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Vertrauen motiviert

Schemapädagogik verbessert die Beziehung zwischen Pädagogen und verhaltensauffälligen Heranwachsenden

  Vertrauen motiviert | Schemapädagogik verbessert die Beziehung zwischen Pädagogen und verhaltensauffälligen Heranwachsenden

»Problemschüler« – das ist ein Begriff, zu dem fast jeder Pädagoge einen persönlichen Bezug hat. Meistens meint das Problematische dabei weniger die Leistung als das Verhalten des Jugendlichen. Und oft verhärtet sich die Konstellation renitenter Schüler – überforderter Lehrer derart, dass bei Letzterem der Burnout droht. Die Schemapädagogik ist ein noch recht junges Konzept, das eine Lösung aus diesem Dilemma geben möchte. Es vereint verschiedene psychologische und pädagogische Ansätze und wurde seit 2010 von Marcus Damm, Erziehungswissenschaftler und Psychologe, entwickelt.

»Beziehungsstörungen finden auf unterschwelliger Ebene statt. Sie beruhen auf Strategien, die in der Kindheit erlernt wurden, weil das Kind durch sie wichtige Bedürfnisse stillen konnte. Im späteren Leben sind diese Strategien oft problematisch«, erläutert Damm. Im Klassenraum äußert sich dies durch Psychospiele und »Tests«, mit denen der Schüler den Pädagogen konfrontiert und bei diesem oft einen »roten Knopf« drückt. Destruktive Verhaltensautomatismen, die auf beiden Seiten greifen, sind die Folge. Ein Teufelskreis, aus dem eine Befreiung unmöglich zu sein scheint.

Hier setzt die Schemapädagogik an. Sie kennt verschiedene problematische Ausgangslagen wie beispielsweise emotionale Vernachlässigung. Dem jeweiligen »Schema« steht ein Grundbedürfnis gegenüber, bei emotionaler Vernachlässigung etwa ist es das Bedürfnis nach Bindung. Der »Modus«, in dem sich ein Mensch in diesem Schema befindet, ist der eines verletzbaren oder wütenden Kindes. Die Schemapädagogik vermittelt dem Erzieher das Handwerkszeug, mit dem er die jeweilige Psychodynamik durchschaut und das eigene Verhalten darauf abstimmen kann. Das Ziel ist es, den »problematischen« Schüler in einen positiveren Zustand zu versetzen, eine vertrauensvollere Bindung zum Pädagogen herzustellen – und damit die Lernmotivation zu verbessern.

Voraussetzung ist, dass die Pädagogen über ihre eigenen wunden Punkte Bescheid wissen, denn diese sind der Ausgangspunkt für die Manipulationen der Schüler. Diese oftmals blinden Flecken werden in der Weiterbildung mithilfe eigener Biografiearbeit untersucht. Marcus Damm kennt die Problemfelder, über die er spricht, aus seinem eigenen Arbeitsalltag als Berufsschullehrer. Eine von ihm erprobte Methode ist, ein Video zu drehen, das die Schüler mit ihrem eigenen Verhalten konfrontiert. Den Schülern werden so ihre jeweiligen problematischen Rollen vor Augen geführt und konkret tituliert, zum Beispiel als »Aggro-Thomas«. Die Rolle ist dabei immer nur eine Persönlichkeitsfacette des Schülers, der Pädagoge kann sich durch deren Benennung darauf beziehen und so schwieriges Verhalten reflektierbar machen. Um ein solches gemeinsames Nachdenken und gegenseitiges Rückmelden – auch vom Schüler zum Lehrer – geht es Damm in der Interaktion zwischen beiden Seiten.

Die Fachakademie für psychosoziale Beratung und Therapie bietet die Schemapädagogik als sechsmodulige Weiterbildung an Wochenenden über ein reichliches halbes Jahr hinweg in Leipzig an. Der erste Durchgang läuft seit Herbst 2014, der zweite startet im April. Inhaberin Marie A. Bochmann freut sich über die gute Resonanz: »Ich halte die Schematherapie für das Therapieverfahren der Zukunft, weil es an den Potenzialen der Klienten ansetzt und die Therapiebeziehung eine tragende Rolle einnimmt.« Sie ist sich mit Marcus Damm einig, dass der konstruktive Umgang mit schwierigen Schülern bei der pädagogischen Ausbildung zu wenig Raum erhält.

Die Weiterbildung richtet sich an Interessenten mit pädagogischem, psychologischem oder soziologischem Fach- oder Hochschulabschluss, einer erzieherischen Ausbildung (Fachschule) oder Heilpraktiker-Ausbildung.


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