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Kultur

»Aktualität interessiert mich nicht«

Katharina Thalbach über ihre »Lucia«-Inszenierung an der Oper Leipzig

  »Aktualität interessiert mich nicht« | Katharina Thalbach über ihre »Lucia«-Inszenierung an der Oper Leipzig

Viele kennen sie aus Film, Funk und Fernsehen. Katharina Thalbach ist vielseitig und umtriebig wie wenige andere Schauspielende. Weniger Menschen wissen, dass sie auch Opern inszeniert. Nun steckt sie in den Endproben zu ihrer ersten Leipziger Oper. Am Rande von »Lucia di Lammermoor«-Durchläufen, fand sie Zeit, dem kreuzer ein paar Fragen zu beantworten.

kreuzer: Sie haben schon alles gemacht: Theater, Kino, Fernsehen, Hörbuch ... Was macht die Oper für Sie einzigartig? KATHARINA THALBACH: Die Musik.

kreuzer: Bisher haben Sie in der Oper ausschließlich Komödien inszeniert. Was reizt Sie an einem tragischen Stoff wie »Lucia di Lammermoor« besonders? THALBACH: Das stimmt nicht ganz. Ich habe bereits »Salome«, »Fidelio«, »Rigoletto« und »Jenůfa« inszeniert – alles dramatische Stoffe. »Lucia« ist ein extrem spannender Stoff für mich. Man denkt dabei ja immer an Schottland, die Wahnsinnsarie und Maria Callas. Die Inszenierung an der Oper Leipzig, ist meine erste Erfahrung mit einer Belcanto-Oper. Ich habe gelernt, dass es für Sänger freie Kadenzen gibt. Diese Freiheiten psychologisch zu füllen, empfinde ich als spannende Aufgabe.

kreuzer: Die sogenannte »Wahnsinnsarie« bildet den dramatischen Höhepunkt. Ist Lucia wirklich eine »Wahnsinnige«? THALBACH: Statt Wahnsinn kann man auch verrückt sagen. Die Wahrnehmung ist verrückt – von der einen zu einer anderen Welt. Da Lucia in der realen Welt nicht leben kann, nach dem Mord an ihrem Bräutigam, verrückt sie ihre Wahrnehmung und schafft sich eine zumindest kurz anhaltende Überlebenslösung.

kreuzer: Die Handlung spielt im Schottland des 16. Jahrhunderts, zur Zeit der Konfessionskriege. Hat der Stoff für Sie eine Aktualität? THALBACH: Ich gehe in die Oper, um mich in andere Welten versetzen zu lassen. Aktualität interessiert mich dabei nicht. Wenn es danach ginge, dürfte man keinen Shakespeare oder Aischylos inszenieren. Dabei sind das wunderbare Stoffe, die Konflikte zwischen Menschen beschreiben. Bei »Lucia« geht es um psychologische Konflikte zwischen Menschen und einen realen Kriminalfall, auf dem das Stück beruht.

kreuzer: Haben Sie eine Lieblingsoper? THALBACH: Auswendig kann ich den »Figaro« und die »Zauberflöte«. Durch meine Arbeit als Opernregisseurin habe ich viele tolle Werke abseits von Mozart kennengelernt, die mir ans Herz gewachsen sind, obwohl ich sie nicht mitsingen kann.

kreuzer: Welche Rolle spielen ihre Erfahrungen als Schauspielerin bei der Inszenierung einer Oper? Was ist Ihre Herangehensweise? THALBACH: Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem Inszenieren für das Theater und für die Oper – die Zeit. Als Theaterregisseurin mache ich die Musik. In der Oper habe ich ein ganz klares Korsett. Wenn man sich nicht dagegen wehrt, was komponiert wurde, fährt man meiner Erfahrung nach ganz gut. Außerdem müssen Sänger eine andere Kraft aufbringen als Schauspieler. Darauf muss ich achten. Ich kann also nicht alles machen und das ist auch gut so.


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