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Filmkritik

Frühling im Herbst

Die Kinostarts im Überblick und was sonst Filmisches in der Stadt geschieht

  Frühling im Herbst | Die Kinostarts im Überblick und was sonst Filmisches in der Stadt geschieht

Tief Luft holen: Von jetzt an gibt’s kein Zurück! Der Festivalherbst hat begonnen und wir wollen an dieser Stelle nicht über Sinn und Unsinn der Tatsache, dass sich in den nächsten Tagen ganze sechs Filmreihen die Zuschauer streitig machen, diskutieren. Stattdessen freuen wir uns auf viel Kino aus aller Welt! Den Anfang machen die Nordischen Filmtage in der Kinobar (22.10.–28.10.), nächste Woche steht das DOK Leipzig an (26.10.–1.11.), es folgen die Kurdischen Filmtage (12.-14.11.) im Cineding, die Lateinamerikanische Tage (10.–25.11.), die Französischen Filmtage (18.–25.11.) und das chai. China-Filmfestival (26.–28.11.). Nehmt euch also die nächsten Wochen am besten nichts anderes vor. Über die Spielzeiten informiert euch wie immer der kreuzer-Kalender.

Film der Woche: In einem abgelegenen Kriegsgebiet auf dem Balkan irgendwann in den 90er-Jahren siedelt Fernando Léon de Aranoa (»Montags in der Sonne«) seine schwarze Komödie »A Perfect Day« an. Im Zentrum steht eine Gruppe von humanitären Helfern, die parallel zum Blauhelm-Einsatz in der Region die Zivilbevölkerung unterstützen sollen. Sie werden zu einem Brunnen gerufen, in dem die Leiche eines Mannes schwimmt – ein bewährtes Mittel im Krieg um die Wasserversorgung des Gegners zu verseuchen. Der Tote muss innerhalb der nächsten 24 Stunden geborgen werden. Allein es fehlt ein Seil, um den Körper herauszuziehen. Und so machen sich der mit allen Wassern gewaschene Einsatzleiter Mambrú und sein Team auf, um das notwendige Hilfsmaterial zu besorgen. Einfach großartig, was Regisseur und Drehbuchautor de Aranoa anhand der Suche nach einem einfachen Strick alles erzählt. Dicht nebeneinander legt de Aranoa Momente, in denen die Grausamkeit des Krieges eindringlich vor Augen geführt wird, mit Szenen, in denen der Humor zur einzig wirksamen Waffe gegen die herrschenden Verhältnisse wird. »A Perfect Day« kommt als scheinbar lässiges Kriegs-Roadmovie daher, zeigt mit seinem klugen, kontrastreichen Erzählrhythmus aber auch, wozu Menschen fähig sind – im Schlechten wie im Guten. Ausführliche Kritik im aktuellen kreuzer.

»A Perfect Day«: ab 22.10., Passage Kinos, Schauburg (auch OmU)

Zwölf Menschen haben bisher den Mond betreten, aber nur ein Mann hat und wird jemals die immens große Lücke zwischen den Türmen des World Trade Center überqueren: Philippe Petit (Joseph-Gordon Levitt). Unter der Anleitung seines Mentors Papa Rudy (Ben Kingsley) und gemeinsam mit einer bunt zusammengewürfelten Gruppe internationaler Helfer, überwinden sie eine Menge Widerstände, Vertrauensbrüche, Meinungsverschiedenheiten und Risiken, um ihren verrückten Plan durchzuführen. Robert Zemeckis (»Forrest Gump«) erzählt das als märchenhaftes Historienkino mit einem gut aufgelegten Ensemble und atemberaubenden Effekten.

»The Walk«: ab 22.10., Cineplex, Regina Palast, CineStar (3D)

Sommer 1943, die deutsche Sicherheitspolizei kontrolliert das besetzte Ostpolen. Romek (17, Filip Piotrowicz) ist Heizer auf einer Rangierlok und träumt davon, als Lokomotivführer auf der Warschau-Strecke zu arbeiten. Er will das Herz von Franka (16, Urszula Bogucka) erobern, der wunderschönen Tochter eines Bauern, die eine Anstellung als Küchenhilfe im deutschen Gendarmerieposten hat. Dort lernt sie den jungen Deutschen Guido (17, Jonas Nay) kennen, der für das Hören von entarteter Musik in ihr Dorf strafversetzt wurde. Mit seinen Kameraden soll er die Bahnstrecke absichern, nach Flüchtlingen suchen und Partisanen aufspüren. Die Liebe zum Jazz bringt die Drei zusammen. Guido verliebt sich in Franka und zu Romeks Überraschung erwidert sie die Gefühle des Deutschen. Noch scheint die Front weit weg, dafür der Sommer umso näher. Auf dem Weg zur Arbeit, entlang der Zugstrecke findet Romek das verletzte jüdische Mädchen Bunia (16, Maria Semotiuk). Er beschließt ihr zu helfen. Die Vier begegnen ihrer ersten Liebe, befreien sich für den Augenblick aus ihrer rauen Realität und begeben sich in grausame Gefahr. Ihr Wunsch nach Normalität und innigen Beziehungen ist in Verbindung mit dem schrecklichen Krieg zukunftslos, führt zu einer Reihe sich zuspitzender Tragödien – bis hin zu dem Moment, an dem sich jeder einzelne entscheiden muss. Vier Teenager erleben die Grausamkeiten des Krieges auf beiden Seiten – und die Schönheit zwischenmenschlicher Gefühle. Gut besetztes Kriegsdrama, dem es an einer klaren Linie mangelt.

»Unser letzter Sommer«: ab 22.10., Passage Kinos kreuzer verlost Freikarten. eMail an film@kreuzer-leipzig.de (Betreff: »Summer of 43«)

Stell dir vor, wir wachen morgens auf, und alle Musik ist verschwunden. Was bleibt uns, wenn das alles weg ist: Platten, iPods, Instrumente? Wenn wir auch nicht mehr wissen, was das überhaupt war: Musik? Stefan Schwietert begleitet Bill Drummond, den Mann, der mit The KLF einst die Popindustrie kaperte, auf einer Spurensuche.

»Imagine Waking up Tomorrow and all Music has disappeared«: ab 22.10., Cineding

Der Einzelgänger »The Kid« lebt in der post-apokalyptischen Zukunft des Jahres 1997. Als er das Mädchen Apple trifft, muss er sich seiner Furcht stellen und widerstrebend zum Held werden. Doch der selbsternannte, sadistische Wasteland-Anführer Zeus will nicht von ihnen ablassen und macht ihnen das Leben zur Hölle. Blutige Hommage an den Superhelden-Trash der 80er.

»Turbo Kid«: ab 22.10., LURU-Kino in der Spinnerei (OmU)

Die Flimmerzeit im Oktober

Flimmerzeit_Oktober mit ALLES STEHT KOPF, BLACK MASS und DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER plus DVD-Tipp SPRING.

 

Weitere Filmtermine der Woche Die lange queere Filmnacht Queeres Kino mit »Happy End« (D 2014) und »Cloudburst« (USA 2011; OmU). 23.10., 21 Uhr, Frauenkultur

Intimes: Holger – Glück ist jeder Augenblick & Lady Tarna Dokumentarfilme des Berliner Filmemachers Chris Caliman. 23.10., 20 Uhr, UT Connewitz

Kehraus (D 1990) & Kehrein, Kehraus (D 1996) Dokumentarische Langzeitbeobachtungen der Stadt. Gerd Kroske macht den Wandel Leipzigs anhand einer Gruppe Straßenkehrer über zwei Jahrzehnte deutlich. Wie kommen die Menschen mit dem Wandel der Zeit zurecht? Ein spannendes Zeitdokument. Anschließend Filmgespräch mit Gerd Kroske. 23.10., 20 Uhr, Pöge-Haus

Paris Texas Wim Wenders' in Cannes mit der Goldenen Palme prämiertes Roadmovie über den Mythos und den Traum von Amerika mit der Musik von Ry Cooder. Eine filmästhetisch bestechende und emotional mitreißende Synthese aus publikumswirksamem Genrefilm und europäischem Autorenkino. – Psychoanalyse trifft Film 23.10., 19.30 Uhr, Passage Kinos

Hip Hop-eration Hip Hop-eration statt Hüftoperation: Dokumentarfilm um eine ungewöhnliche Seniorentanzgruppe aus Neuseeland, die zu den Hiphop-Tanzweltmeisterschaften nach Las Vegas eingeladen wird. In Anwesenheit des Regisseurs & der Filmkunstmesse-Jugendjury 24.10., 19 Uhr, Kinobar Prager Frühling

I want to break free – Pop vom anderen Ufer Der französische Dokumentarfilm untersucht den Ausdruck von Homosexualität in der Kunst in den Jahren der sexuellen Befreiung. 25.10., 13.30 Uhr, Frauenkultur

Mitgift Im Frühjahr 1990 beschließt der Filmemacher und Kameramann Roland Blum, seine Eindrücke der sich rasant verändernden DDR filmisch festzuhalten. Dabei wird ihm klar, dass das Land kurz vor dem ökologischen Zusammenbruch stand – der Produktionswettlauf mit dem Westen hatte Umweltschäden und Sanierungsstaus in apokalyptischem Ausmaß entstehen lassen. – anschl. Filmdiskussion und Gespräch 26.10., 18 Uhr, Kinobar Prager Frühling

Forum zum Gedichtfilm Die besten Filme aus dem Gedichtfilm-Wettbewerb »Schwarze Ängste. Poetry Clips gegen den Krieg«. 27.10., 10.30 Uhr, Stadtbibliothek

Dearest In einer entlegenen Siedlung muss sich ein Paar mit dem Verschwinden seines Sohnes auseinandersetzen. 28.10., 19 Uhr Konfuzius-Institut Leipzig (OmeU)


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