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Kultur

Vibrierend für einige Tage

Der HGB-Rundgang zwischen Ornament und Politik

  Vibrierend für einige Tage | Der HGB-Rundgang zwischen Ornament und Politik

Vor zwanzig Jahren war zur HGB im kreuzer unter der Überschrift »Die Insel der Mutlosen« zu lesen, wie das Wasser in der Oase Malerei und Grafik durch Stellenbesetzungspolitik langsam versiegte. Damals erahnte niemand, dass einige Jahre später eine große Welle über das Haus schwappen würde, die viele Menschen aus Nah und Fern zum Rundgang drängte.

Heute sieht das etwas anders aus und Oase käme wohl auch den Wenigsten in den Sinn. Trotzdem wird gefeiert und werden zum Abschluss des 250. Jubeljahres die Fahnen gehisst, die ringsum das gestandene Alter und die Tradition verkünden sollen. Welche das genau sein soll, bleibt im Inneren eher diffus.

Es könnte die figurative Malerei sein wie ein handwerklich geschultes Grundstudium, wenn die heutige Malerei-Abteilung in Betracht gezogen wird. Dafür müssen natürlich Arbeiten in Augenschein zu nehmen sein. Die Fachklasse für Bildende Kunst von Astrid Klein kommt ohne aus. Zu groß sei die Anstrengung, eine Klassenpräsentation beim Berliner Gallery Weekend Anfang Mai zu stemmen. Da müssen lau kalauernde Plakate zur Ankündigung in der Hauptstadt und eine Bar ausreichen, die die Wertigkeit von Stadt und Schule recht klar zeigen.

Auch die Klasse Expanded Cinema agiert an einem anderen Ort. Allerdings füllt sie den Neubau der Galerie für Zeitgenössische Kunst gleich nebenan auf. Dort kümmert sie sich bis Ende Juni um Utopien und Zukunftsängste.

Die Fotografieklassen geben sich gewohnt gediegen. Da wird sich einerseits um allseits bekannte Theoriewörter geschlängelt oder Filmmotive neu erschlossen.

Kafka in der Vorstellung zeigt die Klasse Typografie von Günter Karl Bose in einer Raum-Text-Installation. Raum-Bild-Ton dagegen vereint das 2. Studienjahr Buchkunst/Grafik-Design in einer begehbaren Bierkasteninstallation, die nicht nur den Boden wippen lässt beim Anblick von bemalten Sportwagen.

Die aktuellen politischen Ereignisse tauchen ebenfalls auf – ob im ersten Studienjahr Medienkunst im Rahmen des Projektes »Offene Fragen« oder eher demonstrativ bereits im Lichthof mit dem Spruch »Du bist noch immer in Deutschland«.

Die Diplomarbeiten, die während des Rundgangs zu sehen sind, erscheinen in Galerie und Festsaal sehr ausgewogen ohne Ausreißer nach unten oder oben. Es stehen Wunder auf dem Plan wie Alltagsgestalten und laue Kunstmarktkritik.

Ganz im Zeichen des Jubels präsentiert sich das dritte Studienjahr der Medienkunst dem Titel nach im Tapetenwerk. Wobei Jubel nicht immer gleich Jubel zu sein scheint.


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