anzeige
anzeige
Stadtleben

Der Führer läuft nicht

Anekdoten vom Legida-Abendspaziergang

  Der Führer läuft nicht | Anekdoten vom Legida-Abendspaziergang

Bei der Legida-Demo am Montagabend war wieder mehr los als bei den letzten. Schließlich hatte Führer Bachmann ganz Dresden aufgefordert, Legida in Leipzig zu unterstützen. Es kamen dann wohl insgesamt etwa 800 Menschen zum Abendspaziergang. Deutlich mehr Gegendemonstranten zeigten an verschiedenen Ecken ihren Unmut darüber. Mit Kirschsaft, Pfeifen und Blasinstrumenten. Auch die kreuzer-Redaktion war unterwegs.

 

Kippe vor Kotze

Auf dem Weg von der Thomaskirche Richtung Martin-Luther-Ring stellt sich den Anti-Legida-Demonstranten, die hier zahlreich parallel zur Legida-Demo schreiend langlaufen, eine ältere Dame in den Weg, die hier sonst ihr Revier für den Verkauf der Kippe hat. Sie will aber niemanden aufhalten, sondern fühlt sich berufen, alle auf den Haufen Erbrochenes auf der Straße hinzuweisen. Auf dem Rückweg steht sie leider nicht mehr da, eher zufällig trampeln wir nicht hinein. MEW

Der Führer läuft nicht

Wo ist nur Lutz Bachmann? Ich bin ein bisschen spät auf der Gida-Demo angekommen und möchte ein schönes Foto machen, auf dem der Führer aus Dresden, seine Kameraden und sein Leipziger Gauleiter Johnke gemeinsam zu sehen sind. Am besten sollen sie lächelnd hinter ihren Bannern mit der hässlichen Schriftart herlaufen. Doch von Bachmann fehlt jede Spur, stattdessen laufen nur Nazis mit oder ohne Ordnerbinden und Rentner an mir vorbei. Die Gidas machen obszöne Gesten in Richtung Gegenprotest und zücken auf meiner Höhe schnell ihre Handys, um Bilder vom Fotografen mit Kamera vor dem Gesicht zu machen. Wie langweilig.

Wie ich kurze Zeit später feststelle, stand Bachmann die ganze Zeit vor der Blechbüchse herum und rauchte. Warum, erfahre ich von Kollegen: Eine Gegendemonstrantin hatte den Würstchenverkäufer, Einbrecher und Alimentenschuldner mit Kirschsaft übergossen. So gezeichnet wollte der 42-Jährige offenbar nicht unter das Volk. Lieber blieb er zurück, um sich ein neues T-Shirt anzuziehen. Vom begossenen Pudel Bachmann gibt es leider nur ein unscharfes Bild auf Twitter. Ein hochauflösendes Großformat wäre das Foto des Tages geworden. ENSHA

Hitlergruß

Zwischen Evangelisch-reformierter Kirche und Blechbüchse ist alles voller Menschen, trotzdem fahren Straßenbahnen und Autos, als wäre nichts. Manche Autos hupen, man weiß nicht, wie das einzuordnen ist. Vielleicht Hupen gegen rechts. Von den Reden ist nichts zu hören, statt dessen ein anhaltendes »Halt die Fresse!«. Da kommt ein junger Mann des Wegs. Er stellt sich in die aufgepeitschte Menge und hebt den rechten Arm zum Hitlergruß. Bevor empörte Zivilisten reagieren können, ist schon die Polizei zur Stelle und zeigt: Wenn der Arm bereits oben ist, ist der halbe Weg zur Festnahme schon erledigt. FRR

»Ich bin Volker!«

Mehr Leute als sonst protestieren aus westlicher Richtung, geschätzte 200 sind auf Fahrrädern und zu Fuß unterwegs, spurten zu jeder Ring-Querstraße und protestieren laut. Bosestraße, Legida auf dem Rückweg: Die Demospitze passiert, beginnt »Wir sind das Volk!« zu rufen. Erst eins, dann viele »Ich bin Volker!« wird erwidert. Legida verstummt. »Nazis raus!«-Chöre werden Richtung Gegendemonstranten vorgetragen von Menschen mit und unter rassistischen Bannern. Ordner schubsen zwei Legidisten in die Demo zurück, bevor die hinzukommende Polizei eingreift. Die beiden wollten sicher nur das Gespräch suchen. Am Schluss läuft eine ältere Frau, das ist zumindest der Frisur nach anzunehmen, und hält sich ein Transparent mit »Kein Platz für vermummte Linksfascho’s« [sic!] vors so vermummte, ähm: unkenntlich gemachte Gesicht. TPR

Mittelfinger gen Sonnenuntergang

Neben den Brühl-Arkaden ist es unfassbar laut. Einige der Gegendemonstranten halten sich selbst die Ohren zu, während sie pfeifen, buhen, schreien: »Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda« in Richtung Legida-Anhängern. Von denen schauen einige bedröppelt zurück. Hinter ihnen geht im Abendland die Sonne unter. Ein romantisches Bild voller emporgehobener Mittelfinger, die sich den Legi-Pegidioten entgegenstrecken. Ein paar Blasmusiker spielen, es wird getanzt und gesprungen. »Wer nicht hüpft, ist für Legida.« Als die Legida-Anhänger der gebrüllten Aufforderung »Haut ab, haut ab!« nur langsam nachkommen, stellt ein ver.di-Mitarbeiter die mitgebrachte Box auf laut. »Und darum sagen wir auf Wiedersehen! Auf Wiedersehen!«, dröhnen die Toten Hosen. Legida verschwindet. Das mit dem Wiedersehen war allerdings nicht so gemeint. JUST


Kommentieren


6 Kommentar(e)

Daniel Böttner 07.07.2015 | um 17:12 Uhr

Gehupt wurde weil jemand ein Schild dabei hatte "Hupen gegen Rechts". ;)

Mr. Woman 09.07.2015 | um 17:24 Uhr

... Kreuzer Niveau, mit jedem Thema geht's weiter runter, naja, passt zum Zeitgeist würde ich sagen. Differenzierung ist nicht die Stärke dieses Blatt's. Pegida ist aber wirklich uncool.

domestos 08.07.2015 | um 21:17 Uhr

sonst kommen die nazivergleiche immer erst in den kommentaren. hier macht das der agitator im artikel gleich selber. sagt einiges übers niveau.

hhhrhrh 07.07.2015 | um 14:52 Uhr

Die Autofahrer wurden von einem Gegendemonstrant mit Schild dazu aufgefordertert gegen LEGIDA zu Hupen. Besonders schön der Brummi Fahrer, der dieser Bitte nachkam!

Frage 08.07.2015 | um 15:12 Uhr

Was bedeuten denn die Abkürzungen wie MEW, ENSHA etc ?

Onlineredaktion 08.07.2015 | um 15:23 Uhr

Das sind die Kürzel der Autoren: Petra Mewes, Clemens Haug, Franziska Reif, Tobias Prüwer und Juliane Streich.