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Kultur

Bildgewalt und Blaskapelle

Die 25. Euro-Scene hat sich zum Fest herausgeputzt

  Bildgewalt und Blaskapelle | Die 25. Euro-Scene hat sich zum Fest herausgeputzt

Euro-Scene, die 25. – das muss man erst einmal schaffen. »Ich war völlig überfordert«, erinnert sich Ann-Elisabeth Wolff an die Situation, als sie plötzlich Festivalchefin war. Das Festival ging 1991 als Nachwende-Neugründung aus der früheren Leipziger Schauspielwerkstatt hervor. Im Untertitel hieß es damals noch Festival »europäischer Avantgarde«. In diesem Jahr möchte Wolff erinnern, aber auch künstlerisch nach vorn schauen. Dafür hat sie einige Künstler wieder nach Leipzig geholt, die frühe oder fast ständige Wegbegleiter waren.

Euro-Scene, die 25. – das muss man erst einmal schaffen. »Ich war völlig überfordert«, erinnert sich Ann-Elisabeth Wolff an die Situation, als sie plötzlich Festivalchefin war. Das Festival ging 1991 als Nachwende-Neugründung aus der früheren Leipziger Schauspielwerkstatt hervor. Im Untertitel hieß es damals noch Festival »europäischer Avantgarde«. Wolff war von Anfang an dabei, zunächst als Stellvertreterin von Matthias Renner. Der aus Dresden stammende Theaterwissenschaftler hatte die Idee zum Festival und da man sich in seiner Heimatstadt seit jeher aufs Konservieren statt Experimentieren verstand, suchte er nach Mitstreitern in Leipzig. Sein plötzlicher Tod kurz vor dem dritten Festival war ein Schock für alle und riss ein Loch nicht nur in die Festivalleitung. Plötzlich stand Wolff vor der Entscheidung, selbst das Ruder zu übernehmen oder die Euro-Scene sterben zu lassen. »Aber das durfte es doch nicht gewesen sein. Wir wollten das Erbe Matthias Renners und das Festival der Stadt erhalten.« So machte sich Wolff fortan selbst auf die Suche nach dem avantgardistischen Theater in Europa, organisierte Veranstaltungsorte, überzeugte Partner sowie Sponsoren. An all diese möchte Wolff in diesem Jahr erinnern, aber auch künstlerisch nach vorn schauen. Als kleines Geschenk an sich selbst und die Besucher – aber auch »Bekenntnis«, wie Wolff sagt – hat sie einige Künstler wieder nach Leipzig geholt, die frühe oder fast ständige Wegbegleiter waren. Choreograf Alain Platel fehlt natürlich nicht – er wird unter Mithilfe der Orchester Liebertwolkwitz und Holzhausen ein Blaskapellenuniversum erschallen lassen. Eröffnen wird das Festival das Tanzstück »Rosas danst Rosas« von Anne Teresa De Keersmaeker, das schon 1992 auf der Euro-Scene zu sehen war. »Dieses Stück war so entscheidend und prägend für eine ganze Ära des zeitgenössischen Tanzes«, immunisiert sich Wolff gegen mögliche Kritik an der Wiederholung. Besonders freut sich die Leiterin, dass sie Leszek Mądzik wiedergefunden und eingeladen hat. »Er war auf der ersten Euro-Scene mit einem bildgewaltigen, fast religiösen Stück vertreten. Dann geriet er mir aus den Augen und war verschwunden, bevor er mir wieder ins Bewusstsein rückte.« Doch ihn zu kontaktieren sei gar nicht so einfach gewesen. Letztlich habe es Monate und zig Ecken gebraucht, um an die Adresse des Polen zu gelangen, so zurückgezogen lebt und arbeitet er. In Leipzig wird sein Stück »Bruzda« (»Die Furche«) zu sehen sein. Darin spielt er selbst erstmals auf der Bühne mit, verkörpert als Mensch stellvertretend die ganze Menschheit. »Ihm zur Seite ist eine junge Leipzigerin als Hoffnung gestellt«, sagt Wolff. Welch Symbolik.


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