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Kultur

Der letzte Akt für Eine Welt aus Hack

Das »TransCentury Update«-Festival feiert Transhumanismus-Musik

  Der letzte Akt für Eine Welt aus Hack | Das »TransCentury Update«-Festival feiert Transhumanismus-Musik

Zum ersten Mal findet ab Donnerstag das »TransCentury Update«-Festival statt. An drei Tagen kommen Gäste wie Bohren & der Club Of Gore, Beak>, Wooden Shijps, Stereo Total und Warm Graves in UT Connewitz.

Kirmes hält kurz inne und überlegt, bevor er antwortet. Er sitzt gerade irgendwo in der Schweiz und kämpft mit einer schlechten Mobilfunkverbindung. Seit fünf Jahren lebt Kirmes in Leipzig und veranstaltet bereits ebenso lange Konzerte in allen möglichen Stadtteilen. Erlesene Auftritte mit sorgfältig ausgewählten Künstlern, mit Bands, von denen man sich immer wünscht, dass sie doch mal nach Leipzig kommen. Auch wenn damit bald Schluss ist – Kirmes gibt die Konzertagentur Eine Welt aus Hack am Ende des Jahres auf: Einer geht noch. Zusammen mit dem UT Connewitz kuratiert er im November das Festival »TransCentury Update« mit einem Line-up, das es in sich hat.

Geoff Barrow, der als musikalischer Kopf der Avantgarde-Band Portishead berühmt wurde, führt das dreitägige Festival mit seinem Projekt Beak> als Headliner an. Am Festival-Donnerstag treten die Darkjazz-Zeitlupenmusiker von Bohren & Der Club of Gore auf, am Freitag die Technik-Punks Stereo Total und Wooden Shjips. Insgesamt spielen über drei Tage verteilt zwölf Bands im alten Lichtspielhaus in der Wolfgang-Heinze-Straße. »Vorher war ich lange Zeit in Erfurt, da ging im Vergleich zu Leipzig natürlich sehr viel weniger. Wahrscheinlich auch, weil die Stadt dort total auf den Mittelalterkram und Tourismus setzt.«

Warum dann aber einen Schlussstrich ziehen? Man merkt, Kirmes veranstaltet Gigs mit Herzblut. Aber ein bisschen desillusioniert hört er sich auch an. »Klar gibt es sichere Dinger, wie zum Beispiel, wenn man dreimal hintereinander The Notwist im UT macht. Das wird mit ziemlicher Sicherheit ausverkauft sein. Aber es gibt halt auch oft genug Draufleger-Aktionen. Es gibt keine Formel oder Garantie, um ohne Verlust aus der Nummer herauszukommen. Auch wenn es nicht unbedingt um Gewinn geht. Manchmal ist das Wetter schlecht oder die Leute haben aus anderen Gründen keinen Bock oder keine Zeit. Und dann steht man da mit einem halbleeren Laden. Ich will immer Sachen veranstalten, die mir auch selbst gefallen.« Das macht Kirmes in Zukunft nun nicht mehr gemeinsam mit einer Kollegin aus Berlin als Eine Welt aus Hack, sondern in einer Festanstellung, in der er trotzdem sein eigener musikalischer Chef bleiben kann.

Gemeinsam mit den Leuten des UT Connewitz entstand die Idee, ein neues Festival zu etablieren, das auch unabhängig von der Konzertagentur existiert. Hinter dem Namen »TransCentury Update« verbirgt sich eine Reminiszenz an eine Fernsehserie aus den siebziger Jahren. Sie thematisierte die Denkrichtung des Transhumanismus: eine Theorie, die sich mit den Zusammenhängen von Mensch und Fortschritt befasst. »Wir haben überall nach physischen Kopien der Serie gesucht, aber sie scheint aus allen Archiven gelöscht worden zu sein. Eigentlich wollten wir sie neben anderen Visuals auch auf dem Festival zeigen. Der Name kann in den Sounds aller Bands wiedergefunden werden, denken wir«, erklärt Kirmes. Alle Auftretenden haben jedenfalls eines gemeinsam: Sie klingen, als wären sie noch nicht aktuell. Oder als wäre die Zeit noch nicht reif für sie.

Kirmes, dessen Spitzname seiner Tätigkeit in einer Schlagerband entstammt, ist ein Mensch, der viele Leute trifft. Das bringt der Beruf so mit sich und ist von Vorteil. »Ich kenne diesen Typen in den Niederlanden, der ein Festival mit ähnlichem Konzept macht.« Mit dem »Le Guess Who« fragte man einige Bands gemeinsam an, so dass sie nun sowohl in Utrecht als auch in Leipzig spielen. Im Rahmen des »TransCentury Update« spielen mit Warm Graves und White Wine auch Bands mit lokalem Bezug.

Aber auch bei so einem Aufgebot gibt es keine Erfolgsgarantie, der Vorverkauf lief eher schleppend. »Sachen, die ich in Berlin mache, sind schon öfter ausverkauft. Was das angeht, sind die Leute in Leipzig langsamer. In den fünf Jahren hat sich schon einiges verändert. Es gibt viele interessante Räume und viele gute Veranstalter«, so Kirmes. Ihm sei es nicht darum gegangen, sich mit Eine Welt aus Hack auszubreiten, sondern er sieht andere Agenturen als Bereicherung. »Ich wohne auf der Eisenbahnstraße. Da gab es in den letzten Jahren zum Beispiel einige Do-It-Yourself-Läden, die aufgepoppt sind. Sie kommen und gehen, aber so ist das halt. Außerdem bemerke ich, dass Leipzig definitiv internationaler geworden ist. Ich spüre immer noch viel Energie in der Stadt, was Konzerte angeht. Das euphorisiert mich und motiviert mich, weiter etwas zu veranstalten.«


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