung gingen. Großflächig aufgetragene Jungssprüche in Kombination mit Collagen, Malerei oder einer schwarzen Diskokugel drapiert um Partytisch und DJ-Pult von den Galeriekünstlern dekoriert – und fertig. Dass es zwischen diesen Welten durchaus genügend Raum für etwas anderes gibt, zeigt in bewährter Form Grit Hachmeister bei ASPN mit ihrer Sammlung von Selbstporträts.

Bei den Fotoarbeiten lag der klare Trend in Richtung erweiterter Geschichtsaufarbeitung. So kombinierte Matthias Hoch seine Serie »Silver Tower« zum ehemaligen Hauptsitz der Dresdner Bank mit Fotografien und Video, die während eines Stipendiums in Japan entstanden. Bei b2 verweist Caroline Hake in ihren Serien »Non Stop« und »IGS« auf den Zusammenhang von Raum, Zeit und Geschichte an unterschiedlichen Orten zu unterschiedlichen Zeiten in einer sehr unaufgeregten Art und Weise. Silke Koch zeigt mit Ausschnitten aus ihrer Serie »After Gravity’s Rainbow« im Archiv Massiv den möglichen Sprung aus der Vergangenheit in die Zukunft. Die von ihr geschaffenen Flugmodelle aus DDR-Alltagsgegenständen fordern Geschichten zu vergangenen Zukunftsmodellen geradezu heraus. Diese Kombination aus Vergangenheit und Gegenwart bearbeiten Samir Harb und Danny Wagner in der Präsentation der jeweiligen Werke in der Halle 14. Während Harb räumliche Umschichtung in Ramallah per Modell oder Graphic Novel verbindet, arbeitet Wagner an Geschichten, die Inseln passieren können. Das können manchmal sehr schöne, sehr komische und sehr schlimme sein, aber so ist es überall.

Die Spinnerei lädt Anfang Mai wieder zum Rundgang. Ob das eine Schönwetterrunde wird, zeigt sich dann.


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