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Stadtleben

Mehr als Charity

Wo man im Netz Geflüchteten helfen kann – eine Übersicht

  Mehr als Charity | Wo man im Netz Geflüchteten helfen kann – eine Übersicht

Immer wieder wollen Menschen Geflüchteten helfen, wissen aber nicht, wie. Im Zuge dieser Entwicklung gründeten Aktivisten, Start-up-Unternehmer oder andere engagierte Menschen zahlreiche Onlineportale, die sowohl unbürokratisch Sachleistungen, Wohnraum, soziale Angebote als auch allgemeine Informationen über das Leben in Deutschland für Geflüchtete bereitstellen sollen. Wir haben uns ein paar der für Leipzig relevanten Seiten näher angeschaut.

 

ankommen.eu

Das Onlineportal ankommen.eu ist seit September 2015 online und dient dem Ziel einer »einfachen, übersichtlichen und selbstbestimmten Gestaltung« von Spendenvorgängen, wie die Mitinitiatorin des Projekts, Alex Brockhauser, erklärt. Ohne großen bürokratischen Aufwand und Umwege sollen so die Spenden direkt bei denen ankommen, die sie brauchen. Doch ankommen.eu definiert sich nicht nur als reine Spendenplattform, sondern auch als »Vermittlungsplattform« zwischen Spendern und Geflüchteten. Durch die Kontaktaufnahme von Spendern und Geflüchteten sollen sozialer Austausch und Begegnung entstehen abseits der sonst üblichen anonymen Sprendenpraxis, was für die Integration unabdingbar ist. Mittels einer einfachen und schnellen Registrierung können binnen kürzester Zeit Gebrauchsgegenstände jeglicher Art angeboten werden. Geflüchtete können sich ebenfalls über ein in 14 Sprachen zugängliches Formular registrieren oder von den Sozialarbeitern registrieren lassen.

Damit das Portal sein Angebot noch mehr Geflüchteten zugänglich machen kann, ist die Evaluation des Projekts vor allem durch geflüchtete Personen wichtig, die aber schon aktiv – z.B. an der Übersetzung des Portals in 14 wählbaren Sprachen – mitwirken. Das Feedback ist laut Eigenaussage bis jetzt vorwiegend positiv. Kein Wunder: 14 optional wählbare Sprachen, eine einfache Anwendungssymbolik sowie eine klare Strukturierung des Portals sorgen für eine ausgewogene Anwenderfreundlichkeit, die vor allem für Laien und nicht deutsche Muttersprachler Zugangsbarrieren merklich reduziert.

 

Help.to


Bildschirmfoto 2016-02-22 um 12.55.31Help.to wurde im letzten Jahr vom Verein »Neues Potsdamer Toleranz Edikt« entwickelt. Seit Mitte Februar existiert – dank des StuRa der Uni Leipzig sowie der Fjällsangels – auch eine Seite für Leipzig. Mitbegründer Sebastian Gillwald erklärt, mehr als eine »reine Internetplattform« sein zu wollen. Bereits der erste Blick auf das Portal bestätigt diese Einschätzung, denn drei wählbare Aktionen werden angeboten: Sachen spenden, Zeit spenden, Engagement unterstützen. Während unter »Sachen spenden« sämtlicher Hausrat, Möbel, Fahrräder etc. angeboten werden können, können bei der Option »Zeit spenden« engagierte Bürger gemeinsame Unternehmungen mit Geflüchteten verabreden. Schnell und unkompliziert (nur eine nicht zeitaufwendige Registrierung ist nötig) kann so sozialer Austausch entstehen, der wiederum zu mehr Selbstermächtigung bei den Geflüchteten beitragen soll.
 Bei der dritten Option »Engagement unterstützen« kann man unbürokratisch mit zivilgesellschaftlichen Initiativen und Organisationen in Kontakt zu treten, die hier ihren Bedarf artikulieren können.

Ein großer Nachteil von help.to besteht auf dem ersten Blick in der mangelnden Sprachauswahl. Mit Englisch und Deutsch stehen gerade einmal zwei Sprachen zu Verfügung, was aber laut Gillwald kein Problem darstellt, da die Refugees dank des einfachen Sprachgebrauchs im Portal selber ohne Probleme die Inhalte per Google Translator übersetzen können. Das Feedback der Supporter als auch der Geflüchteten fällt bislang überwiegend positiv aus.

Doch damit help.to seinen eigenen Ansprüchen, eine plurale und mehrdimensionale Plattform für ein ganzheitliches Unterstützungsangebot zu sein, gerecht werden kann, muss das neue Portal schnellstmöglich bei Initiativen, Refugees und Support an Popularität gewinnen. Das Potenzial dazu besitzt die Plattform auf jeden Fall.

 

Flüchtlinge Willkommen

Bildschirmfoto 2016-02-22 um 12.57.26»Warum können geflüchtete Menschen in Deutschland nicht einfach in WGs wohnen statt in Massenunterkünften«? Mit dieser einfachen, aber immer wieder für politische Reibungspunkte sorgenden Frage konfrontiert die Plattform Flüchtlinge Willkommen auf ihrer Startseite ihre Besucher. Tatsächlich zeigen die politischen Debatten der letzten Jahre, dass menschenwürdige Unterbringung abseits von Massenunterkünften und Erstaufnahmeeinrichtungen wichtig ist. Daher entwarf der Verein Mensch Mensch Mensch aus Berlin das Projekt Flüchtlinge Willkommen, welches helfen soll, geflüchtete Menschen in geeignete WGs zu vermitteln. Die Zahlen sprechen für sich. So konnten die Mitarbeiter des Portals laut Homepage bundesweit bisher 267 Vermittlungen ermöglichen. 
Bereits auf der Startseite bekommen Interessierte unter dem Topic »So funktioniert's« ein einfaches Manual zur Verfügung gestellt, in welchem die ersten Schritte der WG Vermittlung kurz und knapp skizziert werden. Ein umfangreiches FAQ beantwortet wichtige Fragen zum Thema »Wohnen mit Geflüchteten«, wie was behördlich beachtet werden muss oder wie eine Finanzierung sichergestellt werden kann. Vermittelt werden volljährige Refugees in WGs, die sich bereit erklären, Wohnraum für mindestens drei Monate einer geflüchteten Person zur Verfügung zu stellen. Das Portal bietet zudem zahlreiche Finanzierungsmöglichkeiten (z.B. durch Spenden) an. Die Seite kann auf Englisch oder Arabisch angezeigt werden. Insgesamt gelingt es »Flüchtlinge Willkommen«, mögliche Bedenken und Sorgen seitens der WGs oder auch von Geflüchteten schon vor der ersten Kontaktaufnahme konstruktiv auszuräumen.

 

interaction Leipzig

Bildschirmfoto 2016-02-22 um 12.58.30Die 2015 gegründete Initiative interaction leipzig versteht sich als »Plattform und Aushandlungsort, an dem sich Menschen mit und ohne Fluchtbiografie, neue und alte Leipziger*innen einbringen, engagieren, interagieren und gemeinsam neue Perspektiven eröffnen können.« Ab April 2016 möchte die Politgruppe einen interaktiven redaktionell betreuten Veranstaltungskalender für Freizeit- und Kulturaktivitäten mit Geflüchteten in Leipzig zur Verfügung stellen, um einen Raum für »simple Begegnungen« zu schaffen, wie Hanna Saur von interaction erklärt – egal ob in einfachen Treffen, Workshops oder Gesprächsrunden. Saur will dadurch auch die Partizipations- und Empowermentsprozesse bei den Refugees verstärken. Dies könne aber nur passieren, wenn von allen Beteiligten die Aktivitäten »gemeinsam und gleichberechtigt mitgestaltet werden können«. So waren auch an der Konzeption von interaction Menschen mit und ohne Fluchthintergrund involviert.

 

Le-support

Bildschirmfoto 2016-02-22 um 12.59.16Die sich noch in einer rohen Protoversion befindliche Plattform Le-support geht auf die Initiaitve des StuRas zurück: »Die Plattform soll vor allem eine schnelle Übersicht über speziell in Leipzig vorhandene Initiaitiven und Projekte ermöglichen, wodurch bei konkreten Anfragen ein unkomplizierter Austausch ermöglicht werden soll«, so Franziska Koop und Simon Feldkamp. Das geplante Portal spreche vor allem zwei Zielgruppen an: Menschen, die sich über Möglichkeiten des Supports informieren wollen sowie die Projekte selber, die sich untereinander vernetzen und ihren derzeitigen Bedarf kommunizieren können. Basierend auf einem einfachen Listenprinzip soll die Seite vor allem von der Gestaltung pragmatisch und benutzerfreundlich ausfallen. Wann die endgültige Fassung online gehen wird ist noch nicht ganz ersichtlich. Anvisiert sind die nächsten Wochen.

Fazit: Das Prädikat »mehr als Charity« können wir aufgrund der vielseitigen Konzeptionen und Verwirklichungsweisen vor allem im Bereich Beteiligung von Geflüchteten im sozialen Alltagsleben jeder der hier getesteten Plattform ausstellen. Die Bereitstellung von mehreren Sprachoptionen, der einfache Aufbau sowie die gezielte Nutzerfreundlichkeit der eingesetzten Symbolen garantieren vor allem für Internetlaien und nicht deutschen Muttersprachlern einen einfachen und relativ barrierefreien Zugang. Nun gilt es aber die zahlreichen Angebote sowohl von Seiten der Anbieter als auch von Refugees breit zu nutzen, damit die gewünschten Synergieeffekte in den Bereichen Vernetzung, Integration auf Augenhöhe und Inklusion erzielt werden können.


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